Streit um Gil Ofarims Antisemitismusvorwurf
18. Oktober 2021Vor zwei Wochen postete Gil Ofarim ein Video auf Instagram, in dem er fassungslos erzählt, wie er in einer Leipziger Hotellobby erst ignoriert und dann aufgefordert wurde, "seinen Stern einzupacken". Der Fall sorgte für Wirbel und sollte einmal mehr zeigen, wie alltäglich der Antisemitismus in Deutschland ist. Und diesmal sei er nicht aus rechten oder linken Kreisen gekommen, sondern aus der Mitte der Gesellschaft, von Mitarbeitern eines Hotels, das täglich internationale Gäste begrüßt, sagte der Sänger vergangene Woche in einem DW-Interview.
Die beschuldigten Mitarbeiter sind nach den Vorwürfen beurlaubt worden. Ofarim erstattete Anzeige und die Staatsanwaltschaft ermittelt seitdem. Aber auch gegen Ofarim selbst läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Verleumdung.
Überwachungsvideos zeigen offenbar keine Davidstern-Kette
Im Zuge der Untersuchungen sind einige Überwachungsvideos aus der Hotellobby ausgewertet worden. Auf denen, so berichten nun immer mehr Medien, sei Ofarim zwar zu sehen, wie er aufgeregt am Check-In-Schalter des Hotels steht - aber ohne die besagte Kette mit dem Davidstern.
Aus datenschutzrechtlichen Gründen gebe es keine Tonaufnahmen, daher könne man nicht nachvollziehen, was da am Check-In-Schalter gesagt wurde. Ein Sprecher der Leipziger Staatsanwaltschaft sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa), dass mehrere Videos sichergestellt worden seien, aber noch nicht alle ausgewertet seien. Daher könne man zum Inhalt keine Angaben machen.
Zwischen Solidarität und Fassungslosigkeit
Sein Instagram-Video ist inzwischen mehr als 3,5, Millionen mal geklickt worden und wurde tausendfach kommentiert. Neben Solidaritätsbekundungen sind auch viele Kommentare zu sehen, in denen Ofarims Aussage angezweifelt wird.
Auch die ermittelnde Leipziger Polizei spricht von "ernstzunehmenden Zweifeln" an den Schilderungen Ofarims.
Nun hat die "Bild"-Zeitung an diesem Wochenende mit dem Abdruck der Bilder aus den Überwachungsvideos weiter Öl ins Feuer gegossen. Auf Twitter hagelte es die üblichen Beschimpfungen und Verleumdungen aus dem rechten Lager. Aber zahlreiche Userinnen und User zeigen auch Enttäuschung und Fassungslosigkeit über eine mutmaßliche PR-Kampagne des Musikers.
Die Berliner Tageszeitung TAZ schreibt: Falls sich die Aussagen von Ofarim nicht bestätigten, sei sein Instagram-Video nicht nur ein fettes Eigentor gewesen, sondern vor allem ein Bärendienst im Kampf gegen Antisemitismus, Hetze, Hass. So ähnlich ist es auch in manchen Tweets zu lesen:
20-jährige Karriere
Der 39-jährige Gil Ofarim ist der Sohn des israelischen Sängers, Tänzers und Musikproduzenten Abi Ofarim. Sein Vater war in den 1960er-Jahren ein internationaler Star, berühmt vor allem durch seine Hits, die er mit seiner ersten Frau als Duo Esther & Abi Ofarim hatte. Gil Ofarim wurde als Fotomodell in der Jugendzeitschrift "Bravo" bekannt und kann schon jetzt auf eine mehr als 20-jährige Karriere als Rockmusiker, Sänger und Schauspieler zurückblicken.