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Die Theorie und die Praxis

Peter Philipp29. März 2002

Zum Abschluss des Gipfels haben die Staaten der Arabischen Liga Israel "normale Beziehungen" angeboten - zu den Bedingungen, wie sie der saudische Kronprinz in seiner Friedensinitiative stellt. Peter Philipp kommentiert.

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Von Khartoum nach Beirut war es ein langer Weg: Im Herbst 1967 – nur Monate nach dem Sechstagekrieg – beschlossen die Staatschefs der Arabischen Liga in der sudanesischen Hauptstadt ihre drei Neins: Keine Anerkennung Israels, keine Verhandlungen mit Israel und kein Frieden mit Israel. In Beirut haben die Vertreter der Arabischen Liga nun 35 Jahre später zum erstenmal klar und deutlich eine Kehrtwende gemacht:

Wenn Israel die 1967 besetzten Gebiete aufgebe, ein palästinensischer Staat entstehe mit Ostjerusalem als Hauptstadt und wenn es eine „gerechte Lösung" für das Flüchtlingsproblem gebe, dann werde die Arabische Welt den Konflikt mit Israel „als beendet betrachten" und normale Beziehungen zu diesem Staat aufnehmen.

Die Arabische Liga übernahm damit die Vorschläge des saudischen Kronprinzen Abdullah auf der Grundlage der ebenso simplen wie grundlegenden Formel: „Land für Frieden". Die Ereignisse vor und während des Beiruter Gipfels zeigen, dass dieser Beschluss nicht so leicht gefallen war, wie man das nach so viel Jahren sinnlosen Konfliktes hätte annehmen können.

Denn da gibt es doch in der Arabischen Welt noch ausreichend Zweifel an der Richtigkeit dieser Vorschläge und es gibt noch genug Gruppen und Politiker, denen eine Aussöhnung mit Israel weiterhin widerstrebt. Und es gibt Bedenken, dass die arabischen Staaten letztlich selbst die Rechnung bezahlen müssen für ein Entgegenkommen gegenüber Israel.

Wie die Libanesen sich auch schon der noch unausgesprochenen Idee widersetzten, palästinensische Flüchtlinge könnten vielleicht für immer in ihren heutigen Gastländern bleiben. Man will die Flüchtlinge nicht; nicht im Libanon und nicht anderswo.

Sie haben als politisches Druckmittel weitgehend ausgedient und sie sollen in ihre Heimat zurückkehren. Wobei allerdings klar sein dürfte, dass dies für die meisten von ihnen nur der geplante palästinensische Staat sein wird und nicht Israel. Sonst hätte man das bisher eingeforderte „Rückkehrrecht" in Beirut nicht plötzlich mit „gerechter Lösung" umschrieben.

Nun liegt das arabische Angebot auf dem Tisch und Israel wird reagieren müssen. Die Forderung nach Aufgabe aller seit 1967 besetzten Gebiete hat bisher bei keiner israelischen Regierung Zustimmung gefunden, auch nicht die – wenn auch nur verwaltungsmäßige – Aufteilung Jerusalems. Und die Regierung Scharon ist solchen Ideen noch ferner als alle anderen.

Aber alle Israelis wissen doch auch schon seit langem, dass man darum nicht wird herum kommen können. Man weiß längst, wie die Koordinaten eines Friedens aussehen, nämlich so, wie in Beirut ausgesprochen. Was man bisher nicht wußte: Wie man dieses Ziel erreichen könnte.

Nach anderthalb Jahren von Gewalt und Gegengewalt und vor dem Hintergrund des jüngsten schweren Anschlages in Natanya dürfte die Bereitschaft der israelischen Führung noch geringer als bisher sein, sich auf Vorschläge wie die von Beirut einzulassen. Aber auch Scharon müsste inzwischen dämmern, dass es nicht weiter gehen kann wie bisher und dass er mit Gewalt keinen Frieden erzwingen kann. Wie auch die Palästinenser einsehen sollten, dass sie Israel nicht mit Gewalt um Rückzug zwingen können.

Der einzige Weg führt über Konzessionen und Verhandlungen. Und Beirut hat einen Weg dahin gezeigt. Sicher: Ein Weg, der vielen auf beiden Seiten nicht gefallen dürfte, der aber doch der einzige Weg aus dem jetzigen Desaster sein dürfte.