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Die neue alte Rechtschreibung

3. März 2006

Nach breiter gesellschaftlicher Kritik nehmen die Kultusminister in einer Neuauflage der umstrittenen Rechtschreibreform viele Änderungen zurück. Politiker und Verbände erwarten nun ein Ende der Debatte um das Regelwerk.

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Wer blickt da noch durch? Nach der neuerlichen Reform müssen Schüler schon wieder umlernenBild: dpa

Auf Deutschlands Schüler kommen zum 1. August nochmals neue Rechtschreibregeln zu. Nach heftiger Kritik aus nahezu allen gesellschaftlichen Gruppen entschärften die Kultusminister der Länder am Donnerstag (2.3.2006) in Berlin die Reform der deutschen Rechtschreibung von 1998, die 2005 verbindlich geworden war. Auch Bayern und Nordrhein-Westfalen, die vor einem Jahr zunächst die weitere Umsetzung der Reform zurückgestellt hatten, sind dabei. Damit können ab August wieder bundesweit an allen Schulen die gleichen Rechtschreibregeln gelten. Die Schweiz und Österreich schließen sich der Nachbesserung der Reform voraussichtlich an.

Die Kultusminister folgten mit ihrem Beschluss den Empfehlungen des Rates für Deutsche Rechtschreibung. Diese betreffen die Groß- und Kleinschreibung, die Getrennt- und Zusammenschreibung, die Zeichensetzung und die Worttrennung am Zeilenende, und bedeuten teilweise eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung. So soll das "Schwarze Brett", das zwischenzeitlich ein "schwarzes Brett" war, jetzt wieder groß geschrieben werden. Auch der "Schwerkranke", der seit 1998 "schwer krank" war, ist jetzt wieder "schwerkrank" (weitere Beispiele im Anhang). Während einer einjährigen Übergangsfrist sollen die Neuerungen bei der Notengebung noch nicht berücksichtigt werden.

Minister sind zufrieden

Duden wird 125 Jahre
Muss wieder neu gedruckt werden: Der DudenBild: Duden

Formal müssen noch die Ministerpräsidenten den Änderungen zustimmen, was aber als sicher gilt. Die Minister bezeichneten die Änderungen als gute und tragfähige Grundlage für die Fortentwicklung der Rechtschreibung. Zugleich äußerten sie die Hoffnung, dass auch die bisher kritisch eingestellten Teile der Öffentlichkeit die Nachbesserungen als Konsensangebot verstehen und die jetzt gültigen Regeln und Schreibweisen übernehmen. Insbesondere appellierten sie an alle Verlage und Publikationen, sich im Interesse der Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung dem anzuschließen. Der Mannheimer Dudenverlag teilte daraufhin mit, die Neuregelungen würden in die am 22. Juli erscheinende 24. Auflage aufgenommen.

Vor der Entscheidung waren von mehreren Seiten Forderungen laut geworden, dass sich die Politik künftig aus der Regelung der Rechtschreibung heraushält. So erklärte Sachsen-Anhalts Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz, er stimme der nachgebesserten Reform auch deswegen zu, "weil damit der gordische Knoten durchschlagen und vielleicht auch das Elend beendet ist". Der Rechtschreibrat habe mit seinen Korrekturempfehlungen "eine ganze Menge Unsinn zurückgenommen".

Hoffen auf ein Ende der Debatte

Kulturstaatsminister Bernd Neumann erklärte, die Korrekturen erzeugten "mehr Erleichterung als Freude". Das Unbehagen in der Bevölkerung an der Reform habe der Rechtschreibrat nicht aufheben können. Dennoch scheine eine ungeliebte Reform nach endlosen Debatten nun ihren vorläufigen Abschluss zu finden.

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hofft nun auf ein Ende der Diskussion. Die Rechtschreibung werde zwar nicht leichter und eindeutiger, aber die Schulen hätten wichtigere Probleme, sagte die stellvertretende GEW-Vorsitzende Marianne Demmer.

Österreich und die Schweiz ziehen mit

Die österreichische Bildungsministerin Elisabeth Gehrer ließ erklären, die Reform werde voraussichtlich angenommen. Zunächst müsse ein innerösterreichischer politischer Konsens hergestellt werden. Die Schweizerische Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) wies Meldungen zurück, die Schweiz sei aus der Reform ausgestiegen. Ein Umfrageverfahren unter Lehrern solle die Akzeptanz klären. (pk)