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Die Ära Moi in Kenia ist beendet

Heinrich Bergstresser29. Dezember 2002

Mwai Kibaki wird Präsident Daniel arap Moi nach 24 Jahren ablösen. Der Kandidat der oppositionellen"Nationalen Regenbogenkoalition" (NARC) ist eindeutiger Sieger der Wahlen. Ein Kommentar von Heinrich Bergstresser.

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Der Kraftakt ist vollbracht. Kenia hat Geschichte geschrieben und Afrika Hoffnung gegeben. Der grandiose Wahlsieg der "Regenbogen-Koalition", einer Oppositionsbewegung unterschiedlichster Gruppen und Grüppchen, erzeugt Freude und Hoffnung und bestätigt einen Grad an politischer Reife, an der sich fast alle afrikanischen Staaten orientieren können und müssen.

Mit dieser historischen Wahl geht eine Ära zu Ende, die Präsident Daniel arap Moi und die allmächtige Regierungspartei KANU vier Jahrzehnte geprägt haben. Und das politische Ende Mois und der KANU beweist zweierlei: Erstens ist auch in Afrika ein Machtwechsel mittels demokratischer Wahlen und Lösungen möglich. Zweitens läutet es die Endphase der alten Politikergarde in Afrika ein, die als direktes Produkt der Kolonialherrschaft die Macht in ihren Ländern übernommen, sich eingenistet und nur ihre persönlichen Interessen verfolgt hat.

Zwar gehört auch der neue Präsident Mwai Kibaki der alten Garde an. Aber als Übergangs- und Kompromisskandidat einer buntgewürfelten Oppositionsbewegung ebnet er den Weg für eine neue Politikergeneration, die begriffen hat, dass die meisten Probleme Afrikas hausgemacht sind . Noch steht diese Generation in der zweiten Reihe, zieht aber bereits die entscheidenden Fäden.

In einem schmerzhaften Lernprozess musste sie erkennen, dass nicht Militanz und Radikalität, sondern Basisarbeit, Kompromissfähigkeit und gemeinschaftliches politisches Handeln notwendig sind, um wirkliche Veränderungen und Reformen durchführen zu können. Denn auch in Afrika ist - trotz Armut und Repression - das Beharrungsvermögen der Menschen größer als der Wunsch nach abrupten und kaum kalkulierbaren Einschnitten.

Erst das Besinnen auf die Schaffung und Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen hat schließlich zum Erfolg geführt. Denn dieser Prozess zielt auf die Menschen, gibt ihnen das Gefühl, ernst genommen zu werden, eine Kraft darzustellen, die Gesellschaft und Entwicklung erst möglich macht. Und deshalb verdient die Zivilgesellschaft, bestehend aus Anwaltsvereinigungen, christlichen und islamischen Gruppen, Gewerkschaften, Unternehmern und kleinen Selbsthilfegruppen noch mehr Unterstützung als bisher, gerade auch vom Ausland. Denn sie hat die scheinbar Allmächtigen an der Spitze des Staates in Bedrängnis gebracht, die siegreiche Koalition geformt und den Wechsel vorbereitet. Und sie ist die einzige politische Kraft, die dieser nach wie vor zerbrechlichen Koalition zwingen kann, die lange überfälligen politischen und wirtschaftlichen Reformen auch anzupacken.

Wunder sind auch in Kenia nicht zu erwarten, aber Fortschritte, den steinigen Weg zu gehen und Afrika ein Vorbild zu sein. Moi hat noch rechtzeitig seinen Teil dazu beigetragen, den sich abzeichnenden Machtwechsel nicht zu blockieren. Trotz aller berechtigter Kritik am Diktator in Zivil werden es ihm die Kenianer und viele junge Politiker in den anderen Staaten Afrikas danken, den Wählerwillen respektiert zu haben. Und das ist weit mehr als nur Symbolik.