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"Die Verteilung der Flüchtlinge wird klappen"

3. April 2016

Am Montag tritt das EU-Abkommen mit der Türkei in Kraft. Auf den griechischen Inseln regiert das Chaos. Dennoch spricht EU-Parlamentspräsident Schulz von einem Durchbruch in der europäischen Flüchtlingspolitik.

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EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/dpa/S. Lecocq

"Ich bin mir ziemlich sicher: 2016 werden wir nicht denselben Druck spüren wie letztes Jahr", sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz der "Bild am Sonntag". Der SPD-Politiker begründete seinen Optimismus, dass die Verteilung der Flüchtlinge diesmal klappen werde, mit der Zustimmung aller EU-Staaten zu dieser Regelung. Allein Deutschland sei bereit, 40.000 Menschen aufzunehmen, Frankreich 30.000, Portugal 10.000. "Und wenn wir es einmal geschafft haben, ein Kontingent in der EU zu verteilen, bin ich zuversichtlich, dass es ab dann funktionieren wird."

Nach der Vereinbarung sollen illegal eingereiste Flüchtlinge von Griechenland in die Türkei zurückgebracht werden. Für jeden Syrer, den die EU abschiebt, soll ein anderer Syrer auf legalem Wege in die EU kommen - die Union rechnet mit bis zu 72.000 Personen. Davon sollen weniger als 16.000 auf Deutschland entfallen. Alle Flüchtlinge, die nach dem 20. März illegal nach Griechenland übergesetzt sind, sollen zwangsweise zurückgebracht werden können. Die Abschiebungen könnten ab Montag beginnen.

"Mehrere positive Entwicklungen"

Zahlreiche Menschen fliehen seit Jahren aus dem Bürgerkriegsland Syrien, aber auch aus dem Irak, wo der IS ebenfalls ganze Landstriche kontrolliert. Viele Schutzsuchende kommen über die Türkei in die EU.

Schulz erwartet eine generelle Entspannung in der Flüchtlingskrise. Zur Begründung verwies er darauf, dass es "mehrere positive Entwicklungen" gebe: "Der Waffenstillstand in Syrien hält nun schon länger als zwei Wochen. Das ist ein Rekord. Die IS-Terroristen werden zurückgedrängt. Mit den auf der Geberkonferenz in London beschlossen Hilfsgeldern für den Libanon und Jordanien werden die Bedingungen in den Flüchtlingslagern dort erheblich verbessert. Treten dazu die Rücknahmeabkommen in Kraft, bin ich zuversichtlich dass sich der Flüchtlingszuzug reduzieren wird."

Auch für Italien erwartet Schulz eine weit weniger dramatische Situation als derzeit in Griechenland.

Werden Zäune und Grenzkontrollen überflüssig?

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger forderte in einem Interview mit der Funke Mediengruppe eine faire Verteilung der Flüchtlinge. "Das Übereinkommen mit der Türkei ist von allen 28 EU-Staaten mitgetragen worden. Daher erwarten wir auch, dass alle Mitgliedstaaten die sich daraus ergebenden Aufnahmeverpflichtungen erfüllen." Deutschland könne dies nicht alleine stemmen und werde "deutlich unter 30 Prozent" übernehmen, sagte Oettinger. Der CDU-Politiker forderte zudem die EU-Länder auf, auf nationale Maßnahmen zu verzichten. "Wenn das Abkommen mit der Türkei greift, werden die Zäune und die nationalen Grenzkontrollen in den nächsten Monaten nicht mehr nötig sein."

Mazedonische Soldaten patrouillieren am Grenzzaun zu Griechenland (Foto: dpa)
Mazedonische Soldaten patrouillieren am Grenzzaun zu GriechenlandBild: picture-alliance/dpa

Es gibt große Ängste – auf allen Seiten

Allerdings ist der Widerstand gegen das EU-Türkei-Abkommen noch groß, auch bei den Flüchtlingen. Migranten auf den Ägäis-Inseln Lesbos und Chios protestieren gegen die Pläne und sprechen von "Deportationen". Die Stimmung sei explosiv, heißt es bei der Küstenwache. Die Behörden in Griechenland stellen sich auf erhebliche Widerstände unter den Flüchtlingen ein, die zwangsweise zurückgebracht werden sollen. "Für jeden Migranten, der ausgewiesen wird, werden wir einen Polizisten als Aufpasser einsetzen", sagte ein Offizier der Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur. "Unsere Angst ist, wie man diese Menschen aus den Lagern rausholt."

Türkei: Proteste in Dikili gegen ein geplantes Flüchtlingscamp (Foto: Getty Images)
Proteste in Dikili gegen ein geplantes FlüchtlingscampBild: picture-alliance/AP Photo/M. Guzel

In der Türkei wiederum gibt es Widerstände gegen die Aufnahme der Flüchtlinge. In der Hafenstadt Dikili protestierten Hunderte Einheimische gegen die Aufnahme von Migranten aus Griechenland. Wo die Menschen dort unterkommen sollen, scheint bislang noch ungeklärt. Ein Augenzeuge sagte der Deutschen Presse-Agentur, der Standort für die geplante Flüchtlingsunterkunft in Dikili sei derzeit noch ein mit Gras bewachsenes Feld.

rb/SC (afp, ap, dpa, rtr)