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Die Ukraine und die NATO

27. März 2009

Eines Tages will die NATO Georgien und die Ukraine in ihr Bündnis aufnehmen. Doch es ist ein Versprechen für die ferne Zukunft. In der Ukraine ist noch nicht einmal sicher, ob die Bevölkerung überhaupt beitreten will.

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Der NATO-Generalsekretär schüttelt dem ukrainischen Präsidenten die Hand (Foto: NATO)
Im Frühjahr war der NATO-Generalsekretär in der Ukraine (Archivfoto: Juni 2008)Bild: NATO Media Library

Für den Politik-Studenten Dima, der im Park vor der Kiewer Uni ein Bier mit Freunden trinkt, ist klar, dass sein Land in die NATO gehört. "Sonst besteht das Risiko, dass wir zum alten System zurückkehren, das wir vor 20 Jahren hatten, dass wir wieder unter russischen Einfluss geraten", erklärt er.

Uni-Dozentin Mariovana Petrovna dagegen ist in der Sowjetunion aufgewachsen und findet es abwegig, dass sich die einstigen Bruder-Völker Ukraine und Russland, die Jahrhunderte lang enge Verbündete gewesen seien, als Gegner in gegensätzlichen Militär-Blöcken gegenüberstehen könnten. "In der Sowjetunion sind wir alle miteinander auskommen, genauso sollen wir heute als freie Staaten unser gemeinsames Haus in Ordnung halten."

Ein langsamer Weg in die NATO

Demonstranten mit roten Mützen und Fahnen (Foto: AP)
Die ukrainische Bevölkerung ist mehrheitlich gegen einen NATO-Beitritt (Archivfoto: Juni 2009)Bild: AP

Die Einstellungen der Ukrainer zur NATO sind erstaunlich stabil. Konstant sagen deutlich über 50 Prozent der Ukrainer "Nein" zur NATO. Die Zustimmung in der Bevölkerung müsse wachsen, bevor ernsthaft über eine Mitgliedschaft gesprochen werde, forderten die NATO-Mitgliedsstaaten im Frühjahr in Bukarest. Die Regierung in Kiew versprach daraufhin mehr Aufklärung. Doch nichts sei geschehen, meint Kyril Savin, Büroleiter der Heinrich-Böll-Stiftung in der Ukraine. Es gebe weder Informationskampagnen noch Pressearbeit. "Man müsste mit den Bürgern arbeiten und das können ukrainische Politiker sehr schwer."

Für das erlahmende Interesse der Politik sehen Beobachter zwei Gründe: Die Verantwortlichen in der Ukraine seien so mit ihren Macht-Kämpfen beschäftigt, dass für Sachfragen keine Zeit mehr bleibe. Außerdem sei deutlich geworden, dass die Nato derzeit nicht wirklich an einer Erweiterung interessiert sei. Sogar aus den USA heißt es seit dem Amtsantritt von Präsident Obama plötzlich, es liege noch ein langer Weg vor der Ukraine.

Uneinigkeit in der Bevölkerung und der Politik

Die Regierenden in der Ukraine müssen sich erst einmal selbst auf einen Kurs einigen. Das Pro-NATO-Lager ist klein. Neben dem immer unpopuläreren Präsidenten Viktor Juschtschenko argumentiert derzeit nur noch dessen Gefolgsmann, Verteidigungsminister Juri Jechanurow, offen für das Bündnis. "Es hat sich gezeigt, dass die Welt ein kollektives Sicherheitssystem braucht. Und für uns ist der NATO-Beitritt die Entscheidung für die Sicherheit der Ukraine", sagt er.

Die NATO-Flagge und die ukrainische Flagge (Foto: AP/DW)
Ein Beitritt ist anvisiert, der Zeitpunkt aber noch offenBild: AP/DW

Premierministerin Julia Timoschenko dagegen, die ihren Rivalen Juschtschenko im nächsten Jahr ablösen will, will sich nicht festlegen. Bei der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar 2009 sprach die Regierungschefin von Umständen, die den Schritt in die NATO derzeit nicht ermöglichten. Das sei einmal die innere Situation des Landes, denn ein Teil der Bevölkerung sei für, ein andere gegen einen NATO-Beitritt. "Aber es gibt auch wichtigere Fragen: Wie reagiert Russland darauf und wie wirkt sich das Streben der Ukraine und anderer Länder in die NATO auf die Partnerschaft zwischen Europa und Russland aus", erklärt Timoschenko weiter. Sie taktiert aus Rücksicht auf Russland und die russlandfreundlichen Wähler

Beitrittsziel verfehlt?

Außenpolitisch nähert sich Timoschenko immer mehr der Linie von Viktor Janukowitsch an, Chef der oppositionellen "Partei der Regionen" und ebenfalls ein Präsidentschaftskandidat: Er will von der NATO lieber nichts wissen.

So kommt das Ziel, der NATO beizutreten, im ukrainischen Wahlkampf- und Krisenjahr 2009 unter die Räder. Moskau kann gelassen zuschauen. So schnell scheint es seinen früheren Einflussbereich nicht zu verlieren.

Autor: Clemens Hoffmann

Redaktion: Julia Kuckelkorn