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Die Toten Hosen räumen ab

Jürgen Brendel, Dagmar Dahmen22. März 2013

Beste Gruppe, bestes Album, Hit des Jahres: Die Toten Hosen waren der große Gewinner der diesjährigen ECHO-Verleihung. Die Geschichte der "Hosen" ist die Geschichte einer 30-jährigen Mega-Karriere.

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Die Toten Hosen (Foto: Carla Meurer)
Die Toten HosenBild: Carla Meurer

2012 war eigentlich nicht mehr zu toppen. Die Toten Hosen feierten 30-jähriges Bestehen, ihre Single "Tage wie diese" stand wochenlang auf Platz Eins der Charts, ihr Album ging auf Platz Zwei, und die dazu gehörige Tournee war komplett ausverkauft.

Mittlerweile haben die Toten Hosen für "Ballast der Republik" siebenfach Gold für mehr als 700.000 verkaufte Alben erreicht. Und auch die Fortsetzung ihrer "Der Krach der Republik"-Tour ab Mitte Mai ist jetzt schon so gut wie ausverkauft. Die 42.300 Tickets für ihr Düsseldorfer Konzert verkauften sich dabei innerhalb weniger Stunden.

Aber die "Hosen" wären nicht die "Hosen", wenn sie nicht noch einen drauf setzen könnten. Beim Musikpreis ECHO, der von der Deutschen Phono-Akademie ausgelobt wird, wurden sie als beste Band in der Kategorie "National Rock/Pop" ausgezeichnet. Zwei weitere ECHOs gab es für "Ballast der Republik" (Kategorie Album des Jahres) und für "Tage wie diese" (Hit des Jahres).

Die Toten Hosen mit ihren ECHOs (Foto: dpa)
Die Toten Hosen mit ihren ECHOsBild: picture-alliance/dpa

Einzigartige Karriere

Die Toten Hosen gehören zu Düsseldorf wie das Altbier und der Rhein. Das Quintett um den charismatischen Leadsänger Campino ist eines der wichtigsten Aushängeschilder der Stadt. Bei ihrem allerersten Konzert am 10. April 1982 hätten sich Campino, Kuddel, Vom, Andi und Breiti das sicherlich nicht träumen lassen.

Heute sind sie Plattenmillionäre, und sie gelten als Vorbilder für soziales und sportliches Engagement. Bei ihrer Jubiläumstour 2012 bewiesen die Toten Hosen mal wieder ihr Faible für ungewöhnliche Konzertorte. So treten sie gerne in den Wohnzimmern ihrer Fans auf, oder sie überraschen mit Gastauftritten im Gefängnis. Campino & Co. lassen sich diesen Spaß auch als gestandene Rockprofis nicht nehmen. Starallüren sind ihnen fremd - in ihrer Heimatstadt Düsseldorf sind sie bei Fußballspielen, Konzerten oder in der Kneipe um die Ecke präsent.

"Ihre Haltung ist immer noch Punkrock"

Musikkritiker Philipp Holstein erklärt sich das Phänomen "Die Toten Hosen" so: "Die Jungs sind sich eigentlich treu geblieben. Ihre Haltung ist immer noch Punkrock", sagt er. "Je länger ich in Düsseldorf bin, desto deutlicher merke ich, wie wichtig sie für diese Stadt, aber auch deutschlandweit sind."

Kein Wunder, denn die Toten Hosen beziehen Stellung. Sie sind für ihre klaren Botschaften bekannt, machen gegen Atomkraft oder Nazis mobil oder posieren nackt für eine Anti-Pelz-Kampagne. Ihre Reaktion auf die Nominierung der rechten Südtiroler Band Frei.Wild ist deutlich, aber eher moderat. Während die Band Kraftclub ihre Nominierung dankend zurückwies, heißt es im Statement der "Hosen": "Wir sollten unsere Augen nicht davor schließen, dass es viele Leute gibt, die Musik mögen und kaufen, die rechte Klischees bedient", und weiter: " Es ist allerdings bedauerlich, dass die Nebendarsteller Frei.Wild durch die ganze Diskussion plötzlich auf der großen Bühne stehen." Der Vorschlag der Toten Hosen ist es, eine Kategorie beim ECHO ins Leben zu rufen, die Künstler aufnimmt, die sich von der rechten Szene abgewendet haben.

Die deutsche Punkband "Die Toten Hosen" auf der Bühne (AP Photo/Martin Meissner)
Die Toten Hosen in AktionBild: AP

Durchbruch, Krise und die Sinnfrage

Musikalisch ist die Bilanz nach 30 Jahren Bandgeschichte beeindruckend. Den Durchbruch schaffen sie 1988 mit dem Album "Ein kleines bisschen Horrorschau" und dem Gassenhauer "Hier kommt Alex". Die einfachen Melodien und leicht verständlichen Texte kommen an. Mit Plattentiteln wie "Kauf mich!" und "Opium fürs Volk" stürmen sie in den nächsten Jahren regelmäßig die Charts. Die Düsseldorfer Band zieht alle Generationen in ihren Bann. Nicht selten gehen Eltern mit den Kindern gemeinsam zum Konzert. Einzigartig auch das Phänomen Argentinien, wo "die Hosen" seit 20 Jahren fast so beliebt sind wie in Deutschland. Und nicht nur, wenn sie "Guantanamera" anstimmen…

Das 1000. Konzert vor 15 Jahren bedeutete allerdings fast das Aus für die Punkrocker. Der Tod einer 16-Jährigen im Gedränge vor der Bühne sorgte bandintern für die größte Krise in ihrer Karriere. Doch die Band meisterte die Sinnfrage und machte weiter.

Untauglich fürs Altenteil

2007 haben sicherlich einige Fans den Atem angehalten. Den Toten Hosen wurde vom Radiosender 1Live die "Krone" für das Lebenswerk verliehen. Eine Auszeichnung fürs Lebenswerk - im Allgemeinen ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Zenit einer Karriere überschritten und der Zeitpunkt gekommen ist, sich auf das Altenteil zurückzuziehen. Nicht so die "Hosen". Im Moment führen die Düsseldorfer Punkrocker den handfesten Beweis, dass der Award absolut verfrüht verliehen wurde.

Campino (Foto: dpa)
"Hosen"-Frontmann CampinoBild: picture-alliance/dpa

Bei so vielen Highlights im Leben der Band ist selbst der charismatische Campino ein wenig sprachlos: "Ich muss schon zugeben, dass ungefähr 90 Prozent aller Erlebnisse in meinem Leben, die ich als geil oder super bezeichnen würde, mit den Toten Hosen zusammenhängen." Und es sieht zurzeit nicht danach aus, als strebten die Toten Hosen ihren Schlusspunkt an. Und wenn, dann ist das "Fortbestehen danach" auch bereits geregelt: Ein gemeinsames Grab ist auf einem Düsseldorfer Friedhof reserviert.