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Neuer Chef der Weltbank gesucht

iw (afp, dpa, epd, )23. März 2012

Wer wird künftig an der Spitze der Weltbank stehen? Am Freitag endet die Nominierungsphase. Einige Bewerber sind bereits bekannt. Die USA haben noch keinen Kandidaten bekannt gegeben.

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ARCHIV - Das Logo der World Bank (Weltbank), aufgenommen am 01.11.2009 in Washington. Die Weltbank hat ihre globale Wachstumsprognose wegen der Euro-Krise kräftig gestutzt und warnt vor einem Absturz der gesamten Weltwirtschaft. Die Eurozone wird dem am Mittwoch (18.01.2012) in Peking vorgelegten Ausblick zufolge dieses Jahr in die Rezession rutschen. Weltweit erwartet die Weltbank nur noch ein Wachstum von 2,5 Prozent in diesem und 3,1 Prozent im nächsten Jahr. Foto: Rainer Jensen dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Logo der Weltbank in Washington USABild: picture-alliance/dpa

Bis Freitag können noch Kandidaten für den Posten des Präsidenten der Weltbank nominiert werden. Ende April wird dann der 25-köpfige Weltbank-Exekutivrat entscheiden, wer die Nachfolge des im Juni ausscheidenden Robert Zoellick einnimmt. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es der Kandidat der US-Regierung sein wird. Denn seit der Gründung der beiden Institutionen Weltbank und Internationaler Währungsfonds vor fast 70 Jahren gilt als ungeschriebenes Gesetz: An der Spitze des IWF steht ein Europäer, und die Weltbank wird von einem US-amerikanischen Chef geführt.

Für die Entwicklungs- und Schwellenländer hat die Entscheidung, wer neuer Weltbankchef wird, bedeutsame Folgen. Denn die Sonderorganisation der Vereinten Nationen hat die zentrale Aufgabe, die weltweite Armut zu bekämpfen. Dafür vergibt sie bei Bedarf Kredite an ihre 187 Mitgliedsstaaten und finanziert Projekte der Entwicklungshilfe. Außerdem ist die Weltbank weltweit an Projekten zur Armuts- und Korruptionsbekämpfung beteiligt. Sie vergibt Mikrokredite, fördert Projekte zur Verbesserung der Schulbildung und der Krankenversorgung und leistet Hilfe beim Wiederaufbau nach Naturkatastrophen. Insofern sind die erstarkenden Entwicklungs- und Schwellenländer schon seit einigen Jahren nicht mehr mit der Dominanz der Amerikaner einverstanden. Da aber die westlichen Partner die Mehrheit der Stimmenanteile halten, haben sie immer noch das Sagen.

Die Suche der US-Regierung nach einem Kandidaten gestaltete sich schwierig, berichteten US-Medien. Dutzende Namen sollen anfangs auf der Liste einer Findungskommission der US-Regierung gestanden haben. Viele winkten jedoch ab, so die US-Außenministerin Hillary Clinton, Finanzminister Timothy Geithner und der einstige Präsidentschaftskandidat John Kerry. Obamas Sondergesandte bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, galt als zu unerfahren in Wirtschaftsfragen. Ebenfalls in der engeren Wahl sei der ehemalige Wirtschaftsberater des Präsidenten, Lawrence Summers, gewesen.

Kandidat ohne US-Rückendeckung

Sich selbst in die Diskussion gebracht hat der US-amerikanische Wirtschafts-Professor Jeffrey Sachs. "Es gab elf Weltbank-Präsidenten, und keiner davon war ein Experte für internationale Entwicklungshilfe", beklagte der Uno-Sonderberater für die Millenniumsziele zur Bekämpfung der weltweiten Armut. "In Sachen Armutsbekämpfung kann ich eine lange Erfolgsbilanz aufweisen" sagte Sachs im Gespräch mit DW. Mehrere kleine Länder, darunter Osttimor, Jordanien, Kenia, Namibia und Malaysia haben den Professor für nachhaltige Entwicklung, der an der Columbia-Universität in New York lehrt, als ihren Wunsch-Weltbankchef nominiert. Die Rückendeckung der US-Regierung hat Sachs allerdings nicht.

Der Kandidat aus Lateinamerika

Obwohl den Schwellenländern so gut wie keine Chance zugerechnet wird, den Chefposten der Weltbank mit eigenen Kandidaten zu besetzen, schicken sie trotzdem Bewerber ins Rennen. Nominiert wurde der Kolumbianer José Antonio Ocampo, ein angesehener Wirtschaftswissenschaftler, Soziologe und Diplomat, der als sehr qualifiziert für den Posten gilt. Ocampo hat Professuren an Hochschulen in Kolumbien, Brasilien, Peru, Chile und den USA. Er unterrichtet ebenfalls an der Columbia Universität in New York. Außerdem war Ocampo in den 1990er Jahren in seiner Heimat Kolumbien Landwirtschaftsminister und Finanzminister, er war Generalsekretär der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik. Und er wirkte als Berater für die Weltbank, die Interamerikanische Entwicklungsbank und das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen.

"Wenn es nach Qualifikation ginge, wäre Ocampo sehr gut geeignet", meint Heribert Dieter, Forscher über globale Fragen bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, mit Sitz in Berlin. "Nur geht es bei der Kür des Präsidenten der Weltbank um Macht. Deshalb wird einem US-Amerikaner ein weiterer US-Amerikaner an der Spitze der Weltbank folgen." Seiner Meinung nach ist die Nominierung Ocampos ein "symbolischer Akt gegen die Macht der transatlantischen Interessen".

Ngozi Okonjo-Iweala – die "unbequeme Frau"

Am Freitag meldete der südafrikanische Finanzminister Pravin Gordhan die Kandidatur von Nigerias Finanzministerin Ngozi Okonjo-Iweala an. Sie war mehr als 20 Jahre bei der Weltbank tätig und brachte es bis zur geschäftsführenden Direktorin. Den Posten gab sie auf, um in ihrer Heimat Nigeria 2011 zum zweiten Mal als Finanzministerin anzutreten.

Die energische Frau, die sich selbst als Kämpfernatur betrachtet, kämpfte gegen Korruption und für mehr Transparenz in den Ministerien. Sie baute Schulen auf, verbesserte die Versorgung mit sauberem Wasser und den Zugang zum Gesundheitssystem für die arme Bevölkerung. Sie sorgte durch Abkommen mit internationalen Kreditgebern für die Verringerung von Nigerias Staatsschulden und erzeugte durch ihre Reformen eine Wende in der nigerianischen Wirtschaft.

Wer auch immer am Ende auf dem Chefsessel sitzt, vor ihm liegen große Aufgaben. "Es ist irrelevant, ob die Präsidentin oder der Präsident der Weltbank aus den USA, China, Indien oder Brasilien kommt", meint Claudia Warning, Vorstand des Evangelischen Entwicklungsdienstes. "Für die Armen in aller Welt zählt nur, ob die Weltbank ihre Lebenssituation endlich verbessert. Hier muss sich die Weltbank neu erfinden."