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Die meisten Konflikte sind Missverständnisse

Barbara Cöllen9. Oktober 2004

Die Globalisierung, der internationale Wettbewerb und multinationale Unternehmensfusionen erfordern immer stärker die Auseinandersetzung mit kulturellen Unterschieden. Interkulturelle Kompetenz heißt das neue Zauberwort.

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Miteinander reden - <br>und das gleiche meinenBild: dpa Zentralbild

Nicht überall ist "Daumen hoch" - wie in Deutschland und anderen westlichen Staaten - Ausdruck der Freude über einen errungenen Erfolg. In Aserbaidschan zum Beispiel ist es schlichtweg eine unanständige Geste. Und wenn ein deutscher Unternehmer mit einem japanischen Geschäftsmann einen Vertrag durchgeht und der Japaner dann und wann mit einem freundlichen "ja" antwortet, ist das noch keine Zustimmung für den Abschluss des Geschäftes - er sagt damit ungefähr: "Ich höre zu, sprechen Sie weiter." Und möglicherweise muss er sowieso noch alles mit der Geschäftsleitung besprechen.

Aber auch schon in den neuen EU-Ländern - obwohl sie in unmittelbarer Nähe Deutschlands sind - bekommen deutsche Unternehmen kulturelle Unterschiede zu spüren. Diese Unterschiede wirken sich auf die tägliche Arbeit aus und beeinflussen die Zusammenarbeit. Davon weiß Barbara Dudkiewicz zu berichten, die in Regensburg interkulturelles Training für deutsche Unternehmen anbietet, die in Polen investieren:

"Die Deutschen sind dem Geschäft verantwortlich und die Polen fühlen sich den Personen verantwortlich. Das ist der gravierende Unterschied. Die Deutschen arbeiten eher zeitlich folgend, die Polen stehen eher für improvisierte Organisation. Die Deutschen hingegen schätzen Strukturen und Regeln."

Wichtig: die persönliche Ebene

Die kulturellen Hintergründe der Geschäftspartner aus den zehn neuen EU-Ländern, die ihre Verhaltens- und Sichtweisen prägen, sind so unterschiedlich, dass man sie einzeln verstehen lernen muss. Zu dieser Erkenntnis sind auch deutsche Unternehmen mit langjähriger Erfahrung auf dem mittel- und osteuropäischen Markt gelangt.

So auch die Bohler AG, die Werkzeuge und Maschinen für die Glasindustrie herstellt. Anita Ulrich, die dort für Investitionen in Osteuropa zuständig ist, hat einige Gemeinsamkeiten dieser Länder festgestellt: Die persönliche Ebene spiele eine tendenziell wichtigere Rolle als die sachliche: "Wenn man sich persönlich mit den Menschen dort nicht versteht, kann man sehr wenig erreichen. Wenn man gute persönliche Kontakte hat, kriegt man im Prinzip alles."

Weiterbildung für alle

Man braucht auf dem osteuropäischen Markt einen "langen Atem" - bestätigt Klaus Boll vom Auto-Zulieferungs-Unternehmen Bosch, das Niederlassungen in insgesamt 15 Ländern der Welt hat, unter anderem in Polen, Tschechien und Ungarn. Interkulturalität sei für die Zusammenarbeit notwendig, man müsse sie nur gewinnbringend nutzen, sagt Boll. Und deshalb setze Bosch auf einen Mix aus Weiterbildung für die deutschen Mitarbeiter und Fachkräften aus den entsprechenden Ländern:

"Wir achten darauf, dass wir ausreichend Mitarbeiter, Fachkräfte und Führungskräfte vor Ort haben, die aus dieser Kultur kommen, die sich auskennen. Trotzdem achten wir aber auch darauf, dass wichtige Schlüsselpersonen im Unternehmen, Führungskräfte oder etwa Personalleiter, nicht aus der Kultur kommen."

Und wenn es dann tatsächlich einmal zu Problemen kommt, die auf Kultur-Unterschiede zurückzuführen sind, muss man kühlen Kopf bewahren. So wie Klaus Boll: "Ich persönlich habe einen starken Eindruck, dass 80 bis 90 Prozent aller Konflikte, aller Irritationen, aller Misserfolge tatsächlich auf reine Missverständnisse zurückgehen - und nicht auf bösen Willen und böse Absicht."

Interkulturelles Training

Dies zu klären ist die Aufgabe von interkulturellen Trainings-Kursen. Sie werden bisher jedoch von den Geschäftsleuten selten vor der Betätigung einer Auslandsinvestition auf dem osteuropäischen Markt genutzt. Helmut Methner hat ein Netzwerk für interkulturelle Beratung deutscher und polnischer Unternehmen mitbegründet. Meistens zögen Unternehmen bi-nationale Berater erst als "Feuerwehr" hinzu, wenn das Problem da sei, weil viele glaubten, dass die Zusammenarbeit schon irgendwie funktionieren werde: "Auf der anderen Seite gibt es eben Erfahrungen, wie beispielsweise durch Workshops, in denen dann polnische und deutsche Mitarbeiter oder Führungskräfte gemeinsam sich diese Dinge der kulturellen Unterschiede erarbeitet haben, dass da dann doch eine gute Zusammenarbeit zustande kam."