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Druck auf NGOs in Russland nimmt weiter zu

28. Juli 2015

Die schwarze Liste, auf die Moskau viele der ungeliebten Nichtregierungsorganisationen gesetzt hat, zeigt Wirkung. Das prominente russische Anti-Folter-Komitee stellt seine Arbeit ein. Betroffen ist auch eine US-NGO.

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Igor Kaljapin (Archivbild: DW)
Bild: DW/S. Morozow

Das in Tschetschenien tätige russische Anti-Folter-Komitee teilte mit, die Organisation werde "ab kommender Woche" nicht mehr existieren. Der Grund dafür sei "ein ganz einfacher" - nämlich, dass die Gruppe nach einem entsprechenden Gesetz fortan auf der Liste der "ausländischen Agenten" stehe, sagte der Präsident des Komitees, Igor Kaljapin (Artikelbild), bei einer Pressekonferenz in Moskau.

In Russland werden politisch tätige Organisationen, die ganz oder teilweise aus dem Ausland finanziert werden, seit 2012 per Gesetz gezwungen, sich als "ausländische Agenten" registrieren zu lassen. Das erschwert ihre Arbeit erheblich. Das Anti-Folter-Komitee, das sich um Opfer von Folter kümmert, wurde bislang fast zur Hälfte mit ausländischen Geldern gestützt.

Kaljapin bezeichnete die Einstufung als "inakzeptabel", da dies "schlicht falsch" sei. Er kündigte zudem an, seine Organisation werde unter dem neuen Namen "Komitee zur Vermeidung von Folter" ihre Arbeit fortsetzen. Um nicht wieder als "ausländische Agenten" eingestuft zu werden, würden die Mitarbeiter der neuen Gruppe dann nur noch russische Gelder annehmen, fügte der Aktivist hinzu.

Amerikanische NGO betroffen

Erstmals stuften die russischen Behörden eine ausländische Organisation als unerwünscht ein, die "Nationale Stiftung für Demokratie" (Ned) aus den USA. Ziel der unabhängigen Organisation ist es, den Demokratiegedanken in die Welt zu bringen. Die russische Staatsanwaltschaft nahm die Einstufung vor, weil sich die Ned nach ihrer Einschätzung örtlicher Organisationen bedient, um Wahlen zu untergraben und politische Kundgebungen zu organisieren. Das Justizministerium in Moskau muss die Entscheidung noch bestätigen. Die Gruppe dürfte dann in Russland unter anderem keine Büros mehr unterhalten.

Seit langem sind die Nichtregierungsorganisationen, kurz NGOs, der russischen Machtelite ein Dorn im Auge. Seit 2012 wurden die Gesetze zunehmend verschärft. Zunächst wurden die sogeannten "Agentengesetze" erlassen, die inländischen NGOS die Arbeit erschweren. Im Mai 2015 ging mit gerade einmal drei Gegenstimmen ein Gesetz durch die Staatsduma, das es erlaubt, auch internationale und ausländische NGOs auf eine schwarze Liste zu setzen.

Das neue Gesetz erlaubt es, die ausländischen Organisationen für unerwünscht zu erklären und zu verbieten, wenn diese nach Auffassung der russischen Strafverfolgungsbehörden die Grundlagen der Verfassungsordnung, die Verteidigungsfähigkeit oder die Sicherheit des Staates bedrohen.

Zu den möglichen Strafmaßnahmen gegen NGOs gehört das Einfrieren von Guthaben. Außerdem drohen Mitarbeitern der entsprechenden Organisationen bis zu sechs Jahre Haft. Im Falle nicht russischer Mitarbeiter kann ein Einreisverbot nach Russland verhängt werden.

qu/kle (afp, APE)