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Kameramann 'am Limit'

Das Interview führte Angela Lieber21. März 2007

Nicht nur die Huber-Brüder stoßen im neuen Kinostreifen "Am Limit" an ihre Grenzen. DW-WORLD sprach mit Kameramann Max Reichel über die Dreharbeiten am Rande des Abgrunds.

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Das Kamerateam von Pepe Danquart während der Dreharbeiten, Quelle: Kinowelt Filmverleih
Das Kamerateam von Pepe Danquart während der DreharbeitenBild: DW-TV

DW-WORLD.DE: Sie klettern in Schwindel erregenden Höhen umher und tragen dabei noch ihre gesamte Ausrüstung mit sich. Wer klettert denn jetzt eigentlich besser, Sie oder die Huber-Brüder?

Max Reichel: Das steht außer Frage. Die Huber-Brüder klettern natürlich besser als wir Kameraleute, weil wir uns nicht direkt am Fels bewegen, sondern an Seilen. Das heißt, wir benutzen Aufstiegshilfen, um uns zu unseren Kamerapositionen hinzuarbeiten.

Der "Capitan" im Yosemite Nationalpark gilt als eine der schwierigsten Felswände der Welt. Wie kann man sich das Filmen in einer solchen Wand überhaupt vorstellen? Welche besondere technische Ausstattung hatten Sie dabei?

Das Komplizierte beim Filmen in der Wand des Capitan sind die langen Wege in der quasi senkrechten Felswand. Die Wand ist 1000 Meter hoch und man bewegt sich dort nur mit Seilen - das heißt, die oberen 500 Meter geht man von oben her in die Wand rein. Man seilt also ab, dreht, und jümmert dann wieder raus. "Jümmern" bedeutet, dass man sich mit Steigklemmen und Leitern wieder am Seil zurück nach oben arbeitet. Das Gewicht der Ausrüstung ist dabei eigentlich das Hauptproblem: 20-30 Kilo bis zu 400 Meter durch eine Wand nach oben zu ziehen, ist nicht gerade leicht. Der Rest ist detaillierte Technik, die man sich über die Jahre aneignet hat.

Wie viele Kameraleute waren mit Ihnen unterwegs und wie groß war die assistierende Crew?

In der Wand waren wir zu drei Kameraleuten plus einem Tonmann. Am Boden hatten wir noch unseren Chefkameramann, Wolfgang Thaler, der wiederum einen eigenen Tonmann und zwei Assistenten für die Filmkameras dabei hatte.

Sind während des Drehs auch Kameras zu Bruch gegangen?

Kameras nicht, aber einmal ist ein Rucksack mit Equipment runter gefallen. Da sind dann mal so eben 15.000 Euro in die Tiefe gestürzt. Das Equipment war natürlich nicht mehr zu gebrauchen.

Sind Sie eigentlich schwindelfrei?

Ich bin natürlich schwindelfrei. Ich glaube, wenn man nicht schwindelfrei ist, hat man in diesem Beruf, oder eher gesagt, in so einer Wand nichts verloren.

Sie haben mit voller Kameraausrüstung teilweise zwischen acht und zwölf Stunden im Seil verbracht. Wie machen Sie das eigentlich, wenn Sie Hunger bekommen oder mal aufs Klo müssen?

Die Klofrage ist ganz einfach: Wenn man pinkeln muss, pinkelt man. Das heißt, es wird ausgepackt und gegen die Wand gepinkelt. Verpflegung nimmt man sich einfach im Rucksack mit, so viel braucht man da oben nicht.

Sie waren bei Ihren Kletteraktionen immer nah an den Huber-Brüdern. Gab es Reibereien, wenn einer von beiden mehr im Kamerafokus stand als der andere?

Nein, wir kennen uns alle schon relativ lange. Natürlich gibt es auch Reibereien. Die tragen wir aber meistens nicht in der Wand aus, sondern diskutieren am Ende des Tages, wie man das Problem beim nächsten Mal besser angeht.

Was war für Sie persönlich die kritischste Situation während des Drehs?

Während der Dreharbeiten hat es zwei kritische Situationen gegeben. Einmal, als Alexander abgestürzt und zu Boden gefallen ist. Da haben wir wirklich gedacht "das wars jetzt". Und natürlich der Sturz vom Thomas, der auch gefallen ist, vom Seil gebremst wurde, und nach acht bis neun Metern mit dem Rücken auf ein Felsband aufgeschlagen ist. Da wussten wir im ersten Moment natürlich auch nicht, ob was gebrochen ist oder ob noch alles funktioniert.

Und Sie persönlich haben sich nie in einer besonderen Gefahrensituation gesehen?

Wir Kameraleute gehen so bedacht und professionell an die Sache heran, dass eigentlich nichts passieren kann. Es gibt schon mal kleinere Malheurs, aber richtig gefährlich wird es nur, wenn man müde und unkonzentriert ist, und da passen wir gegenseitig gut auf, dass das nicht vorkommt.