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Drogengetriebene Zerstörung

Louise Osborne23. Februar 2016

Der Drogenhandel ist eine der größten Herausforderungen für Mittelamerika. Die Auswirkungen auf die Menschen sind verheerend, aber er bedroht auch den Regenwald und die Küstenökosysteme.

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Mexiko Marihuana Plantage
Bild: picture alliance/dpa/S. Gonzalez

Feiner gelber Sand erstreckt sich weit herunter bis zum Wasser, wo Surfer auf ihren Brettern herumlungern und auf die nächste Welle warten, die sie zum Strand zurück befördert. Solche Szenen wie hier in Mexiko, spielen sich auch an vielen anderen Stränden der mittelamerikanischen Pazifik-Küste ab, wo Touristen tropische Cocktails schlürfen und sich die Sonne auf den Pelz brennen lassen. Aber hinter der Touri-Idylle lauert ein dunkles Geheimnis.

Der Drogenhandel ist eine der größten Herausforderungen für Mexiko. Die Drogenkriminalität fordert jedes Jahr #link:http://www.pbs.org/wgbh/frontline/article/the-staggering-death-toll-of-mexicos-drug-war/:tausende Menschenleben#, und die US-Regierung schätzt, dass rund #link:https://www.unodc.org/unodc/en/drug-trafficking/mexico-central-america-and-the-caribbean.html:90 Prozent des Kokains#, das in die USA gelangt, aus Mexiko ankommt.

Eines der weniger bekannten Opfer des Drogenkrieges in Mexiko ist die Umwelt. Die Wälder und Küstengebiete leiden unter dem illegalen Handel. Im gesamten Süden des Landes bis hin zum Amazonas Regenwald werden Flächen gerodet, um Platz zu machen für Koka- und Marihuana-Plantagen, Straßen und sogar Landebahnen. Aber die Kartelle verdienen ebenfalls am illegalen Holzeinschlag und der Rinderzucht. Und das sei noch schädlicher für die Umwelt, sagt Karina Benessaiah, Doktorandin am Institut für Geografie und Städteplanung der Arizona State University.

"Um Geld zu waschen, investiert man es oft in Aktivitäten, die die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen noch verstärkt", erläutert Benessaiah. "Wir beobachten, dass Drogenproduzenten in Viehzucht investieren, oft in oder nahe abgelegener Schutzgebiete."

Problematische Gegenmaßnahmen

Aber Geografieprofessorin Kendra McSweeny, die an der Ohio State University zu Drogenpolitik und Artenschutz forscht, sagt, dass auch die Anstrengungen, die gegen den Drogenhandel unternommen werden, der Umwelt stark zusetzen.

"Das für den Rauschgiftanbau genutzte Land ist klein, absolut vernachlässigbar", sagt sie. "Aber die Gegenmaßnahmen vertreiben die Produzenten von den Flächen, wo ein Anbau ohne große Umweltschäden möglich wäre, hinein in einige der empfindlichsten, fragilsten und artenreichsten Umgebungen der Region."

Und das ist nicht alles. Weil die Kartelle wissen, dass sie irgendwann vertrieben werden, versuchen sie so viel wie möglich aus dem Land herauszuholen, solange sie es haben.

"Drogenhändler sind unübertreffliche Unternehmer und Kapitalisten", sagt McSweeny. "Für die beste Rendite auf ihre Investition in der jeweiligen Transitregion kaufen sie Land inmitten eines Biosphärenreservats."

Obwohl solche Käufe strikt illegal sind, haben die Kartelle genug Geld und Waffen, um indigene Gemeinden zu bestechen oder zu zwingen, ihnen Land zu überlassen", sagt McSweeny. "Verglichen mit den traditionellen Bedrohungen für den Regenwald sind diese Typen noch einmal eine ganz andere Kategorie."

Drogenpolitik befeuert Waldrodung

Und die Situation ist ganz ähnlich in anderen Teilen Lateinamerikas. Einem von McSweeny mitverfassten Bericht der Open Society Foundation (OSF) über die Auswirkungen der Drogenpolitik auf die Umwelt zufolge, sind alleine in Kolumbien "zwischen 2001 und 2014 geschätzte 2910 km2 Primärwald dem Kokaanbau zum Opfer gefallen."

Der Report bezieht sich auf eine Studie, nach der der Waldverlust im Amazonas auf den Drogenhandel zwischen Kolumbien und Peru zurückgeht; insbesondere auf einen "sich stetig verlagernden Kreislauf von Plantagenvernichtung, Standortwechsel, profitabler Ernte, Vernichtung und so weiter [...] ausgelöst durch die Vernichtungsaktionen in den Regionen am Fuße der Anden."

Angesichts der mit dem Drogenhandel verbundenen Gewalt lassen sich die Auswirkungen des Drogengeschäfts auf die Umwelt nicht genau messen. Der OSF-Bericht merkt an, dass jene, die offen dazu Stellung beziehen - "Umweltaktivisten einschließlich indigener und Bauern-Anführer, Waldhüter und Journalisten" - sich Drohungen ausgesetzt sehen oder gar getötet werden.

In einigen Fällen kann man anhand von Satelliten-Bildern der gerodeten Flächen nachvollziehen, wie sich die Drogenproduktion auf die Umwelt auswirkt. Aber das funktioniert nicht überall.

Die Beteiligten sehen weg

Zurück am Strand in Mexiko warten die Fischer neben ihren umgedrehten Booten. Einige überprüfen ihre Netze und besichtigen den mageren Fang vom Morgen, während andere den vorbeigehenden Touristen eine Bootstour anbieten, um Wale oder andere Meeresbewohner zu beobachten.

Hier und in anderen Dörfern entlang der Küste ist es schwieriger, die möglichen Auswirkungen des Drogenhandels systematisch zu erfassen.

"Veränderungen in den Fischbeständen kann man auf Satelliten-Bildern nicht sehen", sagt Benessaiah, aber es gebe indirekte Hinweise. "Sie kaufen sich bessere Boote - mit denen man vermutlich viel effizienter Fisch fangen kann - das schlägt dann auf die Fischbestände durch und setzt die kleinen Fischer vor Ort unter Druck."

Die Leute sind gezwungen, andere Einkommensquellen aufzutun. Es ist ein Teufelskreis und McSweeny wünscht sich, dass die Umweltschützer hier stärker Stellung beziehen.

"Sie tun so, als ob es die Probleme nicht gäbe und machen wie gewohnt weiter", sagt sie. "Tatsächlich sind sie sich des Problems ganz klar bewusst und haben sogar Personal aus Gebieten abgezogen, die ein zu heißes Pflaster geworden sind. Trotzdem sagen sie nichts."

Sie hofft, dass die Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen das Problem in Angriff nimmt. Eine #link:http://www.unodc.org/ungass2016/index.html:Sondertagung der UN-Vollversammlung# zum globalen Drogenproblem soll im Frühling 2016 stattfinden. Wunder erwartet sie keine. "Aber, dass es diese Treffen überhaupt gibt, ist eine Riesensache und ein gutes Zeichen für den Beginn einer neuen Ära in der internationalen Drogenpolitik."

Weißes Pulver in durchsichtigen Plastikbeuteln
Rund 90 Prozent des Kokains, das in die USA gelangt, kommt über MexikoBild: Fotolia/Africa Studio
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Teilweise entwaldetes Waldstück
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