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Internationale Zeitungen hoffen auf demokratischen Wandel im Nahen Osten

28. Januar 2011

Seit vier Tagen gehen die Ägypter auf die Straßen und fordern ein Ende der Diktatur. Über die Bedeutung eines demokratischen Wandels und den Weg dorthin, macht sich die internationale Presse ihre Gedanken.

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Bild: DW

Für die rechtsliberale dänische Zeitung "Jyllands-Posten" aus Aarhus ist es jetzt an der Zeit, in den arabischen Ländern einen demokratischen Wandel nach all den Jahren der Diktatur einzuleiten:

"In der arabischen Region mit 350 Millionen Menschen sind 60 Prozent der Bevölkerung jünger als 25. Sie sind frustriert und zornig über ihre autoritären Regime, die keine Reformen wollen. Die keine Jobs schaffen und die Kluft zwischen Armen und Reichen täglich größer werden lassen. Die Menschen wollen Demokratie und soziale Gerechtigkeit. Sie wollen Korruption und brutale Behörden nicht länger tolerieren, nachdem sie jahrzehntelang mit derartigen Regimes leben mussten. (...) Die Tage der Tyrannei in Nahost sind gezählt. Diese Botschaft geht auch an die westlichen Länder, die die autoritären Regierungen gestützt haben. Viel zu lange haben die USA und Europa geglaubt, dass die einzige Alternative zu den brutalen Regimen islamistischer Terror ist."

Die in Madrid erscheinende linkliberale Zeitung "El Pais" gibt ganz klar Hosni Mubarak die Schuld an der Misere, in der sich das Land momentan befinde:

"Ägypten steht in Flammen. Das Land ist nicht mit Tunesien vergleichbar. Mit seinen 80 Millionen Einwohnern ist Ägypten der bevölkerungsreichste und einflussreichste Staat der Region. Die USA sind in Sorge, denn Kairo ist einer der wichtigsten Verbündeten Washingtons im Nahen Osten. Präsident Husni Mubarak hat alles getan, sich an den Rand des Abgrunds zu manövrieren. Er will seinen Sohn zum Nachfolger machen, er hat reihenweise die Wahlen gefälscht, sich ein Parlament von Ja-Sagern zugelegt und die Opposition mundtot gemacht. Ägypten braucht sofortige demokratische Reformen. Diese sollten mit einer geordneten Ablösung Mubaraks beginnen."

Wesentlich besorgter über die jüngsten Entwicklungen in Ägypten scheint die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zu sein. Sie beschäftigt sich Sonderrolle Ägyptens im Nahen Osten:

"Es ist das bevölkerungsreichste Land der arabischen Welt und ein wichtiger Mittler im Nahost-Konflikt. Es lebt in einem 'kalten Frieden' mit Israel, was Mubarak stets amerikanische Unterstützung gesichert hat, und es hat Einfluss auf die Palästinenser. Würde Ägypten in einem revolutionären Strudel versinken, fiele ein wesentlicher Akteur im nahöstlichen Friedensprozess für geraume Zeit aus. Überdies gibt es in Ägypten im Unterschied zu Tunesien eine starke islamistische Bewegung, die von Mubaraks Regime unterdrückten Muslimbrüder. Über den Grad ihrer Radikalisierung gibt es unterschiedliche Ansichten. Bekannt ist jedoch, dass Ägypter in der Führung von Al Qaida stark vertreten sind; ihr Chefideologe al Zawahiri ist ein in Ägypten geborener Arzt."

Ähnlich argumentiert die "Los Angeles Times" und analysiert anschließend die Einflussmöglichkeiten der USA auf das Regime Mubarak:

"Als Alliierter und Unterstützer haben die USA dem heute 82-jährigen Mubarak vor 30 Jahren an die Macht verholfen, und sie haben nun die besondere Aufgabe, ihm die Bedeutung von Demokratie nahezulegen. (...) Die Frage ist, mit welchem Nachdruck die USA ihren Ratschlag an den Mann bringen. Ägypten ist ein wichtiges Beispiel für das Spannungsfeld, in dem amerikanische Politiker zwischen der Unterstützung von Demokratie und der Verfolgung strategischer Interessen entscheiden müssen. Ägypten ist ein strategischer Partner der USA in einer Region, in der Anti-Amerikanismus weit verbreitet ist. Die Unterzeichnung eines Friedensabkommens mit Israel unter Ägyptens damaligem Präsident Anwar Sadat verhinderte einen größeren arabisch-israelischen Krieg in der Region. Auch unter Mubarak spielt Ägypten eine wichtige Mittlerrolle im Friedensprozess zwischen Palästinensern und Israelis."

Wie ein demokratischer Wandel aussehen kann und sich der Westen dazu verhalten sollte, darin sieht die französische Zeitung "Le Monde" aus Paris die Herausforderung in naher Zukunft:

"Der Westen möchte nicht auf der falschen Seite der gesellschaftlichen Proteste stehen, die im spektakulären Gegensatz stehen zu der jahrzehntelangen Unterstützung für die arabischen Regime an der Macht. Und zweitens besteht die Furcht, dass nach dem anfänglich positiven demokratischen Aufstand das Gespenst aufstrebender Islamisten auftaucht, mit unvorhersehbarer Gewalt und Destabilisierung. Das Problem besteht jetzt darin, einen sinnvollen und akzeptablen Standpunkt zu finden für eine arabische Öffentlichkeit, die durch die Politik des Westens in vielfacher Hinsicht in diesen letzten Jahren zur Verzweiflung gebracht wurde. Die USA haben schneller als Frankreich die richtigen Worte gefunden und den Mut der Tunesier und ihren Durst nach Demokratie gelobt."

Zusammengestellt von Nader Alsarras

Redaktion: Stephanie Gebert