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"Die Notwendigkeit von Neuwahlen ist in der Ukraine erkannt"

2. August 2007

Vor kurzem hat die Vorsitzende der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag, Bärbel Kofler, die Ukraine besucht. Im Gespräch mit DW-RADIO/Ukrainisch berichtet sie von ihren Eindrücken.

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Bild: DW

DW-RADIO/Ukrainisch: Ist die politische Krise in der Ukraine mit den für den 30. September geplanten vorgezogenen Parlamentswahlen überwunden?

Bärbel Kofler: Die politischen Eliten sind momentan aus der Krise herausgekommen, sich selbst wechselseitig zu blockieren. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Wahlen stattfinden werden und die Notwendigkeit dieser Wahlen erkannt ist.

Haben die Politiker irgendwelche Schlüsse aus der jetzigen Lage gezogen?

Das ist die entscheidende Frage. Ich habe auch allen Gesprächspartnern von allen Parteien diese Frage gestellt, wie sie sich nach den Wahlen aufstellen, miteinander umgehen wollen. Mein Eindruck ist, dass erkannt worden ist, dass das ein echtes Problem ist, dieses "sehr schnell eigene Vorteile suchen" und aus dem politischen Kalkül heraus eine Krise auszulösen. Ich hoffe sehr, dass sich das nach den Wahlen nachhaltig verbessert, aber ich könnte es nicht hundertprozentig nach den Gesprächen, die ich hatte, beschwören. Ich glaube aber, dass das genau der Lernprozess ist, den die verschiedenen Parteien und Vertreter in der Ukraine durchmachen müssen.

In der Ukraine wurde darüber diskutiert, ob die EU nicht eine klarere Haltung während der politischen Krise hätte einnehmen sollen. Was meinen Sie?

Ich glaube, dass sowohl die Europäische Union als auch Berlin hohes Interesse an dem Leben und der Politik in der Ukraine haben. Ich denke aber auch, dass es wichtig ist, dass ein Land mit seinen 16 Jahren Demokratieerfahrung, mit seinem Werdegang hin zur Demokratie, auch selbst mit eigenen Umgehensweisen lernt, Krisen zu bewältigen. Was Europa und was auch Berlin sicher tut, ist freundschaftliche Hilfestellung zu leisten und anzumahnen, dass es auch eine gewisse Verantwortung der politischen Eliten für das Geschehen in der Ukraine gibt. Es geht nicht darum, Partei für eine der wahlkämpfenden Seiten zu ergreifen, sondern es kommt darauf an, demokratische Spielregeln zu verdeutlichen.

Das größte Problem bei der praktischen Zusammenarbeit zwischen der Ukraine und der EU ist für viele Ukrainer, ein Schengen-Visum zu erhalten. Diesbezüglich gibt es viele Beschwerden.

Ich verfolge dieses Problem natürlich, weil ich, wie viele andere auch, für eine offene Gesellschaft und ein offenes Europa plädiere. Ich war auch bei der Konsularabteilung der deutschen Botschaft und habe den einen oder anderen Problemfall und Schwierigkeiten angesprochen. Ich habe mir aktuelle Zahlen geben lassen. Ungefähr 90 Prozent der Visumsanträge wird stattgegeben. Ich denke, das ist eine Zahl, die man in diesem Zusammenhang mal sagen muss. Es ist sicher sehr schwierig, gerade für Menschen aus der Provinz, die eine lange Anreise nach Kiew haben, teilweise mit Übernachtungskosten und auch den durchaus schwierigen Anforderungen an Unterlagen, die man beibringen muss, um ein Visum zu bekommen. Ich bin guten Mutes, dass sich hier einige praktikablere Erleichterungen in der Zukunft ergeben, die nicht die Sicherheit der Visumskontrolle schwächen, aber es für die Menschen einfacher machen, ein Visum zu bekommen. Das ist ein wichtiges Ziel. Das ist auch ein Ziel, das die deutsche Botschaft in Kiew formuliert hat. Ich verfolge das natürlich, weil ich ein Interesse daran habe, dass gerade jungen Menschen die Möglichkeit eröffnet wird, Europa kennen zu lernen, Austausch auf beiden Seiten ermöglicht und gestützt wird. Jugendaustausch, sowohl von Deutschen in die Ukraine wie auch von jungen Ukrainern nach Deutschland ist ein sehr wichtiges Thema.

Das Gespräch führte Eugen Theise
DW-RADIO/Ukrainisch, 27.7.2007, Fokus Ost-Südost