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Rasanter Anstieg des Opiumskonsums

23. Juni 2010

Afghanistan ist nicht nur weltgrößter Opium-Produzent – auch im Konsum ist das Land Weltspitze. In den letzten fünf Jahren stieg die Zahl der Abhängigen drastisch. Gegen den Trend. Denn weltweit sinkt die Nachfrage.

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Ein afghanischer Bauer mit einer Schlafmohn-Pflanze, Archivbild von 2002 (Foto: AP)
Noch immer produziert Afghanistan 90 Prozent des weltweiten OpiumsBild: AP

Die Zahl der Drogenabhängigen in Afghanistan ist in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen. Eine Million Afghanen greifen regelmäßig zu Opium und Heroin, aber auch zu Marihuana sowie Schmerz- und Beruhigungsmitteln. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des UN-Büros für Drogen und Verbrechen (UNODC) und der afghanischen Regierung, die am Montag (21.06.2010) in Kabul vorgestellt wurde. Der Anteil der Süchtigen an der Bevölkerung sei demnach mit acht Prozent etwa doppelt so hoch wie im weltweiten Durchschnitt. "Viele Afghanen nehmen Drogen, um die Härten des Alltags zu bewältigen“, sagte UNODC-Direktor Antonio Maria Costa.

Ein afghanischer Arzt prüft den Blutdruck einer Patientin in einem Zentrum für drogenabhängige Frauen (Foto: AP)
Opium und Heroin als "Selbst-Medikation gegen die Härten des Lebens": Im Sanga Amaj-Zentrum in Kabul werden drogenabhängige Frauen behandeltBild: AP

In den vergangenen fünf Jahren stieg die Zahl der Opium Konsumenten demnach um 53 Prozent auf 230.000. Die Zahl der Heroin-Konsumenten stieg auf 120.000, das ist mehr als doppelt so viel wie vor fünf Jahren. "Nach drei Jahrzehnten des Kriegstraumas haben die grenzenlose Verfügbarkeit billiger Drogen und der beschränkte Zugang zu Behandlungsmethoden zu einem großen und wachsenden Abhängigkeitsproblem in Afghanistan geführt", erklärte Costa.

"Nationale Tragödie"

Lediglich zehn Prozent der Befragten Drogenkonsumenten haben bislang eine Therapie erhalten, wohingegen 90 Prozent angaben, eine Behandlung zu benötigen. Der Studie zufolge könnte die Zahl der Drogenabhängigen weiter zunehmen, da Opium häufig auch Kindern gegeben werde. "Wir stehen vor einer nationalen Tragödie", erklärte die afghanische Regierung. Die traditionelle Landwirtschaft liegt in dem seit drei Jahrzehnten von Kriegen und Krisen erschütterten Land darnieder. Afghanistan ist der größte Produzent von dem Heroin-Rohstoff Opium. Aus dem Land stammen mehr als 90 Prozent des weltweit produzierten Opiums, vor allem aus den südlichen Provinzen Helmand, Kandahar und Farah. Der Wert der Produktion wird auf jährlich 2,8 Milliarden Dollar (2,3 Milliarden Euro) geschätzt.

Opiummarkt weltweit rückläufig

Indes schrumpft der weltweite Markt für Heroin. Auch in Afghanistan sinke daher die Produktion des Heroin-Rohstoffs Opium. Das geht aus dem Weltdrogenbericht hervor, den die UNDOC am Mittwoch in Washington und Genf veröffentlichte. Demnach verdrängen in Europa und Nordamerika Kokain und synthetische Drogen den Heroin-Konsum immer mehr. Weltweit seien 2009 noch 657 Tonnen Opium hergestellt worden, ein Minus von 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch gehen die UN-Experten davon aus, dass Kartelle und Bauern rund 12.000 Tonnen afghanisches Opium lagern.

Ein Soldat schneidet eine die Kapsel einer Schlafmohnpflanze an (Foto: AP)
UN-Experten gehen davon aus, dass Kartelle und Bauern rund 12.000 Tonnen afghanisches Opium lagernBild: AP

Mohnernte durch seltsamen Pilz vernichtet

Eine andere Erklärung für den Rückgang der Opium-Produktion in Afghanistan hatte die britische Rundfunkanstalt BBC bereits im Mai ins Spiel gebracht. Sie berichtete über einen bislang unbekannten Pilz, der die Schlafmohn-Felder in den afghanischen Provinzen Helmand und Kandahar befallen habe. Der Pilz greife die Schlafmohnpflanze von der Wurzel her an und lasse die Mohnkapseln verdorren. Opium-Bauern berichteten, die Pflanzen seien zuvor mit einer weißen, pulverartigen Substanz benetzt gewesen. Im Süden Afghanistans kursierten Gerüchte, die Nato-Truppen seien für den Pilzbefall verantwortlich. Gegenüber der BBC bestritt UNDOC-Chef Costa einen solchen Zusammenhang.

Autor: Sven Töniges (dpa, afp, rtr)

Redaktion: Miriam Klaussner