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Drehwurm statt Pferdestärken

Ingo Uhlenbruch13. September 2004

Im Deutschen Damen Automobil Club (DDAC) wird selten über Pferdestärken oder breite Reifen diskutiert. Die 350 Frauen des Vereins nutzen ihre Fahrzeuge lieber auf klassische Art und Weise: Sie fahren damit.

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Frauen setzen beim Autokauf andere Schwerpunkte als MännerBild: Bilderbox

Im Mai 1926 gründeten sieben Frauen den Deutschen Damen Automobil Club. Zu dieser Zeit war der Besitz eines Autos jedoch alles andere als selbstverständlich. Erst recht war es ungewöhnlich, dass sich Frauen in ihrer Freizeit mit dem Automobil beschäftigten. Von ihrer Idee ließen sich die Damen jedoch nicht abbringen und starteten schon 1928 zur ersten Zuverlässigkeitsfahrt von Berlin nach Oberhof.

Zwei Tage dauerte der Wettbewerb über eine Strecke von 750 Kilometern. Aus heutiger Sicht war das keine große Herausforderung, vor mehr als 70 Jahren mussten die Fahrerinnen jedoch hoffen, dass der Wagen überhaupt das Ziel erreichte und nicht in einem Schlagloch endete. Auf technische Errungenschaften wie Servolenkung und Niveauregelung konnten die Fahrerinnen damals noch nicht zurückgreifen.

Normale Autos

Inzwischen ist die Technik bei modernen Autos vorhanden, doch die Mitglieder setzen weiterhin andere Schwerpunkte bei ihrer Vereinsarbeit. Und auch die Zeit der pompösen Oldtimer im Club ist vorbei: "Wir fahren ganz normale Autos", sagt Christa Reiners, Vorsitzende des DDAC-Landesclubs Rheinland-Ruhr, "vom Kleinwagen bis zum großen Auto ist bei uns aber alles vertreten."

Den Schraubenschlüssel nehmen die Frauen nur selten in die Hand. Sicherheit hat dennoch höchste Priorität im Club: "Es ist uns besonders wichtig, dass unsere Fahrzeuge in einem hervorragenden Zustand sind. Komplizierte Reparaturen überlassen wir aber lieber den Fachleuten in der Werkstatt", so die Vorsitzende.

Statt ölverschmierter Hände bevorzugen die Fahrerinnen hingegen ausgiebige Ausflüge mit ihren Autos. Christa Reiners beschreibt das Verhältnis der Clubmitglieder zum Fahrzeug als "eher spielerisch" und dennoch anspruchsvoll: "Wir folgen der Tradition unseres Clubs. Uns geht es nicht um Raserei, sondern um knifflige Orientierungsfahrten oder um Geschicklichkeitstests."

Zickzack-Navigation

Mit Windrosen und Koordinatenangaben müssen die Damen ihre navigatorischen Fähigkeiten unter Beweis stellen. Beim Drehwurmspiel müssen sie beispielsweise eine Zickzack-Linie auf sinnvolle Weise in eine Straßenkarte übertragen, um das Ziel zu finden. Wenn es mal besonders schwierig wird, hilft jedoch ‑ fast 80 Jahre nach der Vereinsgründung ‑ die Satellitennavigation weiter.

Die spezifischen Bedürfnisse von Autofahrerinnen zeigen sich aber nicht nur in deren Nutzungsverhalten, sondern auch beim Autokauf. Eine aktuelle Marketingstudie der Hochschule Niederrhein ergab, dass sich Frauen oft nicht ernst genommen fühlen: "Frauen sind beim Kauf einen Autos oft unsicher und geben sich dem Verkäufer gegenüber auch so", beschreibt Doris Kortus-Schultes das Problem. Die Professorin hat die Studie betreut und die Bedürfnisse und Ansprüche von mehr als 1200 Autofahrerinnen, darunter Auto-Expertinnen, Seniorinnen oder Migrantinnen, ermittelt.

Bedienungsanleitung

Nach Auswertung der Erhebung zeigte sich außerdem, dass die Frauen nicht unbedingt weibliches Verkaufspersonal fordern, jedoch besonderen Wert auf Ehrlichkeit, Respekt, Einfühlungsvermögen und Vertrauenswürdigkeit des Verkäufers legen. Und auch nach dem Kauf wünschen sich die Fahrerinnen eine leicht zu verstehende Bedienungsanleitung in deutscher Sprache sowie eine persönliche Einweisung in die Bedienung des Fahrzeugs. Diese Wünsche werden offensichtlich nur selten berücksichtigt.

Autofahrerin 1964, Auszeichnung für sicheres Fahren
Vor 40 Jahren: Diese Fahrerin erhält keinen Strafzettel, sondern ein Lob für sicheres Fahren.Bild: AP

Der Deutsche Damen Automobil Club zeigte großes Interesse an der Studie. 44 Mitglieder des DDAC-Landesclubs Rheinland-Ruhr füllten den Fragebogen deshalb ebenfalls aus und gaben nach Angaben der Hochschule damit "einen aufschlussreichen Einblick in weibliche automobile Lebenswelten".