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Die You(ng)tuber bei den VideoDays 2017

Anya Lamesch
25. August 2017

Bibi, Sami und Co: Gerade denkt man, man hätte einen Überblick über die deutsche Youtuber-Szene gewonnen, da hat sich das Youtube-Karussell schon weiter gedreht. Die Headliner der Kölner VideoDays 2017 sind andere.

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Mike Singer macht Selfies mit seinen Fans
Bild: DW/A.Lamesch

Der magentafarbene Teppich vor der Lanxess Arena Köln sorgt am Eröffnungstag der VideoDays (24.08.2017) für Gekreische und Tränen. Youtuber-Fans, überwiegend Mädchen im Teenager-Alter, zücken gekonnt ihre Smartphones, wenn es darum geht, ein Foto mit ihrem Lieblingsstar aus dem Netz zu ergattern. Hier schreit jemand: "Lukas! Du bist so schön!" von der anderen Seite hört man: "Mike!", die nächsten schreien wieder ganz andere, meist männliche Namen.

Fragt sich, wo die altbekannten Youtuber geblieben sind. Gefühlt hat man sich doch gerade erst an Persönlichkeiten wie Bibi und Sami gewöhnt.

Bianca Heinicke alias Bibi
Bianca Heinicke wurde mit ihrem "Bibis Beauty Palace"- Kanal berühmt - mit Schmink- und Frisurentipps Bild: Torben Koester

Nur weil sie nicht mehr bei den VideoDays sind, heißt das nicht, dass sie vom Youtuber-Himmel verschwunden sind. Ganz im Gegenteil, mit Youtube verdienen sie immer noch ihr Geld. Influencer, also Youtuber, die ihren Kanal zur Vermarktung und Werbung von Produkten nutzen, geht heute schließlich als Berufsbezeichnung durch. Bibi postet noch fleißig Videos (zum Beispiel wie man sich zuhause essbare Heliumluftballons macht). Slimani waxt sich - warum auch nicht - die Nasenhaare und hält das Produkt in die Kamera. Eine funktionierende Mischung aus Werbung und Unterhaltung.

Wieder riesige Besucherzahl

"Es sind nie alle Youtuber da. Die bekommt man einfach nicht unter einen Hut", sagt Christophe Krachten, Mitgründer der VideoDays und ehemaliger Präsident der Mediakraft GmbH. Und es kommen natürlich auch ein paar alte Youtube-Hasen über den Teppich gehoppelt, wie zum Beispiel Joyce oder Philipp Laude des ehemaligen Comedy-Trios Y-Titty.

Joyce Ilg, 33, ist seit 2013 auf Youtube präsent
Joyce Ilg, 33, ist seit 2013 auf Youtube präsentBild: DW/A.Lamesch

„Wir haben 500 Social Media Stars zusammenbekommen, die zusammen 100 Millionen Fans erreichen", so Krachten. Das sei im Vergleich zu den vorigen Jahren ein Rekord. Schwierig, da den Überblick zu behalten.

Tatsächlich sind die VideoDays in den letzten sieben Jahren enorm gewachsen. Seit 2010 treffen sich bei diesem Event Youtuber und ihre Fans. Was anfangs noch ein kleines Treffen von 450 Leuten war, zieht heute Besucherzahlen im fünfstelligen Bereich an. Dieses Jahr werden mehr als  15.000 Besucher bei dem zweitägigen Festival erwartet. Die meisten davon sind minderjährig.

Von TV-Casting-Shows zu Youtube

Aber wer versetzt die Jugend von heute so in Ekstase? Und warum schauen Erwachsene bei den erwähnten Stars irritiert und fragend in die Youtube-Röhre?

Einer der Headliner ist dieses Jahr Mike Singer. Jahrgang 2000, Justin-Bieber-Verschnitt – kurz: der Traum vieler 13-jähriger Mädchen. In seinen Videos trägt er übergroße T-Shirts mit Metallica- und Pearl-Jam-Aufschrift. "Ich feier alle alten Bands", so Singer. Im März landete sein Pop-Album "Karma" – das weder Metal noch Grunge ähnelt - auf dem ersten Platz der deutschen Charts. Inzwischen geht er auf Tour und hat einen vollen Terminkalender.

Der Offenburger hat bei einer Castingshow angefangen, wie auch auffallend viele andere, die in Köln auf der Bühne stehen: Bars and Melody, ein Gesang-Rap-Duo aus England, machte zum Beispiel bei "Britain's Got Talent" mit, Daniele Negroni wurde 2012 zweiter bei "Deutschland sucht den Superstar". Lukas Rieger war, wie Mike, Kandidat bei "The Voice Kids". Kein Wunder: Eine Verlagerung in das soziale Netzwerk scheint eine gute Alternative zu sein, wenn man in Casting-Shows frühzeitig ausscheidet.

Früher Bravo, heute YouTube?

Vlogger Oscar
Oskar (15) postet hauptsächlich VlogsBild: DW/A.Lamesch

Natürlich sind bei den VideoDays nicht nur "Popstars" vertreten – ein Großteil der Yotuber postet täglich Videos zum Thema Beauty, Lifestyle, Gaming, Comedy oder Vlogs. Als Vlogger bezeichnet sich auch der 15-jährige Oskar. Fast täglich postet er eine Art Video-Tagebuch. Nach kleinen Anfängen  hat er über 300.000 Abonnenten. Die schreiben ihm immer wieder in die Kommentare, dass er ein Vorbild für sie sei. "Ich bin so ein 15-Jähriger, und Leute machen mir Sachen nach oder kaufen die gleiche Kamera wie ich, nur weil ich sie hab',  und das find ich cool", sagt er

Was früher die Rolle der Jugendzeitschrift "Bravo" war, werde heute von Youtubern übernommen, so Krachten. Sie seien eine Orientierung für Jugendliche.

Gesellschaftliche Anliegen sind wenig gefragt 

Die Datteltäter (von l. nach r.) Younes Al-Amayra, Marcel Sonneck, Farah Bouamar-Al-Sarraj, Fiete Aleksander
Die Datteltäter (von l. nach r.) Younes Al-Amayra, Marcel Sonneck, Farah Bouamar-Al-Sarraj, Fiete AleksanderBild: DW/A.Lamesch

Was sich Teenager von heute als Orientierung aussuchen, ist Privatsache. Doch einigen Youtuber würde man mehr Applaus wünschen. Die Datteltäter sind auch ein Teil des Bühnenprogramms. Das Kollektiv erklärt, wie es muslimische Satire macht und geht in seinen Videos auf humorvolle Art und Weise gegen Vorurteile an. Dass die Truppe auf der Bühne wenig Applaus bekommt, liegt sicherlich nicht an fehlender Qualität ihrer Inhalte. Die Kids freuen sich aber offensichtlich mehr auf spektakuläre musikalische Auftritte.