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Verhaftungen in Belarus

14. Juli 2011

Immer mehr Regimegegner sitzen in Belarus im Gefängnis. Uta Zapf, stellvertretende außenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion und Vorsitzende der OSZE-Arbeitsgruppe zu Belarus, bewertet die Lage.

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Portrait von Uta Zapf (Foto: DW)
Uta ZapfBild: DW

DW-WORLD.DE: Am Mittwoch (13.7.2011) gab es in Belarus wieder Protestaktionen. Wieder wurden zahlreiche Menschen verhaftet. Wie sollten Deutschland und die EU darauf reagieren?

Uta Zapf: Die EU und Deutschland haben auf die Situation, die seit Ende Dezember besteht, mit verschärften Sanktionen reagiert. Der Visa-Bann wurde auf eine größere Anzahl von Leuten ausgeweitet. Man hat damit Reiseverbote verhängt. Man hat jetzt ein Waffenembargo verhängt und ein Embargo auf Lieferungen von Dingen, die zur "Aufstandsbekämpfung" dienen können. Es wurde auch überlegt, Wirtschaftsanktionen einzuführen. Dazu gibt es unterschiedliche Stimmen. Ich weiß nicht, wie die Entwicklung weitergehen wird, ob man gegen bestimmte Firmen, die in Lukaschenkos Tasche arbeiten könnten, Sanktionen verhängt. Es gibt auch sehr unterschiedliche Ansichten in Bezug auf die Frage von Krediten. Es ist sehr schwer, hier ein endgültiges Urteil zu fällen. Es ist vor allen Dingen deshalb so schwer, weil umgekehrt die Russen alles tun, um Belarus jetzt an sich zu binden, aber natürlich auch wirtschaftlich auszubeuten, indem sie Teile von Firmen übernehmen, die guten Profit versprechen.

Die Behörden in Minsk haben mitgeteilt, dass sie ihre Klage auf Schließung der beiden unabhängigen regimekritischen Zeitungen Nascha Niwa und Narodnaja Wolja vor Gericht zurückgezogen haben. Ist das ein Signal an die EU?

Wir waren sehr schockiert von dem ständigen Druck gerade auf diese Zeitungen. Dass dadurch deren endgültige Schließung vermieden wird, kann durchaus ein Signal an die EU sein. Wenn dem so wäre, würde ich das sehr begrüßen. Es langt aber bei weitem noch nicht, um bei uns einen Stimmungsumschwung auszulösen. Es muss aufhören, dass die Leute verhaftet werden, die stille Proteste machen. Es müssen die politischen Gefangenen entlassen werden, die nach den Dezemberereignissen verurteilt worden sind. Es muss der Druck auf die Nichtregierungsorganisationen aufhören, insbesondere auf die Menschenrechtler.

Lukaschenko hat der EU vorgeschlagen, sie solle alle belarussischen Regimekritiker bei sich aufnehmen. Was kann man unternehmen, damit die politischen Gefangenen freikommen?

Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube, dass Lukaschenko mit diesem angeblichen Angebot eine Verhöhnung sowohl der EU und unserer Besorgnis um die Gefangenen vornehmen wollte, als auch eine Verhöhnung der Gefangenen – nach dem Motto: die EU will euch auch nicht haben. Das kann keine Lösung sein, weil es nämlich bedeutet, dass sich innerhalb des Landes überhaupt nichts verändert. Wir dürfen den Druck nicht wegnehmen, sondern müssen immer wieder darauf hinweisen, dass diese Gefangenen entlassen werden müssen.

Es wird viel darüber spekuliert, ob sich das Lukaschenko-Regime überhaupt noch halten kann. Was glauben Sie, wie lange bleibt Lukaschenko noch an der Macht?

Das ist die schwierigste Frage, die man überhaupt stellen kann. Ich glaube, solange Lukaschenko von Russland gestützt wird, wird es sehr, sehr schwierig sein. Solange die Repressionen gegen Menschen andauern, die auch nicht wissen, ob es ihnen nach einem Sturz Lukaschenkos besser gehen würde, weil sie nicht wissen, wer danach kommt, solange kann man diese Frage beim besten Willen nicht beantworten.

Das Interview führte Vladimir Dorokhov

Redaktion: Markian Ostaptschuk