Immobilie in Szene gesetzt
20. April 2014Die kleinen Spinnweben in der Ecke des neu eingerichteten Schlafzimmers fallen Fernando Dieball sofort ins Auge. Ein kurzer Handgriff und die dünnen Fädchen sind verschwunden. "Das geht immer so schnell, wenn man ein paar Tage nicht da war."
Dieball ist Home Stager: Er bereitet zum Verkauf stehende Immobilien so auf, dass sie bei Kaufinteressenten einen möglichst positiven ersten Eindruck hinterlassen. "Wir wollen schlussendlich, dass sich Menschen in Immobilien verlieben", sagt er. "Sie müssen die Immobilie betreten, reinkommen, sich wohl fühlen und nicht mehr nachdenken."
Empfehlung des Maklers
Das kleine Einfamilienhaus im Bergischen Land vor den Toren Kölns steht seit mehr als einem Jahr zu Verkauf. Trotz des allgemein gut laufenden Immobilienmarktes hat sich bislang kein Käufer für das 35 Jahre alte Objekt gefunden.
Angela Schmitt, die Eigentümerin des Hauses, sah sich daher gezwungen, bei der Verkaufsstrategie etwas zu ändern: "Wir haben dann den Makler gewechselt und von ihm kam der Vorschlag. Wir kannten Home Staging vorher nicht und haben uns da ganz auf die Meinung des Maklers verlassen."
Für Immobilienmakler Volker Brock gehört das Einsetzen eines Home Stagers inzwischen zum Tagesgeschäft. "Wir arbeiten jetzt seit anderthalb Jahren mit einem Home Stager zusammen. Momentan setzen wir ihn bei etwa 20 Prozent der Verkäufe ein, aber das wird in Zukunft noch mehr werden", sagt Brock.
Ein neuer Trend?
In den USA ist es bereits seit den 1970er Jahren üblich, durch Home Stager die Verkaufschancen von Immobilien zu verbessern. Über Großbritannien und Skandinavien kam der Trend in den vergangenen Jahren auch nach Deutschland.
"Home Staging eignet sich generell für jede Immobilie", erklärt Ulrike Krasemann von der Deutschen Gesellschaft für Home Staging und Redesign (DGHR). Man müsse sich das so vorstellen wie beim Verkauf eines Gebrauchtwagens: "Der wird auch vom Händler entsprechend aufbereitet." Kleine Schrammen würden ausgebessert, so dass beim Käufer ein positiver erster Eindruck entsteht.
Wohnlichkeit in leere Hallen
Wenn Fernando Dieball einen neuen Auftrag bekommt, macht er sich meist innerhalb weniger Tage an die Arbeit: "Als allererstes besichtige ich das Objekt, spreche dabei gar nicht viel und lass es erst mal auf mich wirken, als ob ich selbst Interessent wäre. Erst dann mache ich ein Konzept, um die Vorteile des Hauses hervorzuheben - und die Nachteile dementsprechend zu mindern."
Das Einfamilienhaus im Bergischen Land brauchte vor allem etwas Wärme: "Bei diesem Objekt war es so, dass ich reingekommen bin, und es wirkte einfach kühl, leer, und es sah aus wie ein Tanzsaal. Eine leere große Halle und überall hingen Spinnweben."
Neben einer erneuten Grundreinigung und kleineren Renovierungsarbeiten waren ein paar schlichte Möbel und stilvolle Accessoires nötig, um dem leer stehende Gebäude ein neues Wohngefühl zu verleihen: Bilder, eine große Zimmerpflanze, eine Stehlampe, Kissen und Decken im Wohnzimmer, ein Bett mit Tagesdecke und Nachtschränkchen im Schlafzimmer, ein paar hochwertige Handtücher im modernen Bad und ein Regal mit drei Modellautos im Arbeitszimmer. Weniger ist mehr lautet oftmals die Devise, schließlich gilt es einen möglichst breiten Geschmack zu treffen und nicht zu polarisieren.
Bei den Einrichtungsgegenständen kann Dieball auf einen umfangreichen Fundus zurückgreifen. Gegebenenfalls werden einzelne Stücke hinzugekauft - immer angepasst an die Immobilie und die mögliche Käuferschicht.
Zahlen, um zu verkaufen
Auch bewohnte und noch voll eingerichtete Immobilien können von Home Stagern vor dem Verkauf aufbereitet werden. "Dort versuchen wir dieses Leben, was dort gerade noch stattfindet, ein wenig zu entpersonalisieren: Viele der persönlichen Gegenstände herauszunehmen, zu neutralisieren, so dass ein Interessent bei einer Besichtigung nicht das Gefühl hat, ich trete jetzt hier in eine völlig private Atmosphäre ein", berichtet Fernando Dieball.
Angela Schmitt musste für die Gestaltung durch den Home Stager knapp 5000 Euro bezahlen - viel Geld für ein Haus, das eigentlich Geld einbringen soll. Sie hofft jedoch, dass sich nun schnell ein Interessent meldet und sie dadurch nicht noch länger die laufenden Kosten für ein leer stehendes Haus tragen muss. Der Preis richtet sich immer nach dem Aufwand und wird mit dem Kunden individuell vereinbart. In Einzelfällen übernehmen auch die Makler die Kosten.
Fernando Dieball ist von dem Erfolg seiner Arbeit überzeugt: "Durch die tollen Fotos, die man anschließend machen kann für die Vermarktung, kommen unglaublich viele Interessenten zur Besichtigung. Umso mehr Interessenten der Kunde hat, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er verkaufen kann."
Auch Makler Brock glaubt an die verkaufsfördernde Wirkung: "Wir haben gerade jüngst einen Fall gehabt, ein fast unverkäufliches Objekt, was durch verschiedene Maklerhände gegangen ist, haben wir in den Vertrieb genommmen. Das leerstehende Haus, nicht gerade in 1A-Lage, haben wir komplett gestaged und innerhalb von zwei Wochen verkauft - ohne Preisverhandlung."