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Die Waffen dürfen im Haus bleiben

13. Februar 2011

In Schweizer Privathaushalten lagern mehr als zwei Millionen Gewehre, Pistolen und Revolver. Nach dem Scheitern der Volksinitiative "Schutz vor Waffengewalt" wird sich daran nichts ändern.

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Mehrere ausgestreckte Hände mit Pistolen (Foto: dapd)
Sportschützen im schweizerischen RütliBild: AP

Bei der Abstimmung am Sonntag (13.02.2011) sprachen sich die Schweizer mehrheitlich gegen Maßnahmen aus, die das liberale Waffenrecht des Landes deutlich verschärft hätten. 56,3 Prozent der Teilnehmer votierten gegen die Initiative "Schutz vor Waffengewalt", die von linken Parteien, Friedensaktivisten, Medizinern, Frauenorganisationen und kirchlichen Gruppen unterstützt wurde.

Die Regierung, rechtsgerichtete Parteien und Armeeverbände waren gegen eine Verschärfung der bestehenden Waffengesetze. Sie verwiesen darauf, dass die Vorschriften schon in den vergangenen Jahren strenger geworden seien. So dürfen Privatpersonen inzwischen keine gefährlichen Pump-Guns mehr erwerben. Auch erhalten Armeeangehörige keine Munition mehr für Waffen, die sie zu Hause lagern.

Die Initiatoren der Volksinitiative wollten jedoch weitergehende Beschränkungen durchsetzen. Insbesondere sollte jemand, der Waffen oder Munition erwerben will, den entsprechenden Bedarf nachweisen und belegen müssen, dass er die erforderlichen Fähigkeiten mitbringt. Armeeangehörige sollten ihre Gewehre und Pistolen nicht mehr zu Hause lagern dürfen, sondern in Zeughäusern der Armee abgeben müssen. Außerdem sollten Feuerwaffen zentral beim Bund statt bei den Kantonen registriert werden.

Viele Nein-Stimmen auf dem Land

Zwei Personen vor einem Plakat, das für die Volksinitiative wirbt (Foto: dapd)
In der Schweiz werden Selbstmorde besonders oft mit Schusswaffen begangenBild: AP

Vor allem die deutschsprachigen Kantone, die zwei Drittel des Landes ausmachen, waren gegen eine Verschärfung. Ausnahmen bildeten lediglich die Städte Zürich und Basel. Die französischsprachigen Kantone stimmten dagegen mehrheitlich für die restriktiveren Vorschriften, darunter Genf mit 61 Prozent Ja-Stimmen.

Gerade in ländlichen Regionen wurde die Initiative mit teilweise über 70 Prozent Nein-Stimmen deutlich verworfen. "Es ist uns nicht gelungen, das Land ähnlich stark wie die Städte zu mobilisieren", sagte Joe Lang, Grünen-Politiker und ein prominenter Unterstützer schärferer Vorschriften. "Das Schweizer Volk lässt sich nicht so einfach entwaffnen. Die Schweizer Werte werden in diesem Land hochgehalten", meinte indes der christdemokratische Parlamentarier Jakob Büchler, einer der Wortführer der Gegner, zum Ausgang der Volksbefragung.

Nach Ansicht von Demoskopen haben es die Befürworter nicht geschafft, eine Mehrheit von ihren Sicherheitsbedenken zu überzeugen. "Es gibt eine kräftige konservative Grundstimmung", erklärte Claude Longchamp vom Berner Meinungsforschungsinstitut GfS.

Auf jeden dritten Schweizer kommt eine Waffe

In der Schweiz sterben jährlich etwa 300 Menschen durch Schusswaffen. Bei Selbstmorden, die mit einer Schusswaffe begangen werden, hält das Land den Rekord in Europa. Insgesamt gibt es bei einer Einwohnerzahl von rund acht Millionen etwa 2,5 Millionen legale Waffen, knapp die Hälfte davon kommt vom Militär.

Traditionell gilt in der Schweiz die Maßgabe, dass jeder Soldat immer wehrbereit sein muss und in der Lage ist, schon bewaffnet an einem möglichen Einsatzort einzutreffen. Dies wurde von den Gegnern der Volksinitiative als nationaler Wert angesehen, den es zu verteidigen galt. Die Befürworter halten diese Ansicht dagegen für nicht mehr zeitgemäß. Das Recht, Armeewaffen zu Hause aufzubewahren, gilt seit 1874.

Nach einem Massaker in Zug vor zehn Jahren waren die Unterstützer schärferer Waffengesetze immer zahlreicher geworden. Ein Amokläufer hatte 2001 im Kantonsparlament 14 Menschen und sich selbst erschossen. Mehrere Aufsehen erregende Amokläufe in den vergangenen Jahren, unter anderem in den USA und Deutschland, lieferten den Aktivisten weitere Argumente.

Autor: Thomas Grimmer (dpa, epd, rtr)
Redaktion: Walter Lausch