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Die USA - das Alters-Paradies!

Ralf Hoogestraat31. März 2005

"Ältere Arbeiter dürfen ihren Arbeitgeber wegen Altersdiskriminierung verklagen.“ Das hat jetzt der Supreme Court, Amerikas Verfassungsgericht, entschieden. Dabei waren die Kläger gerade mal 40 Jahre alt.

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Ralf Hoogestraat

30 Polizisten aus Mississippi waren von ihrem Arbeitgeber für billigere, willigere und Jüngere aus dem Job gedrängt worden. Klarer Fall von Altersdiskriminierung, und das geht in den USA nicht. Diskriminierung wegen Rasse, Geschlecht und Religion ist in den USA seit 1964 per Gesetz verboten. Das Gesetz gegen Altersdiskriminierung kam 1967 dazu. Und über mehr oder weniger 40 Jahre haben diese Gesetze ganz wesentliche zur größeren Gleichberechtigung der Geschlechter, Rassen und Altersgruppen beigetragen.

Deutsche Politiker denken gerade zum ersten Mal darüber nach, solche Anti-Diskriminierungs-Gesetze auch in Deutschland einzuführen. Die Gegner dieser Gesetze in Deutschland führen als Argument immer gerne an, dass sie "amerikanische Verhältnisse“ verhindern wollen.

Gemeint sind da wohl schlagzeilenträchtige Fälle, in denen eine Sekretärin ihren Boss wegen eines anzüglichen Witzes auf Schmerzensgeld verklagt und auch bekommt. So was kommt vor, ist aber selten. Häufiger sind Frauen, die richtig Karriere machen und Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben und Religionen, die aufgrund der Bürgerrechts- und Antidiskriminierungs-Gesetze der USA, zumindest nicht offen diskriminiert werden können.

Senioren: Verpönt oder begehrt?

Und dann sind da die Alten in Amerika, die frech und unbekümmert auf Gleichberechtigung pochen. In Deutschland gilt es als ganz normal, wenn die Medien nur auf die unter 49jährigen schielen. Weil diese Altersgruppe angeblich viel Geld hat und das auch gerne ausgibt. Arbeitslose ab 40 gelten schon als schwer vermittelbar und ein großer öffentlich-rechtlicher Fernsehsender gibt ganz ungeniert die Devise aus, dass ab 40 niemand mehr fest angestellt werden darf. Redakteure werden von Redaktions-Konferenzen ausgeschlossen, weil sie mit 41 schon zu alt sind.

Und in Amerika? Die Alten sind schon längst als kaufkräftige Gruppe entdeckt worden. Zeitschriften, Fernsehsender und selbst Internetmedien umwerben Menschen jenseits der 50 und glauben nicht, dass man mit dem Rentenalter sofort zum senilen Idioten wird, der nicht mehr an neuen Autos oder Computern interessiert ist.

Der anhaltende Wirtschaftsboom Amerikas zwingt die Industrie sogar dazu, auf die Knie zu gehen und die Alten zu bitten, weiter zu arbeiten. Arbeitskräftemangel macht die Senioren zu heiß begehrten Mitarbeitern. Untersuchungen haben herausgefunden, dass Mitarbeiter jenseits der 65 sogar besser und effizienter arbeiten als die Jungen und sogar weniger oft krank sind.

Rüstig und flexibel

Die USA sind fast genauso lendenlahm wie Deutschland, was den Nachwuchs betrifft. Die Gesellschaft überaltert, Nachwuchs wird knapp. Also müssen Amerikas Alte einspringen. Die Buchladen-Kette Border’s lockte pensionierte Lehrer als Mitarbeit in ihre Läden. Pitney Bowes, ein Dienstleistungsunternehmen, zahlt Weiterbildungskurse am Computer und auch den Golfunterricht, wenn ein Pensionär für sie arbeitet. Der Handelsriese Wal-Mart schickt seine Anwerber sogar gezielt in die Altersheime.

Viele der rüstigen Alten kehren mit Freuden zumindest teilweise in den Arbeitsprozess zurück. Und sind dabei ziemlich flexibel. Zum Beispiel der 71jährige Ed Wright, der sein aufregendes Pensionärs-Leben kürzlich der New York Times schilderte. Im Winter arbeitet er als Elektriker beim Heimwerkermarkt Home Depot in Lake Wales im warmen Florida, im Sommer kehrt er dann ins heimatliche Ohio zurück und macht den gleichen Job bei Home Depot in Tullytown. Ed hat ganz offensichtlich nichts gegen Arbeit, er mag bloß den Winter nicht. Als Rentner kann er wie ein Zugvogel der Sonne folgen und sein Arbeitgeber findet das klasse.