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Do you Ubuntu?

Ranty Islam23. April 2008

Die Konkurrenz für Microsoft Windows aus der freien Software-Szene wird stärker. Ein Top-Herausforderer ist Ubuntu-Linux. Technisch bietet das Betriebssystem dem Platzhirsch Paroli und profitiert von Marktveränderungen.

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Ubuntu-Logo (Quelle: Ubuntu)
Ubuntu: Betriebssystem mit idealistischem Touch

1991 veröffentlichte ein finnischer Informatikstudent ein kleines Programm im Internet. Linus Torvalds hatte es ursprünglich geschrieben, um sich besser Zugang zum Universitätsrechner zu verschaffen und Dateien zu verarbeiten. Doch "Linux" – so der Name des kleinen Programms, wurde schnell mehr als das. Torvalds und seine Kollegen entwickelten den Code weiter und fügten neue Funktionen hinzu. Das Linux-Betriebssystem war geboren: kostenlos, beliebig veränderbar, der Programmcode steht allen offen. Das gilt bis heute.

Mann in Weltraumanzug in Röhre (Quelle: AP)
Treibende Kraft hinter Ubuntu: Mark Shuttleworth machte auch als Weltraumtourist von sich redenBild: AP

Lange galt Linux als Habitat für Computerfreaks. Der Nutzwert für die Allgemeinheit tendierte gegen Null. 17 Jahre später hat sich das Bild geändert. Ob Multimedia, Internet, Textverarbeitung oder Sicherheit – Linux kann es in Funktionalität und Bedienbarkeit mit Platzhirsch Windows von Microsoft aufnehmen und stellt "ein komplettes Ökosystem für unser digitales Leben bereit", sagt Gerry Carr von der Londoner Softwarefirma Canonical. Das von dem südafrikanischen Internetmillionär Mark Shuttleworth gegründete Unternehmen verbreitet "Ubuntu"-Linux. Ubuntu – laut Webseite ein "afrikanisches Wort, das soviel wie 'Menschlichkeit' bedeutet" – ist eine von Dutzenden kostenlosen Linux-Varianten, die hauptsächlich von Freiwilligen entwickelt werden. Alle Varianten beruhen auf dem Linux-Programm von Torvalds aber bieten jeweils verschiedene Software-Pakete.

Ubuntu führend im Linux-Camp

Im für Außenstehende lange undurchsichtigen Wirrwarr von Linux-Variationen hat Ubuntu seit seiner ersten Ausgabe 2004 mittlerweile die Pole-Position erobert. Am Donnerstag (24.4.2008) soll die neuste Version auf den Markt kommen: Ubuntu 8.04. "Was die Popularität angeht, hat sich Ubuntu klar als Spitzenreiter etabliert", sagt Jörg Luther, Chefredakteur des Fachmagazins LinuxUser. "Das liegt besonders an der Benutzerfeundlichkeit. Da hat Ubuntu mit Windows gleichgezogen." Ubuntu liefere zeitnahe Updates; Sicherheitslücken würden zügig geschlossen, fährt Luther fort. Andere Linux-Konkurrenten hinkten ein wenig hinterher.

Microsoft Windows Vista Logo unter einem Bildschirm (Quelel: AP)
Microsoft Windows: Hauptkonkurrent für Ubuntu-LinuxBild: AP

Nicht nur Privatnutzer setzen zunehmend auf das Kostenlos-Betriebssystem. In Frankreich hat die Nationalversammlung ihre Rechner auf Ubuntu umgestellt, die rund 70.000 Computer der Gendarmerie sollen folgen; gleiches gilt für rund 9000 PCs in Schweizer Schulen. Und Computerhersteller Dell liefert einige Modelle bereits mit Ubuntu vorinstalliert aus. Der Vorteil liegt für die Institutionen darin, dass im Gegensatz zu Microsoft kaum Lizenzgebühren anfallen und die Programmcodes offen liegen und somit überprüfbar sind.

Angriff auf Microsoft-Monopol

Microsoft könnte es zukünftig noch schwieriger haben. "Immer mehr populäre Anwendungen sind internetbasiert und nicht mehr an ein bestimmtes Betriebssystem gebunden", sagt Gerry Carr von Canonical. Das zeigten beispielsweise die Mini-Applikationen in Google ("Gadgets") oder Facebook. "Das gilt besonders für mobile Endgeräte." Mit einer entsprechenden Mobil-Version ist Ubuntu deshalb ebenfalls am Start.

Zwei Hände halten ein Handy (Quelle: AP)
Internet per PC oder Handy: Das Betriebssystem spielt keine entscheidende Rolle mehrBild: AP

Doch Canonical versucht Windows auch auf seinem Ur-Terrain anzugreifen: Millionen Desktop-PCs von Privatnutzern auf der ganzen Welt. Bis vor wenigen Jahren hatte die Installation von Linux – egal welcher Couleur – zumindest für Laien Alptraum-Potential. Ubuntu änderte das bereits mit seinen letzten Versionen und bot eine Schnupper-CD an. Wer wollte, konnte Ubuntu-Linux per CD testen und dann mit ein paar Klicks installieren. Die am Donnerstag erscheinende Version geht noch weiter. Ubuntu soll nun als Anwendung innerhalb von Windows laufen können.

Idealistischer Anspruch

Schleicht sich das Ubuntu-Betriebssystem damit als "trojanisches Pferd" auf den Windows Desktop? "Ich würde es nicht ganz so ausdrücken, aber da ist was dran", scherzt Informatiker Daniel Holbach. Doch Microsoft anzugreifen, ist offenbar nicht das Hauptziel. Vielmehr gehe es darum, eine für alle nutzbare, kostenlose Plattform für die Informationswelt zu schaffen. "Software die jedem gehört", sagt Holbach. Der 29-Jährige aus Berlin ist einer von acht Mitgliedern des Ubuntu Community Councils. Dieser Gemeinschaftsrat vertritt und betreut tausende Freiwillige in der ganzen Welt, die Ubuntu in Zusammenarbeit mit Canonical entwickeln, testen, vermarkten – und übersetzen. Das Ubuntu-Projekt zählt knapp zweihundert Lokal-Teams ("LoCo-Teams") und unterhält Support-Webseiten in mehr als 25 Sprachen darunter Kurdisch und Bengali.

Screenshot der Ubuntu Community-Webseite
Ubuntu-Community: Tausende Mitglieder auf der ganzen Welt bauen UbuntuBild: www.ubuntu.com

Der Gemeinschaftsaspekt ist Teil der Ubuntu-Idee: Ubuntu als Frontalangriff auf die "Digital Divide" – der digitale Graben, der benachteiligte Gemeinschaften weltweit vom Zugang zur Informationswelt trennt. Doch während Ubuntu im Linux-Bereich zum führenden Herausforderer für den Monopolisten Microsoft geworden ist, hapert es bei der Umsetzung der Ideale bisweilen, gibt Gerry Carr von Canonical zu: "Der Anteil von Frauen am Ubuntu-Projekt ist viel zu niedrig. Wir arbeiten intensiv daran, das zu ändern." Das Projektteam von Ubuntu-Women.org soll sich federführend darum kümmern. Laut deren Zahlen sind nur 2,4 Prozent der Ubuntu-Freiwilligen Frauen – im kommerziellen Softwarebereich ist der Anteil über zehnmal höher. Für die Ubuntu-Idealisten bleibt einiges zu tun.