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Besser gewappnet?

Karl Zawadzky27. November 2008

Die Zahl der Arbeitslosen ist im November noch einmal unter der Drei-Millionen-Grenze geblieben. Und es besteht die Hoffnung, dass die Krise nicht auf den Arbeitsmarkt nicht voll durchschlägt, meint Karl Zawadzky.

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Noch ist die Konjunkturkrise nicht auf dem Arbeitsmarkt angekommen, die offizielle Arbeitslosenzahl liegt weiter unter der Drei-Millionen-Marke. Aber beim Monatsausweis vom Arbeitsmarkt handelt es sich um eine Momentaufnahme. Hinzu kommt, dass der Arbeitsmarkt traditionell ein Nachzügler der konjunkturellen Entwicklung ist; das gilt für den Aufschwung wie für den Abschwung. Wenn es tatsächlich, wie von der Bundesregierung und vom Sachverständigenrat prognostiziert, bereits nach dem Sommer kommenden Jahres wieder aufwärts geht, dann spricht viel dafür, die Stammbelegschaften nicht abzubauen. Es können nämlich bei Entlassungen die Aufwendungen für einen Sozialplan sowie im nächsten Aufschwung die Kosten für die Einarbeitung neuer Arbeitnehmer teurer sein als die Weiterbeschäftigung der derzeitigen Belegschaft trotz dürftiger Auftragseingänge.

Karl Zawadzky

Auch gibt es Betriebe, etwa im Maschinenbau, bei denen zwar aktuell weniger Aufträge eingehen, die aber auf einem prall gefüllten Auftragspolster sitzen und bei denen die Beschäftigung für das ganze nächste Jahr hindurch garantiert ist. Diese Firmen und deren Beschäftigte können hoffen, von der Konjunkturkrise nur am Rande beeinträchtigt zu werden. Mehr noch: Solche Unternehmen profitieren von der Krise, nämlich von den sinkenden Energie- und Rohstoffpreisen. Allerdings ist das nicht typisch für die Masse der Firmen, sondern die Profiteure des Abschwungs sind die Ausnahme.

Flexibler als früher

Bei der Masse der Unternehmen wird derzeit über Anpassungsmaßnahmen im Personalbereich nachgedacht, aber noch nicht entschieden. Denn mittlerweile kann in vielen Betrieben flexibel auf den Aufschwung wie auf den Abschwung reagiert werden. So können jetzt oder demnächst die während des Aufschwungs aufgefüllten Arbeitszeitkonten abgebaut werden. Die weihnachtlichen Werksschließungen werden verlängert. Auch lässt sich der Urlaub vorziehen, wenn die Betriebe nicht ausgelastet sind. Und dann gibt es immer noch das Instrument der Kurzarbeit; gerade erst ist die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes von zwölf auf 18 Monate verlängert worden. Damit werden viele Betriebe über die Krise kommen.

Direkt betroffen sind erst einmal die so genannten Leiharbeitnehmer, die von Personaldienstleistern gestellt werden. Betroffen sind auch befristet eingestellte Beschäftigte. Auf diesen beiden Gruppen, die in den vergangenen Boomjahren immer mehr ausgeweitet worden sind, lastet derzeit das Hauptrisiko der Konjunkturkrise. Mit der Leiharbeit und der Befristung können Unternehmen nämlich flexibel und kostengünstig auf Arbeitsspitzen reagieren; viele Arbeitslose haben auf diese Weise im letzten Aufschwung Anschluss an das Beschäftigungssystem gefunden. Nun sind sie als erste vom Arbeitsplatzabbau betroffen. Allerdings fallen sie nicht gleich in die Arbeitslosigkeit zurück, sondern erstmals gilt auch für sie das Instrument der Kurzarbeit. Das schönt die Arbeitslosenstatistik, was der Bundesregierung gerade im Wahljahr sicher nicht unangenehm ist.

Arbeitskräfteangebot wird sinken

Hinzu kommt, dass ein Megatrend immer stärker auf den Arbeitsmarkt durchschlägt: die demografische Entwicklung. Bereits im laufenden Jahr sind 100 000 ältere Arbeitnehmer mehr aus dem Erwerbsleben ausgeschieden als Schul- und Universitätsabsolventen nachgerückt sind. Im kommenden Jahr wird das Arbeitskräfteangebot um 130 000 sinken. Langfristig ist dieser Trend Besorgnis erregend, zumal er sich in den weiteren Jahren noch verstärken wird; kurzfristig mildert er den konjunkturbedingten Anstieg der Arbeitslosigkeit. Das heißt: Wenn es tatsächlich vom nächsten Sommer an wieder aufwärts geht oder zumindest der Abschwung gestoppt werden kann, bleiben die Auswirkungen der Konjunkturkrise auf den Arbeitsmarkt begrenzt. Allerdings wird allein schon der Winter dafür sorgen, dass die Arbeitslosenzahl im Januar wieder oberhalb der Drei-Millionen-Grenze liegt.