Dreikampf um Übernahme von Opel
20. Mai 2009Es gab keine Überraschung in letzter Minute: Neben dem italienischen Fiat-Konzern gaben auch der Autozulieferer Magna und der Finanzinvestor Ripplewood Angebote zur Übernahme von Opel ab. Damit hätten die drei potenziellen Investoren Angebote abgegeben, von denen das erwartet worden sei, sagte ein Sprecher von General Motors Europe am Mittwochabend (20.05.2009).
Die von der Bundesregierung gesetzte Frist zur Abgabe der Angebote war am Abend abgelaufen. Nun würden die Zukunftsmodelle für den deutschen Autobauer umgehend geprüft, erklärte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin. Man stehe dazu mit den Regierungen der Bundesländer mit Opel-Standorten, mit dem US-Mutterkonzern General Motors und mit der US-Regierung in Kontakt.
Erste Entscheidungen noch im Mai
Nach den Worten von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz soll spätestens Anfang kommender Woche eine erste Vorentscheidung zur Zukunft von Opel fallen. Für die Rettung des Autokonzerns bleibe "nicht allzu viel Zeit", sagte der SPD-Politiker. Wichtig sei ein möglichst weitgehender Erhalt von Opel. Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier sagte dem Bonner "General-Anzeiger": "Unsere Sympathie hat der Investor, der die vier Opel-Standorte und die größtmögliche Anzahl von Arbeitsplätzen glaubwürdig garantiert."
Scholz und Steinmeier hatten zuvor zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und Finanzminister Peer Steinbrück über Opel gesprochen. Die Zusammenkunft habe dem Informationsaustausch in der Ministerrunde gedient, sagte Regierungssprecher Wilhelm.
Guttenberg zu USA-Reise bereit
Die Grundsatzentscheidung über einen Einstieg von Investoren liegt bei dem selbst schwer angeschlagenen GM-Konzern als Eigentümer von Opel sowie bei der US-Regierung. Aus den USA kamen bislang keine eindeutigen Signale über das weitere Vorgehen. Nach den Worten Wilhelms steht eine deutsche Verhandlungsdelegation bereit, kurzfristig nach Washington zu reisen, Guttenberg werde die Delegation gegebenenfalls begleiten.
Mutterkonzern kämpft ums Überleben
Der nur durch staatliche Finanzhilfen vor dem Zusammenbruch bewahrte GM-Konzern muss der US-Regierung bis zum 29. Mai ein tragfähiges Zukunftskonzept vorlegen. Selbst die Unternehmensspitze geht davon aus, dass eine Insolvenz des einstmals weltgrößten Automobil-Produzenten kaum mehr zu verhindern ist.
Um gravierende Auswirkungen einer Insolvenz in Detroit auf Opel zu verhindern, setzt die Bundesregierung auf eine Herauslösung von Opel aus dem GM-Konzern. Dann soll das Unternehmen mit einem Treuhand-Modell finanziell über Wasser gehalten werden, bis eine Übereinkunft mit einem Investor erzielt ist.
Einigung über Überbrückungskredit
Opel würde in diesem Fall vorübergehend von einem unabhängigen Verwalter geführt und durch einen staatlichen Kredit über 1,5 Milliarden Euro gestützt. Nach Angaben des hessischen Finanzministeriums werden davon der Bund mit 750 Millionen Euro und Hessen mit 447 Millionen Euro den Löwenanteil übernehmen. Auf Nordrhein-Westfalen entfielen 150 Millionen Euro, Rheinland-Pfalz übernehme 102 Millionen Euro und Thüringen 51 Millionen Euro. In diesen vier Bundesländern gibt es Opel-Werke mit insgesamt 25.000 Mitarbeitern.
Endgültige Entscheidung braucht Zeit
Wann es zu einer endgültigen Entscheidung über einen Investor kommt, ist noch nicht absehbar. "Dieser Prozess wird mehrere Wochen dauern", sagte Opel-Betriebsratschef Klaus Franz. GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster bemerkte in der Zeitschrift "auto motor und sport": "Ein Investorenprozess wird sich möglicherweise bis ins vierte Quartal des Jahres hineinziehen, denn es handelt sich um einen komplexen Verkaufsprozess."
Die größten Chancen auf eine Übernahme werden dem italienischen Autobauer Fiat und dem österreichisch-kanadischen Autozulieferer Magna zugeschrieben. Reine Finanzinvestoren wie Ripplewood gelten nicht als Wunschkandidaten der Bundesregierung. Magna versucht mit dem Argument zu punkten, dank seiner russischen Partner, des Kreditinstituts Sberbank und des Autobauers Gaz, ließen sich für Opel große Märkte in Osteuropa und Russland erschließen. Allein in Russland sollen künftig jährlich eine Million Opel-Autos verkauft werden. Der Fiat-Konzern verfolgt das Ziel, zum zweitgrößten Autokonzern der Welt hinter Toyota zu werden. (wl/HF/fw/dpa/ap/rtr/afp)