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Die Rückkehr der Inder

3. August 2009

Acht Jahre - von 1971 bis 1979 - dauerte Idi Amins Schreckensherrschaft in Uganda. Fast eine halbe Million Menschen sollen in dieser Zeit brutal ermordet worden sein. Viele weitere wurden aus dem Land vertrieben.

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Haus in Uganda mit indischem Namen (Foto: DW/Esselborn)
Spuren der Vergangenheit - Ein ugandisches Haus mit indischem NamenBild: Priya Esselborn

Immer wieder hatte der ugandische Diktator Amin gepredigt, dass Afrika den Afrikanern gehöre und Uganda den Ugandern. Nicht den Briten, den ehemaligen Kolonialherren oder den Indern und Asiaten, die sich schon Jahrzehnte zuvor in Uganda angesiedelt hatten. Damit sprach Amin vielen aus der Seele. Am 4. August 1972 kam Amins Aufruf, die Asiaten müssten das Land verlassen.

Mit Schaudern erinnert sich der heute 77-Jährige Inder Mahendra Mehta an den Tag, an dem er des Landes verwiesen wurde. "Das war der Beginn eines neuen Lebens für mich. Ich musste bei Null anfangen. Und irgendwie versuchen, Uganda zu vergessen, Das Land, das für für so viele Jahre meine Heimat und mein Zuhause war."

Zurück zu den Wurzeln

Mahendra Mehta und seine Frau vor ihrem Anwesen in Lugazi
Mahendra Mehta und seine Frau vor ihrem Anwesen in UgandaBild: Priya Esselborn

Mehtas Familie war Anfang des 20. Jahrhunderts aus Indien nach Uganda eingewandert. Mehta war in Uganda geboren worden, aufgewachsen, und hatte ein Vermögen in der Zuckerindustrie gemacht. Ausgesaugt habe er Uganda, so Amins Ansicht. Und nicht nur Mehta, auch die anderen etwa 90.000 Inder und Asiaten, die zu der Zeit in Uganda lebten. Mehta, der als Ugander sogar Parlamentsabgeordneter war, beugt sich aus Angst um seine Frau und die beiden kleinen Kinder dem Willen Amins. Fotos und ein paar Erinnerungsstücke, Schmuck, die von seiner Frau so geliebten Schallplatten - ein letztes Überbleibsel seiner Identität. Mehr passt nicht in die beiden Koffer, die er mitnehmen darf. Er geht mit dem, was er am Leib trägt. Der reiche Industrielle Mehta flieht als Flüchtling nach Kanada. "Mir ging es nicht gut in Kanada. Die Kultur war so anders, dann das Wetter, die Menschen. Ich war eben doch zu sehr Afrikaner", sagt er.

Kurz nach dem Sturz Amins 1980 zieht es Mehta zurück zu seinen Wurzeln, nach Uganda. 350 Millionen Dollar sind seine Firmen heute wert. Ob Zucker, Zement, Blumenzucht, Verpackunsmittelindustrie oder Unternehmensberatung - Mehta setzt auf Vielfalt. Wie die meisten Inder, sagt Maggi Kigozi, die Vorsitzende der Investitionsbehörde in Uganda. "Die Inder sind eben sehr vielfältig. Wenn sich ihnen eine Chance biete, dann ergreifen sie diese auch. Und dabei ist es völlig egal, ob sie in Sektoren tätig sind, die vielleicht gar nichts miteinander zu tun haben. Im Moment interessieren sie sich für die Bereiche Energie, Solar und Wasserenergie vor allem, Biogas, aber auch die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte."

Der heutige Präsident Yoweri Kaguta Museveni wird nicht müde zu erwähnen, was die Inder für Uganda getan haben. In dem noch immer weitestgehend landwirtschaftlich organisierten Land hätten sie damals wie heute Industrien aufgebaut, neue Techniken eingeführt und die einheimische Bevölkerung ausgebildet. Museveni lädt die Inder ein, zurückzukommen. Doch nur wenige, so wie Mahendra Mehta folgen diesem Aufruf. Sie haben Angst und sind misstrauisch. Fast 90 Prozent der Inder, die heute in Uganda leben, gehören zur ersten Generation.

Indischer Tempel in Uganda (Foto: Priya Esselborn)
Ein Priester und seine Helferinnen bereiten die Abendandacht im hinudistischen Vishwakarma Tempel in Jinja vorBild: Priya Esselborn

Asiaten unter sich

Derzeit leben etwa 15.000 Inder, 2000 Pakistaner und einige Hundert Menschen aus Sri Lanka, Nepal und Bangladesch in Uganda, ein Viertel der südasiatischen Bevölkerung Ugandas zu Zeiten Amins. Am Wochenende trifft man sich im hinduistischen Tempel, in den Moscheen, betet gemeinsam und verbringt den Tag miteinander. Das, was Amin als Legitimation für die Ausweisung der Inder und Asiaten nutzte, ist so heute Realität geworden.

Viele Inder sehen Uganda als ein Land, in dem sie ein paar Jahre leben werden, um Geld zu verdienen. Irgendwann gehen sie aber wieder in ihre Heimat zurück. Interkulturelle Ehen sind ein Unding. Zu Zeiten Amins war das anders. Viele der Inder waren mit den Briten in das damalige Britisch-Ostafrika Ende des 19. Jahrhunderts nach Uganda gekommen, hatten die Sprache erlernt, sich als Ugander gefühlt und sich keineswegs isoliert.

Langsame Annäherung

Vor allem Zeit brauche das Einander-Näherkommen, betont Nimisha Madhvani. Sie ist selbst indischer Herkunft und Botschafterin Ugandas für Indien und die Nachbarländer. Daher sieht sie sich als Mittlerin zwischen den Kulturen. "Jeder hat doch etwas ganz Besonderes anzubieten. Auch in Uganda gibt es soviele unterschiedliche Stämme. Man muss sich Uganda wie einen riesigen Schmelztiegel vorstellen. Und wir alle profitieren doch durch den Austausch der Sprachen, unserer Musik, der Tänze, des Essens, und des Wissens."

Amin sei Vergangenheit, betont Nimisha Madhvani energisch. Und diese Art von Geschichte werde sich nicht wiederholen in Uganda. "Und doch", sagt sie nachdenklich, "muss die Vergangenheit erst gründlich aufgearbeitet werden, für eine bessere Zukunft."

Autorin: Priya Esselborn
Redaktion: Christine Harjes