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Die Struktur der DNA-Doppelhelix wurde entdeckt. Wie hat sich dadurch die Wissenschaft verändert?

5. Mai 2014

Vor 60 Jahren wurden die Grundlagen für die moderne Erbgut-Forschung gelegt: Die Struktur der DNA-Doppelhelix wurde entdeckt. Wie hat sich dadurch die Wissenschaft verändert? Dazu ein Gespräch mit Dr. Thomas von Rintelen, Museum für Naturkunde, Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung, Berlin

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DW:
Herr von Rintelen, die Forschung an DNA ist eigentlich erst möglich gemacht worden, weil man vor 60 Jahren die Doppelhelixstruktur der DNA entdeckt hat. Watson und Crick waren das. Ist man mit dieser Entdeckung dem Geheimnis des Lebens näher gekommen?


Thomas von Rintelen:
Näher gekommen ist man natürlich schon. Die Entdeckung hat die Vorrausetzungen dafür geschaffen, dass wir all die schönen Dinge machen können, die wir heute machen. Wir haben Methoden entwickelt, die Ende der 90er Jahre auch den normalen Biologen an Universitäten, Museen neue Möglichkeit eröffnet hat, DNA-Forschungen zu betreiben. Beispielsweise bei uns im Naturkundemuseum, Stammbäume zu erstellen von Tieren, Pflanzen und damit zu verstehen, wie bestimmte Evolutionssschritte auf genetischer Ebene funktionieren. Und dadurch neue Einsichten zu gewinnen.

Das wahre Geheimnis des Lebens konnte man damit so einfach nicht knacken, oder?

Man ist ja immer noch ein Stückchen vom wahren Geheimnis des Lebens entfernt. Wir können zwar inzwischen ganze Genome sequenzieren, wir können menschliche Genome für 1000 Euro oder US-Dollar sequenzieren. Da haben wir eine ganze Menge Daten, aber das sagt uns nicht unbedingt sehr viel. Man muss dann sehr aufwändig analysieren und man weiß einfach noch zu wenig, was bestimmte genetische Information eigentlich bedeutet für unser Aussehen, für unsere Lebensgeschichte. Da ist noch sehr viel Arbeit von Nöten.

Sie erforschen die Entwicklung von Arten überwiegend mithilfe von Schnecken. Wie wichtig ist denn da die DNA-Analyse?

Die DNA-Analyse ist auch - wie in fast allen Bereichen der Evolutionsforschung - eine Standartmethode, die man einfach braucht, um auf bestimmten Ebenen Aussagen treffen zu können. Wir fangen grundsätzlich damit an, dass wir erstmal wissen wollen: wie sind Arten miteinander verwandt, wie sehen die nächsten Verwandten aus, wo kommen sie vor? Und darauf aufbauend können wir uns die Merkmale anschauen, die uns wirklich interessieren. Wir sehen ja nicht die DNA primär, sondern wir sehen ja wie ein Tier, eine Pflanze aussieht. Sie hat bestimmte Eigenschaften, lebt in einer bestimmten Umwelt. Und wir wollen ja verstehen wie es gekommen ist, dass diese Tiere, diese Pflanzen, die dort leben, so angepasst sind, dass sich Arten aufgespalten haben. Und wir eben eine Art haben - um bei diesen Schnecken zu bleiben - die auf Holz lebt, eine vielleicht nur auf Felsen und dafür brauchen wir die DNA letztendlich.

... um am Ende auch unterscheiden zu können: ist es wirklich eine neue Art, die Sie da gefunden haben?

Ja, das macht man natürlich auch mit DNA. Das ist dann für die Biodiversitätsforschung auch ein Standart-Tool heutzutage. Es gibt ja das sogenannte DNA-Barcoding, was helfen soll, schneller Arten zu identifizieren, sodass man nicht mehr den Spezialisten, den sogenannten Borstenzähler braucht, der dann gerade bei Insekten mit der riesigen Artenvielfalt wirklich der einzige ist, der Arten erkennen kann. Man kann es aber auch über die DNA-Sequenz machen.

Jetzt hat man es ja geschafft von bestimmten Tieren, die schon längst ausgestorben sind, wie z.B. dem Mammut auch Teile der DNA zu retten. Glauben Sie, damit haben wir eine Chance, diese Tiere wieder zum Leben zu erwecken?

Ich würde es nicht ausschließen. Es wird ja auch versucht - nicht das Mammut, sondern auch verschiedene andere Tierarten wieder auferstehen zu lassen. Aber das ist natürlich nicht ganz einfach. Beim Mammut sind die Vorrausetzungen besonders gut. Die Tiere sind ja praktisch in die Tiefkühltruhe hineingefallen. Und wir haben sehr gute DNA vorliegen. Aber trotzdem sind die technischen Hürden, um die DNA, die man dann vielleicht vorliegen hat, die noch mehr oder weniger intakt ist, als Mammut auferstehen zu lassen. Das muss ja über den Elefanten gehen. Man muss eine Elefantenzelle verwenden und hoffen, dass sie kompatibel ist. Es ist ein enormer technischer Aufwand, der mit hohen Risiken behaftet ist.

Für wie sinnvoll halten Sie das denn? Gerade wenn man bedenkt, dass jeden Tag ja Dutzende von Arten aussterben.

Ich finde es natürlich einerseits interessant, spannend. Andererseits denke ich mir, dass die Priorität wirklich dort liegen sollte, Lebensräume zu schützen, die Arten, die wir jetzt auf der Erde haben, zu erhalten. Zumal es ja um wirklich wenige ikonische Arten geht, die man eigentlich erwecken möchte. Aber die Mehrzahl der Arten sind kleine Arten, Insekten und sonstiges. Es fällt keinem auf, dass sie weg sind, erstmal. Aber wir wissen ja nicht, ob sie vielleicht benötigt werden, um das Ökosystem aufrecht zu erhalten.

(Interview: Ingolf Baur)