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"Diese Ermittlungen sind unsere Pflicht"

8. Juli 2004

- Institut für Nationales Gedenken hofft auf russische Hilfe bei den Ermittlungen wegen des Mordes an polnischen Offizieren in Katyn

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Warschau, 8.7.2004, NASZ DZIENNIK, poln.

Nach 13 Jahren skandalöser Trägheit seitens der polnischen Behörden und nach den vergeblichen Erwartungen, dass die Militärhauptstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation Ermittlungen wegen des Massenmordes in Katyn einleitet, hat sich das Institut für Nationales Gedenken (IPN) endlich dem Druck der Öffentlichkeit gebeugt und erklärt, dass die endgültige Entscheidung über die Einleitung eigener Ermittlungen des IPN spätestens im August d. J. fallen wird.

Diese Entscheidung ist jedoch ziemlich verspätet, weil man nicht erwarten kann, dass die Russen, die sowieso die ganze Zeit die Wahrheit über Katyn verschleierten und bis heute den Mord an 25 000 polnischen Offizieren nicht als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkennen, jetzt selbst nach der Wahrheit intensiv suchen werden.

Das Institut für Nationales Gedenken bringt sich selbst um seine Argumente, indem es versichert, dass keine Entschädigungsforderungen für die Nachkommen der in Katyn brutal ermordeten Offizieren gestellt werden.

Die Identifizierung der Täter, die noch am Leben sind, und die Tatsache, dass sie sich vor einem Gericht verantworten müssen, sollte für uns eine vorrangige Bedeutung haben. Das ist eine Verpflichtung, die wir gegenüber den Opfern und ihren Familien haben. Dies sollte jedoch nicht von Entscheidungen dieser oder jener Institution abhängen. (...)

Die Russen weigern sich, den Mord in Katyn als ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzuerkennen. Sie bezeichnen ihn als ein "gemeines Verbrechen", an dem nur diejenigen schuldig sind, die entsprechende Entscheidungen getroffen und bestätigt hatten. Diese Einstellung hat jedoch juristisch zur Folge, dass die Gruppe der Täter nur auf zehn Personen beschränkt wird. (...)

Nach Meinung des IPN stimmt die polnische juristische Qualifizierung dieses Verbrechens mit den Urteilen der Nürnberger Prozesse überein und kann nicht in Frage gestellt werden. "Unserer Meinung nach - und das sollte auch bei der Gerichtsverhandlung behandelt werden - haben sich an diesem Mord etwa 2 000 Personen beteiligt. Dazu gehören sowohl diejenigen, die die Befehle erteilten und bestätigten, als auch diejenigen, die die Gefangenen begleiteten und diejenigen, die polnische Offiziere durch einen Genickschuss getötet haben", bemerkt der Leiter des IPN, Prof. Leon Kieres.

Wenn die Russen die polnische Einstellung teilen würden, wäre es viel leichter, die direkt Beteiligten an diesem abscheulichen Verbrechen vor Gericht zu stellen. Dies würde auch für die Familien der Ermordeten eine juristische Grundlage bilden, um Entschädigungen zu fordern.

Eine der wichtigsten Bedingungen für die Einleitung wirksamer Ermittlungen ist die Übermittlung aller Personalakten der Opfer an die polnische Seite: "Wir vermuten, dass sich diese Akten in den russischen Archiven befinden und sind der Ansicht, dass sie uns übermittelt werden sollten, zumindest als Kopien", sagte Prof. Leon Kieres und betont, dass man darüber mit der russischen Seite sprechen sollte. Leon Kieres plädiert für Gespräche mit der russischen Seite, die zu einer Klärung der Grundfragen führen sollen.

"Dabei handelt es sich nicht nur darum, dass man diese Ermittlungen schnellst möglich beenden sollte. Diese Ermittlungen müssen so abgeschlossen werden, dass das Ergebnis keine Kontroversen erregt und uns später nicht spaltet", sagt Professor Leon Kieres und fügt hinzu, dass das Institut für Nationales Gedenken imstande sei, jederzeit eigene Ermittlungen einzuleiten, aber ohne die Zusammenarbeit mit der russischen Seite sei die Identifizierung der Mittäter unmöglich. (...)

Was unternimmt aber das IPN, wenn keine Übereinstimmung mit der russischen Seite erreicht wird?

"Die Ermittlungen können dann auch eingeleitet werden. Sie werden sich jedoch vor allem auf die juristische Klassifizierung dieses Mordes in Katyn konzentrieren und auf die Feststellung, dass es sich dabei um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt", sagt Prof. Kieres (...) (sta)