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Die Stunde der Witzbolde

28. März 2002

Bereits seit Jahrhunderten werden Leute "in den April geschickt", und das nicht nur im deutschsprachigen Raum.

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Früher schickte man unbedarfte Lehrlinge am 1. April in die Geschäfte, um Mückenfett, Kieselsteinöl oder Nebeltrenner einzukaufen. Sobald sie aus der Tür heraus waren, lachte sich der Lehrherr ins Fäustchen.

Die Angelsachsen feiern den "April Fool's Day", in Frankreich und Italien wird der Gefoppte als Aprilfisch bezeichnet und auch in Schweden, Litauen und Portugal tun sich die Witzbolde hervor. Doch warum dies so ist, weiß keiner so genau.

Warum am 1. April?

"Eine genaue Erklärung gibt es in der Forschung nicht, das ist wohl ungeklärt", sagt der Münchner Volkskundler Dietz-Rüdiger Moser. Unter den zahlreichen Erklärungsversuchen gebe es nur einen, der stichhaltig sei und von einem "Börsenkrach" des 16. Jahrhunderts ausgehe: Auf dem Reichstag zu Augsburg 1530, auf dem die protestantischen Fürsten Kaiser Karl V. ihr Glaubensbekenntnis überreichten, sollte neben dem Religionsstreit auch das Münzwesen
geregelt werden.

Der Reichstag fand jedoch nicht die nötige Zeit, so dass für den 1. April 1530 ein besonderer Münztag ausgeschrieben wurde, der das Ziel zahlreicher und großartiger Gewinnpläne wurde.

Als dann aber der 1. April endlich kam, wurde der verheißene Münztag doch nicht abgehalten, und es kam zu einer finanziellen Krise. Die Mehrzahl der Spekulanten, die dadurch ihr Geld verloren, wurden auch noch als "angeführte Narren" ausgelacht. Sie waren "in den April geschickt" worden.

"Die Redensart selbst begegnet uns zuerst 1618 in Bayern, ist also vergleichsweise jung und deshalb durchaus auf den zuvor geschilderten Sachverhalt zurückführbar", erklärt Moser.

Daneben gibt es zahlreiche weitere Deutungsversuche. So wird etwa das typisch wechselhafte Aprilwetter als Erklärung herangezogen. Auch das Herumschicken Jesus' "von Pontius zu Pilatus", das am 1. April stattgefunden haben soll, muss als Deutungsversuch für "in den April schicken" herhalten. In Zusammenhang gebracht wird der 1. April auch mit dem römischen Narrenfest - den Quirinalia - und dem alten indischen Hulifest - auch in Indien kennt man den Brauch des Aprilscherzes.

Aber auch weitere christliche Hintergründe werden für Erklärungsversuche herangezogen: Der 1. April gilt als der Geburts- oder Todestag des Judas' und als der Tag des Engelssturzes und des Einzugs Luzifers in die Hölle - also als Unglückstag, an dem man sich generell in Acht nehmen müsse. Und schließlich wird der 1. April auch als Rest eines Frühlingsbrauches gedeutet, der in Zusammenhang mit den Fastnachtsbräuchen stehen könnte.

Zeitungsenten als moderner Aprilscherz

Ursprünglich vergnügten sich am ersten Tag des Aprils Erwachsene auf Kosten ihrer Kinder und Herren oder Meister auf Kosten ihrer Untergebenen. So sollten diese unsinnige Dinge erledigen oder besorgen, etwa gedörrten Schnee aus der Apotheke holen oder einen Windsack ins Nachbardorf tragen.

Heutzutage versucht jeder jeden in den April zu schicken, vor allem Kinder freuen sich, wenn sie anderen einen Zettel auf den Rücken heften oder die Kleider beschmieren können, ohne dass diese es merken.

Kultiviert wird der Aprilscherz seit Jahren in den Medien. Am 1. April häufen sich die unglaublichen Meldungen in Zeitungen und Rundfunk, auf die aber doch immer wieder viele hereinfallen. So stellte das Internetunternehmen JokeWeb.com in Toronto vor zwei Jahren eine Nachricht ins Netz, die hunderte Autofahrer glauben ließ, sie erhielten kostenlos Benzin, wenn sie ein bestimmtes Formular ausfüllten.

Der Scherz ging für das Unternehmen nach hinten los, als es später eine zweite Presseerklärung veröffentlichte, mit der es klarstellte, dass es sich um einen Aprilscherz handelte. Das Unternehmen werde jedoch allen, die das Formular ausfüllten, ab Mai sechs Monate lang Benzin im Wert von 50 US-Dollar bezahlen. Zum Pech für das Unternehmen füllten mehrere hundert Personen das Formular aus.

Da ist es vielleicht für manchen besser, dass in diesem Jahr der 1. April auf den Ostermontag fällt und somit keine Zeitungen Scherzmeldungen mit ungeahnten Folgen veröffentlichen können. (dpa/kas)