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"Die Transparenz der chinesischen Banken wird größer"

Das Gespräch führt Erning Zhu1. Juni 2006

Es ist der größte Börsengang seit sechs Jahren: Die Bank of China bietet 10,5 Prozent des Aktienkapitals zum Verkauf. DW-WORLD.DE sprach mit der Volkswirtin Yiu Kawai über Chancen und Risiken.

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Hauptsitz der Bank of China in PekingBild: AP

DW-WORLD: Die Aktienemission der Bank of China am Donnerstag (1.6.) in Hongkong soll fast zehn Milliarden US-Dollar einbringen…

Yiu Kawai: Die Resonanz auf die Börsengang ist sehr groß. Gleich am ersten Zeichnungstag gab es Schlangen, die Nachfrage war sehr groß. Insgesamt wurden 10,5 Prozent der Anteile an die Börse gebracht mit rund 26 Milliarden Aktien. Es wurde eigentlich nur fünf Prozent für die privaten Kleinanleger vorgesehen. Aber da jetzt die Nachfrage so groß war, wurde dieser Teil auf zehn Prozent ausgeweitet. Es wird wahrscheinlich noch von Mehrzuteilungsoptionen Gebrauch gemacht. Es würde noch zusätzlich drei Milliarden Dollar bringen. In diesem Fall würde Bank of China nach Schätzungen 11,3 Milliarden Dollar erzielen. Damit wäre es die viertgrößte Aktienemission in der Welt. Aber auch ohne Mehrzuteilungsoption ist es jetzt schon der größte Börsengang seit sechs Jahren. Generell gesehen, hat die große Nachfrage positive Auswirkung. Es wird spekuliert, dass Bank of China Ende Juni in Festland-China an die Börse gehen wird, was bislang nicht möglich war.

Weshalb ist der Andrang in Hongkong so groß?

Wenn man an die chinesischen Banken denkt, denkt man in der Regel sofort an "faule Kredite". Die Situation hat sich zwar verbessert, aber das gibt es immer noch. Bei den Kleinanlegern sehen die Analysten darin eher ein Massenverhalten, während die großen Institutionen eher dabei sein wollten, darunter auch ausländische Banken, die in die Bank of China investiert haben.

Welche Vorteile hat die Bank of China durch den Börsengang?

Die Zentralregierung hat stark darauf gedrängt, dass die Bank of China und andere staatliche Banken noch in diesem Jahr an die Börse gehen müssen. Nach WTO-Bestimmungen muss China ab Anfang 2007 seinen Bankensektor öffnen. Da aber Probleme wie faule Kredite bestehen, kann der Börsengang die Umstrukturierung fördern.

Können die Privatkunden der Bank of China vom Börsengang profitieren?

Der Bankensektor in China war vor fünf Jahren durch faule Kredite noch sehr unsicher. Viele kleine Banken gingen in den Konkurs. Der Börsengang ist für die Kunden nur von Vorteil, weil die damit verbundenen Bankenreformen und Umstrukturierungen die Banken sicherer machen - zum Beispiel wird die Transparenz der Banken größer, die Berichte und die Zahlen werden veröffentlicht, die Kredite werden überlegt vergeben. Aber man wird weiter beobachten können, dass Kredite weiter an Staatsunternehmen vergeben werden, ohne vorher eine Bonitätsanalyse zu erstellen. So etwas muss umstrukturiert werden.

Ausländische Banken haben sich auch an der Bank of China beteiligt. Was kommt auf sie zu?

Die Banken, die den Börsengang der Bank of China begleitet haben, wie UBS, haben sich vorher schon eingekauft. Es ist positiv für sie, da sie mitbestimmen können. Die Beteiligung an der Bank of China ist nach dem Börsengang auch positiv, weil sie mit der Beteiligung ihre Rechte bei bestimmten Geschäften wie Firmenkunden, Kreditkarten, Versicherung bereits abgesichert haben, damit mit einem Fuß schon im Markt. Das sind die so genannten "strategischen Partner".

Können ausländische Banken später mehr Geschäfte mit der Bank of China machen?

Ja. Ab 2007 können die ausländischen Banken Filialen in China eröffnen - wo sie auch wollen. Sie können auch in Geschäfte mit der Volkswährung Renminbi einsteigen. Bislang braucht man dafür Lizenzen, die nicht alle bekommen können. Außerdem kann eine ausländische Bank zurzeit in nicht mehr als zwei Banken in China investieren, die Beteiligungen sind auf 20 Prozent des Gesamtkapitals der Bank beschränkt. Insgesamt können nur 25 Prozent der Anteile an ausländischen Banken gelangen. Das heißt, im Moment ist die Beschränkung noch sehr groß. Durch die positiven Auswirkungen des Börsengangs hat man schon inoffizielle Anregungen gehört, dass weitere Lockerungen und Liberalisierungen im chinesischen Bankensektor nicht auszuschließen sind.

Würden Sie in der gegenwärtigen Situation zum Aktienkauf raten?

Wir können am Beispiel der China Construction Bank einiges sehen, die im vergangenen Jahr an die Börse gegangen ist. In der ersten Woche nach ihrem Börsengang war es ganz gemäßigt. Aber im Moment ist 30 Prozent bis 40 Prozent Kursgewinn zu verzeichnen. Man kann selbstverständlich die Story nicht zwangsläufig auf die Bank of China übertragen. Das Positive an der Bank of China ist, dass sie von Anfang an sehr international ist.

Yiu Kawai ist Volkswirtin und promoviert an der Universität Duisburg über die Reformen der chinesischen Banken.