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Diskussion um Kindesmissbrauch auch in USA

12. März 2010

Kardinal Mahony wird vorgeworfen, Missbrauchsvorwürfe verschleiert und Täter geschützt zu haben.

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Kardinal Roger Mahony (Foto: AP)
Kardinal Roger MahonyBild: AP

Die Flut an Enthüllungen von Kindesmissbrauch, die die katholische Kirche in Deutschland zur Zeit erschüttert erinnert in vielen Facetten an den Skandal vor acht Jahren in den USA. Heute bescheinigen Beobachter der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten, die Krise gemeistert und ihre Glaubwürdigkeit wieder zurück gewonnen zu haben. Doch die Leiden der Opfer von pädophilen Priestern sind auch durch Entschädigungszahlungen nicht zu lindern.

Zahlungen in Rekordhöhe

Am 17. Juli 2007 genehmigte ein Richter die außergerichtliche Einigung zwischen der Erzdiözese Los Angeles und 508 Klägern, die Kirchenangehörige des sexuellen Missbrauchs beschuldigten. Ihnen wurde eine Summe von 660 Millionen Dollar zugesprochen - 250 Millionen gezahlt von der Erzdiözese, knapp 230 Millionen von Versicherungen, der Rest von anderen kirchlichen Vertretungen.

Kardinal Roger Mahony aus Los Angeles wurde vorgeworfen jahrzehntelang Missbrauchsvorwürfe ignoriert, Fakten vertuscht und beschuldigte Kirchenmitglieder - unter anderem durch Versetzungen von Gemeinde zu Gemeinde - geschützt zu haben. Er entschuldigte sich nach der Einigung bei den Opfern: "Ich habe besser verstanden als je zuvor, welche Auswirkungen diese schreckliche Sünde, dieses Verbrechen auf ihr Leben hatte."

US-Kardinäle beimn Papst 2002 (Foto: AP)
Der Papst beriet 2002 mit US-Karinälen über den Umgang mit Kindesmissbrauch durch GeistlicheBild: AP

Vielen Klägern waren die außergerichtliche Einigung und die Entschuldigung aber dennoch nicht genug. "Mahoney ist mit einem blauen Auge davon gekommen", sagte Steven Sanchez. Er klagte damals gegen einen Geistlichen, der beschuldigt wird, mindestens 18 Jungen in unterschiedlichen Gemeinden von Los Angeles sexuell belästigt zu haben. "Bei ihm gab es für die Jungs Alkohol, Pornographie, Waffen. Alles, was Teenager neugierig macht", beschreibt Sanchez die Methoden, mit denen der Geistliche ihn und andere Jungen gefügig machte. "Ich wollte, dass diese Dinge öffentlich vor Gericht ausgesprochen werden, dass bekannt wird, was die Erzdiözese getan hat, um all diese Fälle zu verschleiern", fügte er hinzu.

Skandal um Missbrauch begann an der Ostküste

Die Einigung auf die Rekord-Entschädigungssumme von 660 Millionen Dollar war der bisherige Höhepunkt im Skandal um Kindesmissbrauch in US-Kirchengemeinden. Der wurde im Jahr 2002 ausgelöst, als bekannt wurde, dass der Bostoner Kardinal Francis Law von sexuellen Übergriffen des Priesters John Geoghan wusste und den Geistlichen von einer Gemeinde in die nächste versetzt hatte um ihn vor strafrechtlicher Verfolgung zu schützen.

Es folgten zahlreiche Gerichtsverfahren, zunächst an der US-Ostküste, bald auch im Westen und landesweit. Der Papst rief leitende Kirchenmänner aus den USA nach Rom.

Der Vorsitzender der US-Bishofskonferenz, Wilton Gregory (Foto: AP)
Der Vorsitzender der US-Bishofskonferenz, Wilton Gregory, hat sich für die Aufklärung von Kindesmissbrauch eingesetztBild: AP

Bei ihrer Vollversammlung einigten sich die US-Bischöfe auf strenge Richtlinien für den Umgang mit Priestern, gegen die Missbruchs-Vorwürfe erhoben worden waren. "Diese Charta stellt sicher, dass Bischöfe beständig verantwortlich sind, unmittelbar auf Vorwürfe reagieren und bei allen Untersuchungen helfen müssen", erklärte der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Bischof Wilton Gregory, nach der Einigung. "Sie können jederzeit zur Verantwortung gezogen werden im Bezug auf alle Aspekte sexuellen Missbrauchs innerhalb ihrer Diözesen."

Kardinal Roger Mahony weiter unter Verdacht

Einigen Opfern und Kritikern gehen diese Richtlinien aber nicht weit genug, weil sich Verantwortliche weiter der öffentlichen Auseinandersetzung mit den Vorwürfen entziehen konnten. Wie Kardinal Mahony. Einen Tag nach der außergerichtlichen Einigung auf eine Entschädigungszahlung hätte in Los Angeles ein Prozeß beginnen sollen, in dem Anwälte der Opfer den Vorsitzenden der größten Erzdiözese der USA in den Zeugenstand rufen wollten. Dieser Prozeß wäre für den Kardinal und die Erzdiözese verheerend gewesen, meint Jeffrey Anderson, Rechtsvertreter von mehr als einhundert Klägern: "Er hätte über seine Rolle in der Verschleierung aller Fälle sprechen müssen. Über alle Straftäter, die er viele Jahre geschützt hat."

Die Einigung schützte Kardinal Mahony nicht vor weiteren Untersuchungen. Vor einem Jahr wurde bekannt, dass ein Bundesgericht die Vorwürfe gegen den führenden Geistlichen im Zusammenhang mit Untersuchungen von Missbrauchsvorwürfen erneut durchleuchtet. Ein ehemaliger Mitarbeiter des Kardinals sagte vor dem Gericht aus, Mahony habe ihn - entgegen der Richtlinien der US-Bischofskonferenz - angewiesen, Vorwürfe gegen einen Geistlichen erst der Polizei zu melden, nachdem dieser aus seinem Amt entfernt werden konnte.

Roger Mahony wird im kommenden Jahr nach seinem 75. Geburtstag das Amt des Kardinals in Los Angeles niederlegen. Sein Name wird für immer mit dem Skandal um Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche verbunden bleiben.

Autorin: Kerstin Zilm
Redaktion: Mirjam Gehrke