Bürgerkriegsdrama
28. April 2009Die Filmemacherin Marie Noelle erzählt in "Die Frau des Anarchisten" die Geschichte ihrer eigenen Familie. Noelle wuchs in Frankreich als Tochter einer spanischen Mutter und eines französischen Vaters auf. Ihre Großeltern waren in den Wirren des spanischen Bürgerkriegs über die Grenze gekommen. Das Drehbuch Noelles basiert auf Erinnerungen der Mutter, intensiven Geschichtsrecherchen der Regisseurin und der Befragung von noch lebenden Zeitzeugen. Der Film, den Marie Noelle gemeinsam mit dem Regisseur und ihrem Lebensgefährten Peter Sehr inszeniert hat, zeichnet so die Erlebnisse ihrer Großmutter und ihrer Mutter während der Franco-Diktatur in Spanien nach.
Der Krieg und der Alltag
Es ist die Geschichte einer jungen Frau (Manuela, gespielt von María Valverde), die mit dem Franco-Gegner und Anarchisten Justo (Juan Diego Botto) zusammen ist und dadurch in die verhängnisvollen Geschehnisse im Spanien der 1930er-Jahre hineingezogen wird. Die gemeinsame Tochter Paloma erlebt hautnah, wie die Eltern zwischen Privatleben und dem Engagement gegen die spanische Diktatur hin- und hergerissen werden, wie stark sich das Kriegs- und Nachkriegsgeschehen in das tagtägliche Leben einschleicht.
Kriegsfilm mit Mut zum Pathos
"Die Frau des Anarchisten" ist eine europäische Co-Produktion, in die deutsche, spanische und französische Gelder geflossen sind. Ein weit ausholendes Geschichtsmelodrama, gefühlvoll inszeniert, mit Mut zum Pathos, darüberhinaus prominent besetzt auch in den Nebenrollen. So spielen beispielsweise Nina Hoss und Jean-Marc Barr mit).
Festivalehren und Bernhard Wicki-Preis
Nach Aufführungen bei den 42. Filmtagen in Hof wurde "Die Frau des Anarchisten" unter anderem beim Festival im spanischen Valladolid und beim renommierten Sundance-Festival in den USA gezeigt. Im Rahmen des Filmfests München 2008 bekam der Film den "Bernhard Wicki Filmpreis 'Die Brücke'". Die Auszeichnung würdigt künstlerische Arbeiten oder Filmemacher, die sich für Humanität, Toleranz und Aufklärung einsetzen. Nun kommt "Die Frau des Anarchsiten" in die deutschen Kinos.
Gespaltenes Echo in Spanien
Jochen Kürten hat mit den Filmemachern gesprochen. Marie Noelle berichtet, dass der Film in Spanien auf ein gespaltenes Echo gestoßen ist. Die einen hätten begrüßt, dass im Film auch einmal die Zeit der Franco-Diktatur nach 1945 angesprochen werde. Andere hingegen hätten von der spanischen Vergangenheit nichts mehr wissen wollen und die Regisseurin ermahnt, die Toten doch endlich ruhen zu lassen. Peter Sehr ist der Meinung, dass heute in Europa kein Krieg mehr möglich sei, zumindest nicht zwischen den großen Nationen. Das - so Sehr im Gespräch - sei nicht nur das Verdienst der Politik, sondern auch des kulturellen Austausches nach Kriegsende.
Autor: Jochen Kürten
Redaktion: Marcus Bösch