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Die Versprechungen der ungarischen Sozialisten

10. April 2002

– Zu den möglichen Auswirkungen der Parlamentswahlen auf die künftige Wirtschaftspolitik Ungarns

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Budapest, 9.-15.4.2002, PESTER LLOYD, deutsch

Die erste Runde der Parlamentswahlen brachte eine Niederlage des bürgerlichen Lagers. Mit knappem Vorsprung triumphieren konnte die Konzeption einer sozialdemokratisch-liberalen Regierung der Mitte unter Führung von Peter Medgyessy. Wenn die Wähler ihr Votum in vierzehn Tagen wiederholen, wird die Ungarische Sozialistische Partei (MSZP) – allein oder im Bündnis mit dem liberalen Bund Freier Demokraten (SZDSZ) – die neue Regierung bilden. Was bedeutet das für die künftige Wirtschaftspolitik Ungarns?

In ihrem Wahlprogramm hat die MSZP bereits zahlreiche konkrete Zusagen gemacht. Wirtschaftliche Auswirkungen hat zum Beispiel die Zusage, den Minimallohn ab 1. Oktober steuerfrei zu machen. Außerdem steht eine Modifizierung des Arbeitsgesetzbuches ins Haus, mit der wieder zwei Wochenruhetage (darunter ein verbindlicher sonntäglicher Ruhetag) vorgeschrieben werden. Im Herbst werden die Löhne der Mitarbeiter im Bildungswesen und im Gesundheitswesen um 50 Prozent angehoben. Klar ist auch die Aussage, dass der Orban-Nastase-Pakt neu verhandelt werden soll, wenngleich hinsichtlich des Ergebnisses und seiner Auswirkungen für den ungarischen Arbeitsmarkt derzeit nur Spekulationen möglich sind.

Jeder Rentner soll einmal 19.000 Forint erhalten, die der Fidesz der älteren Generation unter dem Vorwand einer Gesetzesänderung noch 1998 vorenthielt. Zum Schulbeginn erhalten alle Familien im August verdoppelte Familienzuschüsse. Ab 1. September werden die Stipendien an den Hochschuleinrichtungen um 30 Prozent angehoben und als symbolischer Akt zum 1. Juli die Fernsehgebühren beseitigt. Die für das Landesimagezentrum im Staatshaushalt bereitstehenden Mittel werden mit der Auflösung dieser Einrichtung überflüssig und für die kostenlose Essenversorgung von Kindern aufgewandt. Schwammiger formulierte die MSZP ihre Agrarkonzeption, doch so viel steht fest: Novelliert werden das Gesetz über Grund und Boden sowie die Regelungen der Monopolverbrauchsteuer in Bezug auf den Weinbau. In den Verhandlungen mit der EU möchten die Sozialisten zudem eine Verbesserung der Position der ungarischen Landwirtschaft erreichen, wie auch immer sie das anstellen wollen.

Hinsichtlich der Zielstellungen eines zügigen EU-Beitritts gibt es keine Zweifel an der Entschlossenheit einer Medgyessy-Regierung, wohingegen Veränderungen in der monetären Politik bzw. eine Verschiebung des Primats von der Inflationsbekämpfung zur Wirtschaftsbelebung zu erwarten sind. Für die Kleinunternehmer könnte die "Einheitssteuer" eine Vereinfachung der Administration bringen. (ykk)