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Dieselgate: Regierung fordert Klarheit

28. Mai 2018

Der Diesel-Skandal zieht in der deutschen Autoindustrie immer weitere Kreise - und die Politik erhöht den Druck. Nun kam der Daimler-Boss zum Rapport nach Berlin und bekam dort eine neue Frist gesetzt.

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Deutschland Auto Umwelt Feinstraub Auspuff
Bild: picture-alliance/dpa

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat Daimler-Chef Dieter Zetsche am Montag eine Frist von 14 Tagen eingeräumt, um die Vorwürfe möglicher Abgasmanipulationen an Dieselfahrzeugen der Marke Mercedes zu klären. Scheuer teilte nach seinem Treffen mit Zetsche in Berlin mit, Ziel eines vertieften Austausches über die hochkomplexen technischen Fragen sei es, die genaue Zahl der betroffenen Modelle zu ermitteln. "Bei einem weiteren Treffen in 14 Tagen werden die konkreten Ergebnisse auf dem Tisch liegen."

Daimler ist zum Rückruf bereit, bestreitet aber, dass es sich um eine rechtlich nicht zulässige Funktion handelt. "Es war ein gutes Gespräch, wie sehen uns in 14 Tagen wieder", sagte Zetsche beim Verlassen des Ministeriums.

Wie viele sind es denn überhaupt?

Das Ministerium hatte am vergangenen Mittwoch den Rückruf von weltweit rund 5000 Fahrzeugen des Mercedes-Vans Vito mit 1,6-Liter-Motor der Schadstoffklasse Euro 6 angeordnet. Zuvor hatte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) dort unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt, die im Betrieb zu erhöhten Stickoxid-Emissionen führen könnten.

Medienberichten zufolge droht dem Konzern der Rückruf von sogar zehntausenden Dieselfahrzeugen. Laut "Bild am Sonntag" müssen womöglich rund 40.000 Dieselmotoren der Baureihe OM622 im Vito und 80.000 weiterer der Baureihe OM626 in der C-Klasse untersucht werden. Zuvor hatte der "Spiegel" berichtet, es drohe sogar der Rückruf von mehr als 600.000 Dieselfahrzeugen. Scheuer hatte das KBA angewiesen, weiteren Verdachtsfällen bei Mercedes "unverzüglich" nachzugehen.

Regierung uneins

Bundesumweltministerin Svenja Schulze plädiert im Streit um die technische Nachrüstung von Dieselfahrzeugen für einen Stufenplan: "Mir geht es nicht darum, sofort flächendeckend in Deutschland alle Diesel nachzurüsten", sagte Schulze der "Welt". Sie schlage vor, "zunächst gezielt Fahrzeuge dort nachzurüsten, wo die Luft besonders schlecht ist. Also dort, wo Fahrverbote drohen." Verkehrsminister Andreas Scheuer hält von solchen Nachrüstungen dagegen nach wie vor nichts, wie eine Sprecherin sagte.

Schulze sagte der "Welt", bei einer stufenweisen Nachrüstung lägen die Gesamtkosten "dann eher im niedrigen einstelligen Milliardenbereich". Bezahlen muss dies nach Auffassung der Ministerin die Automobilindustrie. Allerdings gebe es keine Möglichkeit, sie dazu zu zwingen, räumte Schulze im Gespräch mit der Zeitung ein.

Die Hersteller seien aber in einer "moralischen Verantwortung" gegenüber den Verbrauchern: "Sie waren es, die besonders umweltfreundliche Dieselautos versprochen haben, und nun müssen sie liefern."

Verkehrsminister Scheuer dagegen sehe den Effekt von Hardware-Nachrüstungen "nach wie vor als unzufriedenstellend an", sagte eine Ministeriumssprecherin. Es gebe aus seiner Sicht nach wie vor technische, rechtliche wie finanzielle Bedenken. "Und aus seiner Sicht ist eine Investition in die alte Dieselflotte nach wie vor eine Investition in die Vergangenheit." Zudem würden Nachrüstungen "unglaublich lange Zeit brauchen, nämlich eineinhalb bis drei Jahre". Damit löse die Politik das Grundproblem nicht.

Beihilfe zum Betrug

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart steht bei ihren Ermittlungen zum Dieselabgasbetrug bei Daimler in Kontakt mit Behörden im Ausland. Das sagte ein Sprecher der Behörde am Montag der Nachrichtenagentur Reuters auf die Frage, ob diese im Zusammenhang mit dem Mercedes-Vito wegen des Einsatzes von Renault-Motoren in dem Modell mit französischen Amtskollegen zusammenarbeite.

Die Strafverfolger in Stuttgart ermitteln schon länger gegen zwei ihnen bekannte sowie weitere unbekannte Verantwortliche bei Daimler wegen Betruges und strafbarer Werbung im Zusammenhang mit Dieselabgasen. Noch vor Bekanntgabe des Vito-Rückrufes hatten die Strafverfolger ihre Ermittlungen auf dieses Modell ausgeweitet. Auch gegen mehrere Mitarbeiter des Autozulieferers Bosch laufen Ermittlungen wegen Beihilfe zum Betrug bei Daimler, Audi, Volkswagen und Fiat Chrysler.

Zudem ermitteln die Stuttgarter gegen die VW-Tochter Porsche, in deren Fahrzeugen Audi-Motoren mit vermutlich illegaler Drosselung der Abgasreinigung zum Einsatz kamen. Im April hatte der Leitende Oberstaatsanwalt Siegfried Mahler erklärt, wegen des schieren Umfangs der Untersuchungen in diesem Jahr noch nicht zu einer Entscheidung über eine Anklage kommen zu können.

Erste Konsequenzen in Hamburg

In Hamburg treten am Donnerstag die bundesweit ersten Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Kraft. Sie gelten dann auf Teilabschnitten von zwei stark befahrenen Straßen, die als Durchgangsstrecken im westlichen Stadtgebiet dienen. Die Zonen haben eine Länge von 580 Metern sowie 1,6 Kilometern. Sie gelten in einem Fall nur für Lastwagen, die die sogenannte Abgasnorm Euro 5 nicht erfüllen. Im zweiten Fall greifen sie zusätzlich auch für Pkw, die die Euronorm 6 nicht einhalten.

dk/uh (dpa, afp, rtr)