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Die Natur steht in Flammen

7. Januar 2002

Seit Weihnachten kämpft Australien gegen dutzenden Wald- und Buschbrände. Es ist das größte Feuer in der Geschichte des Landes. Die Situation ist katastrophal - doch nicht außergewöhnlich.

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An vielen Stellen ist der Kampf gegen das Feuer aussichtslos.Bild: AP

Feuer gehört zur australischen Landschaft

Die australische Natur ist nach Worten des Tropenwald-Experten Markus Radday aus Frankfurt am Main an Feuer angepasst und kann sich wieder regenerieren - allerdings nur, wenn sich die Bränden nicht zu häufig wiederholen. Etwa alle zehn Jahre könnten die Wälder ein Feuer verkraften. "Werden die Abstände geringer, kann der Wald auf Dauer zerstört werden."

Regelmäßige großflächige Feuer seien in Australien nicht ungewöhnlich und etwa alle 10 bis 13 Jahre zu erwarten. "Der Kontinent hat das immer verkraftet", sagte Radday. Meist spiele bei den Bränden das Klimaphänomen El Nino eine Rolle, das im südlichen Pazifik für heißere und trockenere Perioden sorgt. Zuletzt sei dies 1983 der Grund für verheerende Feuer in Australien gewesen. Für die aktuelle Katastrophe sei aber eine Verkettung mehrerer Umstände verantwortlich: Das trocken-heiße Wetter, Brandstifter und die Nähe der Millionenstadt Sydney.

Bäume explodieren wie Bomben

Die Brände sind nach Raddays Überzeugung weder aus der Luft noch vom Boden aus zu löschen. Einmal in den trockenen Wäldern angefacht, breite sich das Feuer unaufhaltsam aus. "Die Flammen überspringen mühelos jeden Fluss und auch Staudämme", sagte der Umweltexperte. Hinzu komme der hohe Gehalt an ätherischen Ölen in den Eukalyptusbäumen. "Ein solcher Baum kann wie eine Bombe explodieren, wenn er sich entzündet." Eher langsame Tiere wie Koala-Bären oder Opossums hätten keine Chance, den Flammen zu entfliehen.

Seit der Mensch Australien besiedelt habe, nutze er das Feuer auch bewusst - etwa, um Tiere zu jagen oder das Graswachstum zu fördern, sagte Radday. So hätten die australischen Ureinwohner seit Tausenden von Jahren "Feuerwirtschaft" betrieben und gezielt Brände in der Savanne gelegt. "Viele Landschaften sind erst durch Feuer entstanden."

Auch das Freiburger Global Fire Monitoring Center (GFMC) veröffentlichte jetzt eine Lage-Einschätzung der "Christmas Fires" in Australien, in der betont wird, wie angepasst das Land an Wald- und Buschbrände ist. Zwischen 1998 und 2000 brannten insgesamt 345.000 Feuer auf einer jährlichen durchschnittlichen Brandfläche von mehr als einer halben Million Quadratkilometer.

Das GFMC wies darauf hin, dass die australischen Städte, vor allem Sydney, sich in den letzten Jahren mehr und mehr in die umgebende Naturlandschaft ausgeweitet haben. Siedlungen werden vorzugsweise in Baum- und Buschland errichtet. Vorschriften oder Empfehlungen der Absicherung der Häuser und Gärten oder feuerangepasste Bauweise - es dominieren weiterhin Holzbauten - werden nur unzureichend umgesetzt. Die Gefährdung der Siedlungen durch Buschbrände wird durch die Unachtsamkeit beim Umgang mit Feuer und durch Brandstiftung erhöht.

Waldbrände: Ausdruck eines gesellschaftlichen Wandels

Die Weihnachtsfeuer von 2001/2002 zeigen, dass die Kombination aller genannten Umstände zu einer hohen Gefährdung von Siedlungen, Wirtschaftsgütern und Menschenleben führen. Die derzeitige Lage zeigt deutlich auf, dass die Anfälligkeit gegenüber extremen Naturereignissen zunehmend steigt.

Stichwort: Brandstifter

Seit Ausbruch der "Christmas Fires" wurden in Australien mehr als 20 Brandstifter festgenommen. Sie werden beschuldigt, Wald- und Buchbrände gelegt zu haben. Was treibt Menschen dazu, Brände zu legen?

Grundsätzlich können zwei Varianten unterschieden werden: Zum einen gibt es die zweckgerichtete Brandstiftung, beispielsweise um eine Versicherung zu betrügen oder ein Haus zu zerstören. Der zweite Tätertyp macht es - vereinfacht gesagt - um der Flammen willen, aus triebhafter, irrationaler Bedürfnisbefriedigung.

Wenn Jugendliche "zündeln", wie es auch in Australien der Fall war, steckt oft der Reiz des Verbotenen dahinter. Manche "Feuerteufel" erleben ein Gefühl von Macht und Größe, sobald sich das kleine Streichholz in ein gewaltiges Flammenmeer verwandelt, das andere gefährdet. "In der Vergangenheit hatten wir konstant als Tätermotiv den Wunsch zu sehen, wie aufgeregt die Menschen auf das Drama reagieren", hat der Feuerwehrchef von New South Wales im Südosten Australiens, Phil Koperberg, beobachtet.

Der Brandstifter empfindet sein kriminelles Werk nicht nur als Inszenierung der eigenen Bedeutsamkeit, in der Literatur ist auch häufig vom sexuellen Reiz der Flammen die Rede. "Während die meisten von uns mit einem Partner flirten, holen sich diese Menschen den Kick durch das Feuer", sagte der Psychologe Richard Kocsis in einem BBC-Bericht über Brandstifter. (ks)