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Klima-Allianzen in Doha

Anne Allmeling5. Dezember 2012

Während der Konferenz verbünden sich einzelne Länder oder Ländergruppen miteinander - denn nur gemeinsam können sie etwas bewegen. Ob auch mit Geld um Stimmen geworben wird, will in Doha niemand wissen.

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Klimagipfel in Doha (Foto: DAPD)
Bild: AP

Sie hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Aber Regine Günther vom WWF Deutschland hält es für unwahrscheinlich, dass die Europäische Union (EU) ihre Klimaschutz-Ziele in diesen Tagen verstärken wird. Die lauten: 20 Prozent weniger Treibhausgase bis 2020 – ambitionierte EU-Länder würden sich in Doha gerne für 30 Prozent weniger verpflichten. Das wäre wichtig, wenn die EU an ihrer Allianz mit den kleinen Inselstaaten (AOSIS) und den am wenigsten entwickelten Ländern (LDC) festhalten und auch künftig als Vorreiter in Sachen Klimaschutz gelten will. "Leider zeichnet sich das zurzeit nicht ab", sagt Günther.

Die Klimaschutzexpertin hat in Doha noch keine offensichtlichen Bündnisse beobachtet. Denn die Verhandlungen kommen nur schleppend voran. Ob jemand im Hintergrund die Strippen zieht, ist unklar. Kein Wunder: Die Delegationen treffen sich hinter verschlossenen Türen. Selbst die Vertreter von Nichtregierungsorganisationen, die sich ständig mit den Delegationsmitgliedern austauschen, halten sich mit ihren Vermutungen zurück. Zu verworren scheint die Lage zu sein, zu undurchsichtig die Absichten einzelner Länder oder Ländergruppen. Keiner möchte sich mit einer Äußerung zu denkbaren Allianzen aus dem Fenster lehnen. Auch nicht dazu, ob Entwicklungsgelder geboten werden, um zum Beispiel die Stimmen afrikanischer Länder für ein Bündnis zu gewinnen.

"Allianz der Ambitionen"

Die so genannte "Allianz der Ambitionen" zwischen EU, kleinen Inselstaaten und Entwicklungsländern hatte im vergangenen Jahr für Aufsehen gesorgt. Denn das gemeinsame Engagement bei der Klimaschutz-Konferenz in Durban hat auch andere Länder mitgerissen – und gerade noch rechtzeitig den Weg für den Gipfel in Doha geebnet, wo nun die Verlängerung des Kyoto-Protokolls konkretisiert werden soll.

Regine Günther von WWF Deutschland (Foto: DW/Allmeling)
Regine Günther von WWF DeutschlandBild: DW/Anne Allmeling

Von dem ehrgeizigen Ziel, einen wirksamen Klimaschutz zu erarbeiten, wie ihn die EU lange propagiert hat, ist allerdings nicht mehr viel übrig. Die Europäer können sich nicht auf strengere Klimaschutz-Regeln verständigen, weil Polen nicht mitmachen will. Die Gruppe der kleinen Inselstaaten und die Entwicklungsländer sind davon enttäuscht. Sie waren davon ausgegangen, dass die EU in Sachen Klimaschutz auf ihrer Seite steht – auf der Seite der Länder also, die vom Klimawandel am stärksten betroffen sind. Deshalb hatten sich die kleinen Inselstaaten und die am wenigsten entwickelten Länder ein Stück weit aus der "Gruppe der 77" herausgelöst – und damit auch aus dem Schatten Chinas, das oft als Sprachrohr der "Gruppe der 77" gilt und wiederholt strengere Klimaschutz-Abkommen verhindert hat.

"Bali Action Plan"

Einen ähnlichen Zusammenschluss wie die "Allianz der Ambitionen" hatte es schon 2007 gegeben. Damals haben die EU und die Entwicklungsländer mit vereinten Kräften den "Bali Action Plan" erarbeitet. Das Besondere daran: Zum ersten Mal wurden im Abschlussdokument der Konferenz konkrete Zahlen über ein künftiges Abkommen genannt. Genau das hatten die USA verhindern wollen. Am Ende sahen sich die Amerikaner aber isoliert – und gaben sich geschlagen.

Allianzen zwischen einzelnen Ländern oder Ländergruppen funktionieren aber auch umgekehrt – wenn Staaten den Klimaschutz verweigern. Das zentrale Abschlussdokument der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 zum Beispiel wurde nie verabschiedet: Die großen CO2-Emittenten USA und China lehnten es ab, das Dokument zu unterzeichnen. Zusammen mit der EU sind sie für mehr als 60 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich – und dadurch auch entscheidend in Sachen Klimaschutz.

Blockübergreifende Bündnisse

"Mindestens zwei der drei ganz großen Akteure müssen sich erheblich nach vorne bewegen", sagt Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Nichtregierungsorganisation Germanwatch. In der Vergangenheit haben Industrie- und Entwicklungsländer oft gegeneinander gearbeitet. "Erst wenn diese normalen Fronten aufgebrochen werden, kommt Dynamik in die Verhandlungen", sagt Christoph Bals. "Blockübergreifende Allianzen sind ausgesprochen wichtig, um Ergebnisse zu bekommen."

Christoph Bals, Geschäftsführer bei Germanwatch (Foto: Julia Bayer/DW)
Christoph Bals, Geschäftsführer bei GermanwatchBild: DW/J.Bayer

Die Voraussetzung dafür sei Vertrauen, sagt Dlamini Emmanuel aus Swasiland, Verhandlungsführer für die afrikanische Gruppe. "Wenn man jemandem vertraut, macht man viel eher Kompromisse", sagt er. Das Vertrauen der am wenigsten entwickelten Länder in die Europäer ist allerdings getrübt. Sie zweifeln daran, dass die EU mit ihren wenig ehrgeizigen Zielen wirklich auf ihrer Seite steht.

Hoffen auf Engagement

"Eine Allianz, die nur einen kurzfristigen Erfolg bringt, ist für die kleinen Inselstaaten und Entwicklungsländer nicht attraktiv", sagt Regine Günther vom WWF. Sollte sich die "Allianz der Ambitionen" bei der Klimakonferenz in Doha auflösen, kann die Klimaexpertin nur hoffen, dass sich ein neues Bündnis bildet – das sein Klimaschutz-Versprechen dann auch hält.