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Die kurze Ära Klinsmann

27. April 2009

Das, womit viele Beobachter schon viel früher gerechnet hatten, ist nun kurz vor Saisonende tatsächlich eingetreten. Die zahlreichen Misserfolge des FC Bayern München haben zur Entlassung von Jürgen Klinsmann geführt.

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Ein ratloser Jürgen Klinsmann
So ratlos saß Klinsmann oft auf der BankBild: AP

Ganze zehn Monate hat das Engagement von Jürgen Klinsmann als Trainer der Münchner Bayern gedauert, dann haben es die fehlenden Erfolge abrupt beendet. Die Heimniederlage gegen Schalke 04 am 29.Spieltag der 1.Fußball-Bundesliga brachte das Fass zum überlaufen, schließlich droht nicht nur der Meistertitel außer Reichweite zu geraten, selbst die für den Eliteclub so wichtige Qualifikation für die Champions League könnte scheitern. Die Angst vor dieser Möglichkeit bestätigten Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Manager Uli Hoeneß auf einer PK am Montag. Während des Spiels waren bereits laute "Klinsmann raus"-Rufe von den Tribünen zu hören.

Klinsmann selbst trat nach seiner Entlassung nicht vor die Öffentlicheit, zeigte sich in einer Meldung auf der Homepage von Bayern München lediglich enttäuscht und dankte Mitarbeitern und Fans. Nach Aussage von Uli Hoeneß war er von der Entlassung doch geschockt.

Nachfolger sofort präsentiert

Jupp Heynckes
Jupp Heynckes soll der Retter seinBild: AP

Noch am Sonntag traf sich die Führungsriege des Clubs zum Krisengipfel und beschloss die Trennung vom 44-jährigen Klinsmann. Und nicht einmal 24 Stunden später wurde mit dem 63-jährigen Jupp Heynckes bereits der Nachfolger präsentiert, der zumindest bis zum Saisonende einspringen soll. Diese Wahl entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, denn Heynckes, von 1987 bis 1991 Bayern-Coach, wurde selbst im Oktober 1991 bei den Bayern wegen Erfolglosigkeit entlassen. Für Heynckes sprach, so Karl-Heinz Rummenigge, in dieser Situation die große Erfahrung.

Für die kommende Saison wollen die Münchner Bayern aber einen neuen Trainer verpflichten. Kandidatennamen wurden nicht genannt, die Weiterbeschäftigung von Heynckes schloß Rummenigge aber aus. Die Aufgabe von Heynckes bis zum Saisonende liegt bei dem erfolgsverwöhnten Club auf der Hand. Wenn schon der Titel nicht geschafft werden sollte, dann muss wenigstens die Champions-League-Qualifikation gesichert werden. Zur Unterstützung wird Heynckes dafür Hemann Gerland zur Seite gestellt, derzeit noch Trainer der Drittliga-Mannschaft von Bayern München.

Es passte einfach nicht

Das Scheitern von Klinsmann wird die wenigsten Beobachter wundern, es ihm allein anzulasten wäre völlig falsch. Die Verpflichtung des Ex-Welt- und Europameisters und Ex-Bundestrainers war von Beginn an eine Fehlentscheidung, die sich die Führungsriege des Vereins selbst anheften muss - schließlich hat Klinsmann als absoluter "Wunschtrainer" sein Amt angetreten, was schon damals zur Verwunderung vieler Beobachter geführt hatte.

Jürgen Klinsmann bei der WM 2006
Bei der WM in Deutschland durfte auch der Trainer Klinsmann jubelnBild: AP

Klinsmann hatte bis dahin seine Erfolge ausschließlich als Spieler und als Nationalmannschaftstrainer erreicht, wobei ihm in diesem Amt auch noch Joachim Löw die Alltagsarbeit abgenommen hatte. Als Vereinstrainer hingegen hatte er keinerlei Erfahrung. Schon bei der Verpflichtung wiesen viele Kenner der Szene darauf hin, dass der Unterschied in der Arbeit eines Nationaltrainers und eines Clubtrainers gewaltig ist.

Das gilt natürlich ganz besonders bei einem unter Erfolgszwang stehenden Verein und bei einer mit Stars gespickten Mannschaft wie Bayern München. Hier zählt nur der Erfolg und der muss auch noch schnell kommen. Damit aber musste Klinsman mit seinem auf Langfristigkeit angelegten Konzept der generellen Verbesserung jedes einzelnen Spielers und der Einführung einer neuen Spielphilosophie einfach scheitern. Die dafür notwendige Zeit gibt es bei einem Club wie Bayern München einfach nicht. Darüber hinaus hatte er noch mit dem Problem zu kämpfen, dass er eine Mannschaft vorgesetzt bekam, die sein Vorgänger Otmar Hitzfeld und das Bayern-Präsidium aufgebaut hatten und er sich seine Spieler nicht selbst aussuchen konnte.

Erfolg nicht sicher

Die Statistik zeigt, dass Trainerwechsel in der Regel nicht die erhoffte große Verbesserung bringen - Jupp Heynckes steht also gleich ziemlich unter Druck. Ganze fünf Spieltage bleiben ihm in dieser Saison noch - viel wird er da nicht verändern können, ihm bleibt eigentlich nur, auf eine "jetzt erst recht"-Reaktion seiner Spieler zu hoffen.

Abzuwarten bleibt, was nun aus Jürgen Klinsmann wird. Geht er wieder nach Kalifornien und zieht sich ins Privatleben zurück oder versucht er sich noch einmal woanders als Trainer? Sollte er Letzteres wollen, ist ihm zu raten, es erst einmal bei einem kleineren Club zu versuchen, der ihn auch zur Entfaltung kommen lässt.

Autor: Wolfgang van Kann
Redaktion: Joachim Falkenhagen