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Die westliche Hilfe für Nordkorea stabilisiert die Diktatur

20. November 2001

Seit den Naturkatastrophen Mitte der 90er Jahre strömt immer mehr internationales Geld nach Nordkorea. Durch eingesparte Ressourcen sichert der Diktator Kim Jong Il seine Macht.

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Kim Jong IlBild: AP

Seit Jahrzehnten verschleudert die kommunistische Partei von Nordkorea die Ressourcen ihres Landes. 20 bis 30 Prozent des Geldes verschlingt jedes Jahr allein das Militär. Unnütze Großbauten kosten Milliarden von Dollar, Millionen Menschen müssen ihre Arbeitskraft für die Vorbereitung von Jubelfeiern verschwenden. Bis zum Fall der Mauer überlebte Nordkorea nur Dank materieller Hilfe seiner kommunistischen Freunde. Jetzt hält sich das Regime Dank großzügiger Unterstützung aus dem Westen an der Macht, denn seit den Naturkatastrophen Mitte der 90er Jahre strömt immer mehr internationales Geld nach Nordkorea. So läuft hier die größte internationale Hilfsaktion seit dem Zweiten Weltkrieg.

Allein in diesem Jahr liefert das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen über anderthalb Millionen Tonnen Getreide, mehr als 70 Kilogramm pro Kopf der Bevölkerung. Ob Kinder geimpft werden oder Salz mit Jod versetzt wird, immer sind internationale Helfer dabei. Die meisten Waisenhäuser, Kindergärten und Schulen werden inzwischen nicht mehr von der Regierung versorgt, sondern vom Ausland. Das hat teilweise paradoxe Konsequenzen. Einige Hilfsorganisationen spenden Kohle als Heizmaterial für Kinderheime. Diese Kohle kaufen sie für harte Dollars genau von der Regierung, die diese Heime bisher nicht beliefert hat. Zugleich exportiert Nordkorea Kohle und andere Rohstoffe.

Mit den verdienten Devisen kann Diktator Kim Jong Il den verdienten Parteikadern und Offizieren vermehrt teure Geschenke machen, darunter Luxusjeeps und Limousinen. Selbst wenn es darum geht, ihre Hilfsgüter auszuliefern, machen einige Organisationen Zugeständnisse. Sie geben den staatlichen Behörden Diesel und Reifen für die Transportfahrzeuge. Diese Form von Kompletthilfe ist international unüblich.

Der jüngste und zugleich fragwürdigste Fall von Hilfe: UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, gibt den Kommunisten in Pjöngjang Papier, damit sie Schulbücher drucken können, aber diese Bücher sind voller anti-kapitalistischer Hass-Propaganda. Damit verstößt UNICEF gegen die eigene Regel, dass sein Handeln nicht Krieg und Rassismus fördern darf.

Unter den Hilfsorganisationen in Pjöngjang wird inzwischen heiß diskutiert, ob die massive Unterstützung es dem Diktator nicht ermöglicht, die eingesparten Ressourcen in die Armee umzuleiten und auf diese Weise seine Macht abzusichern. Parteichef Kim Jong Il äußerte sich kürzlich zufrieden über die Versorgungslage seiner Soldaten, während zwei Drittel der Kinder mangelernährt sind.

Noch bedenklicher erscheint einigen Beobachtern, dass es der Regierung mit ihrem Dampfwalzen-artigen Propaganda-Apparat gelungen ist, die westliche Hilfe als eigene Leistung auszugeben. Die meisten Nordkoreaner halten offenbar westliche Hilfsgüter für großzügige Geschenke ihres sogenannten "großen Führers", ob das Rindfleisch aus Deutschland oder der amerikanische Reis, den die Japaner spenden. Gleichzeitig gehen die Hass-Tiraden des Regimes gegen die USA und Japan mit großer Unversöhnlichkeit weiter. In einigen Hilfsorganisationen bezeichnet man sich deshalb offen als "nützliche Idioten" eines der totalitärsten Regime der Welt.

Martin Fritz/NDR