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Die Zivilgesellschaft macht mobil

Helle Jeppesen, zurzeit Kopenhagen17. Dezember 2009

Kaum ein Gipfel hat so viele Menschen mobilisiert wie der Klimagipfel COP15 in Kopenhagen. Das Motto "Action Now" tönt aus Tausenden Kehlen - und der Gipfel wird von der ganzen Welt beobachtet.

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Sit-Down vor dem Konferenzzentrum (Foto: DW)
Unfreiwilliges Sit-Down der NGOs im Bella Center: Trotz Karte kamen sie nicht reinBild: DW/ Helle Jeppesen

Noch nie waren Nichtregierungsorganisationen (NGOs) bei einem Klimagipfel so stark vertreten wie bei "COP15" in Kopenhagen. 46.000 Menschen wollten in der zweiten Woche dabei sein - doch nur 15.000 passen ins Bella Center rein. Weil der Ansturm so groß war, wurden viele am Eingang abgewiesen. Den Beobachtern wurde ein Kartenkontingent ausgehändigt. Wer nicht eine der begehrten weißen Zusatzkarten bekam, musste draußen bleiben.

Frustrierte NGOs

Für die vielen NGOs, die zum Teil auf eigene Kosten nach Kopenhagen gekommen sind, ist es mehr als frustrierend. Vor allem können wir unsere Arbeit nicht machen, sagt ein holländisches Mitglied der Umweltorganisation Friends of the Earth International, einer der Organisationen, die am Mittwoch gar nicht in die Verhandlungen hineingelassen wurde.

Abgeriegeltes Tagungszentrum (Foto: DW)
Die dänische Polizei hat in Kopenhagen alles im GriffBild: DW/ Helle Jeppesen

Viele der kleinen Regierungsdelegationen werden von den NGOs auf dem Gipfel aktiv unterstützt. Informationen, Analysen, Hinweise werden geteilt. Die großen Länder reisen mit teilweise über 100 Delegierten an - da gibt es in der eigenen Delegation immer Expertise für die Spezialfragen. Die kleinen Länder holen da oft die Informationen, die sie brauchen, bei den Nicht-Regierungs-Organisationen.

Zu kleine Schuhe für zu große Füße

Für die Organisation der Karten war das UN-Klimasekretariat verantwortlich. Hier gibt man unumwunden zu, dass man einfach nicht mit diesem Ansturm gerechnet hatte. "Und man kann", so der Leiter des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer, "keine Füße Größe zwölf in ein paar Schuhe Größe sechs pressen". So mussten auch teilweise Mitglieder von Regierungsdelegationen bis zu zwei Stunden draußen warten, bevor sie endlich Einlass fanden.

Yvo de Boer (Foto: AP)
Wirkt nachdenklich: Yvo de Boer, der Chef des UN-KlimasekretariatsBild: AP

Doch nicht nur drinnen, sondern auch draußen macht sich Frustration breit. Viele Klimaaktivisten, die aus der ganzen Welt angereist sind, wollen gar nicht ins Bella Center, wo sich in den letzten Tagen des Gipfels die Staats- und Regierungschefs ein Stelldichein geben. Sie wollen vor dem Konferenz-Zentrum Druck auf die Politiker machen.

"Lümmel-Paket" gegen Aktivisten

2500 Demonstranten haben es am Mittwoch geschafft, bis ans Bella Center heranzukommen, doch die dänische Polizei nahm vorbeugend 250 Teilnehmer der Demonstration fest. Die Befugnisse der Polizei sind extra für den Klimagipfel erweitert worden: Mit dem sogenannten "Lömmel-Pakke" ("Lümmel-Paket") kann die Polizei Menschen vorbeugend bis zu zwölf Stunden festhalten. Die Regelung ist auch in Dänemark umstritten, und nach mehr als 1500 Festnahmen innerhalb weniger Tage sind viele der Ansicht, dass die Polizei unverhältnismäßig reagiert.

So wurden bei einer großen Demonstration am Samstag 968 Menschen festgenommen und teilweise stundenlang in der Kälte auf der Straße gefesselt. Es wurden jedoch nur vier Menschen verhaftet. "Das entbehrt jeder Verhältnismäßigkeit", schimpft Emilie Tage vom Rechtshilfeverein RUSK in Kopenhagen. Hier wird man mit Klagen über das Vorgehen der Polizei praktisch überflutet. Der Verein hat bereits den Ombudsman des dänischen Parlaments gebeten, die Vorgänge zu untersuchen.

Meinungsfreiheit eingeschränkt?

Sowohl drinnen als auch draußen beim Klimagipfel scheint es Probleme im Umgang mit dem Ansturm auf dem Gipfel zu geben. Dabei wollen die meisten Demonstranten nur auf friedliche Weise vor dem Tagungsgebäude ihre Zukunftsangst kundtun, um den Politikern drinnen Druck zu machen.

Drinnen wollen die Organisationen, Delegationen und die angereisten Presseleute im Grunde genommen nur ihre Arbeit machen: Den Gipfel beobachten, Informationen teilen und verteilen und über einen Gipfel berichten, der für die globale Zukunft als entscheidend empfunden wird.

Kopf eines Eisbär-Kostüms (Foto: DW)
Auch ein Eisbär kann müde werden: Ein Klimaaktivist hat den Kopf seines Kostüms kurz abgelegtBild: DW/ Helle Jeppesen

Das größte Event der Welt

Doch mit 45.000 Menschen aus aller Welt, die entweder durch die Delegationen, durch NGOs oder andere Beobachtergruppen nach Kopenhagen gekommen sind, ist es ein schwieriger Balanceakt zwischen Sicherheit und Transparenz, betont Yvo de Boer. "Wir sind einerseits stolz darauf, dass wir mit Sicherheit das größte und transparenteste Event der Welt sind. Andererseits ist und bleibt es auch meine Verantwortung, für die Sicherheit aller zu sorgen", sagte er, nachdem am Mittwoch ein paar Klimaaktivisten für kurze Zeit das Podium gestürmt hatten.

Am Donnerstag soll das Forum im Zentrum der Stadt für die NGOs und viele Side-Events offen sein - damit der Andrang auf das Bella Center nachlässt.