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Die Parität naht

Thomas Kirschning27. Juni 2002

Der Euro testet die Parität zum Dollar. Auch wenn dies lediglich tagesaktuelle Bewegungen sind: Thomas Kirschning meint, hier deutet sich ein ebenso langfristiger wie unschädlicher Außenwert an.

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Immer noch hält der Ärger über gestiegene Preise im Zuge der Einführung des Euro-Bargeldes an. Noch lange werden wir die Auszeichnung einer Ware in Euro zunächst im Kopf in D-Mark umrechnen, ehe wir glauben, beurteilen zu können, ob die Sache ihren Preis auch wirklich wert ist. Weiterhin fällt das Kramen nach passendem Kleingeld schwer, weil die Münzen so anders sind. Und dann rutschte der Wert des Euro gegen den US-amerikanischen Dollar zunächst monatelang nach unten. Der Euro - eine Erfolgsgeschichte?!

Ja: Die individuelle Mühe der Umstellung auf das neue Geld ist der Preis für die gesellschaftliche Stabilität innerhalb der Euro-Zone, die vergleichsweise geringe Gebühr für ein Zusammenwachsen Europas, das noch vor wenigen Jahren unvorstellbar schien - vor allem mit Blick auf die künftigen EU-Mitglieder in Mittel-Osteuropa.

Zweitens: Die ansonsten bedauerlich schwache Binnennachfrage in Deutschland weist auf die Macht der Verbraucher hin. Wenn wir der Meinung sind, etwas sei zu teuer geworden, dann weichen wir auf günstigere Anbieter aus oder üben gleich Konsumverzicht. Die Umsatz-Statistiken von Gastronomie und Einzelhandel belegen das. Was also Konjunkturoptimisten das Leben schwer macht, bringt auf Dauer die Preise wieder auf Normalmaß.

Drittens: Seitdem die Menschen hier wie anderswo das Euro-Bargeld in den Händen halten können, er also keine 'virtuelle' Umrechnungseinheit mehr ist, erholt sich auch dessen Außenwert. Seit Anfang des Jahres hat die US-Devise gegenüber der europäischen acht Prozent an Wert verloren. In Moskauer Wechselstuben wurde der Euro jetzt sogar zwischenzeitlich höher gehandelt als der Dollar.

Ein Blick auf die Wechselkurse zu anderen Währungen der Welt zeigt allerdings, dass man schon seit Wochen nicht von einer Stärke der europäischen Währung sprechen kann, sondern von einer Schwäche des Dollars. Die US-Konjunktur kommt nicht recht in Fahrt - jedenfalls nicht so rasch, wie es die berühmten Analysten erwartet hatte. Den Dollar drücken auch kommen die Angst vor weiteren Terroranschlägen und die ungelösten Konflikte im Nahen Osten sowie zwischen Pakistan und Indien. Und als am Mittwoch dann ein weiterer milliardenschwerer Bilanz-Skandal in den USA die Börsen rund um den Globus erschütterte, wurde einmal mehr rasch von Dollar in Euro umgeschichtet.

Im Grunde aber handelt es sich um die Beendigung eines rund drei Jahren währenden Höhenflug des Dollars. Der hat dazu beigetragen, daß deutsche Exporte im Dollar-Raum relativ günstig zu bekommen waren. Ein steigender Euro, mithin auch eine dauerhafte Euro-Dollar-Parität, sei Ursache für nachlassende deutsche Export-Erfolge, warnt jetzt der Chef des Internationalen Währungsfonds, Horst Köhler.

Dem ist entgegenzuhalten, daß sich die großen deutschen Exporteure mit Dollar-Kunden längst über Termingeschäfte auf eine Währungsparität hin abgesichert haben. Zudem: Ein stärkerer Euro dämpft die Inflation hierzulande. Denn steigende Weltmarktpreise etwa für Öl und Gas können besser kompensiert werden. Das wird die Europäische Zentralbank dazu bewegen, die Zinsen niedrig zu halten. Dies wiederum verbilligt hierzulande Investitionen und ist gut für das Wachstum.

Auch wenn der Kurs des Euro in naher Zukunft noch unter der Dollar-Marke bleibt: Mittel- und langfristig haben sich Lieferanten und Abnehmer auf Parität eingestellt. Die Devisenmärkte werden folgen, bliebe man der Auffassung, dass die Waren-Märkte letztlich die wahren Märkte sind, auf denen sich Preise bilden.