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Wahlkampf in Argentinien

Mareike Aden20. Juli 2007

Christina Kirchner will ihren Mann beerben und im Oktober die Präsidentschaftswahl in Argentinien gewinnen. Am Donnerstag verkündete sie offiziell ihre Kandidatur. Ein kluger Schachzug, findet auch ihr Ehemann.

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Christina Kirchner Foto: AP
Christina Kirchner will Präsidentin werdenBild: AP

Señor oder Señora Kirchner? Monate lang ließ das argentinische Politiker-Ehepaar die Öffentlichkeit im Dunkeln darüber, wer von ihnen bei den Präsidentschaftswahlen am 28. Oktober antreten wird. Vor allem Amtsinhaber Nestor Kirchner versteckte sich hinter Wortspielen – jedoch ohne seine Siegessicherheit zu verbergen: "Ein Pinguin oder eine Pinguinin wird der nächste Präsident von Argentinien", sagte er vor einigen Wochen in Anspielung auf die Pinguinkolonien in Patagonien, die Herkunftsregion des Ehepaares. Doch am Donnerstag (19.07.07) hat die "Pinguinin" ihre Kandidatur bei einem Auftritt in der Stadt La Plata offiziell verkündet.

Ganz in weiß gekleidet versprach Cristina Kirchner Kontinuität: "Das Neue ist gerade, dass der Kurs fortgesetzt wird". Argentinien, das zur Jahreswende 2001/2002 in die tiefste wirtschaftliche und soziale Krise seiner Geschichte geraten war, weist seit dem Amtsantritt ihres Mannes im Jahr 2003 enorm hohe Wachstumsraten auf. In ihrer 45-minütigen Rede betonte die Präsidentschaftskandidatin auch die Notwendigkeit, die demokratischen Institutionen in dem Land, das bis 1983 von einer Militärdiktatur regiert wurde, weiter zu stärken.

Die 54-Jährige, die mit vollem Namen Christina Fernandez de Kirchner heißt, aber in argentinischen Medien nur beim Vornamen genannt wird, ist jedoch viel mehr als die "Primera Dama" im Staat. "Sie ist Polit-Profi", sagt Claudia Detsch, Lateinamerika-Expertin bei der Friedrich-Ebert-Stiftung. Im Jahr 2005 wurde Christina Kirchner Senatorin in der bevölkerungsstarken Provinz Buenos Aires, wo rund 35 Prozent der wahlberechtigten Argentinier leben. Zuvor war sie zehn Jahre lang Senatorin in der Provinz Santa Cruz, wo ihr Mann zeitweise den Gouverneursposten innehatte.

Waffe gegen den Abnutzungseffekt

Nestor Kirchner und Christina Kirchner winken Anhängern zu. Foto: AP
Nestor und Christina Kirchner - ein politisches PaarBild: AP

Das Präsidentenamt hat der Peronist Nestor Kirchner im Jahr 2003 übernommen, nachdem Carlos Menem seine Kandidatur noch vor der geplanten Stichwahl zurückgezogen hatte. Zwar zog Kirchner zunächst mit nur 22 Prozent der Wählerstimmen in den Präsidentenpalast, das Casa Rosada, ein, aber es gelang ihm dank eines enormen Wirtschafswachstums die Mehrheit der argentinischen Bevölkerung auf seine Seite zu bringen. Derzeit liegt er in Umfragen ein paar Prozentpunkte vor seiner Frau, aber dennoch lässt er ihr nun den Vortritt. Denn auch ihr Wahlsieg ist so gut wie sicher.

"Nestor Kirchner fürchtet den Abnutzungseffekt der zweiten Amtszeit wie ihn der vorherige Präsident Menem erlebt hat", sagt Detlef Nolte, Leiter des Giga-Instituts für Iberoamerika-Kunde in Hamburg. Als weiteren Grund sieht Nolte Niederlagen Kirchners bei kürzlich vollzogenen Provinzwahlen.Vor allem den Sieg des konservativen Unternehmers Maricio Macri bei den Bürgermeisterwahlen in Buenos Aires im Juni habe am Glanzlack von Kirchners Präsidentschaft gekratzt. "Christina Kirchner geht unbelastet in ihre Präsidentschaft", sagt Nolte. Doch die Wahrscheinlichkeit sei sehr hoch, dass Nestor Kirchner sich nach der Amtszeit seiner Frau wieder auf das Amt bewerbe.

Präsidenten im Wechsel?

Christina und Nestor Kirchner vor dem Brandenburger Tor. Foto: AP
Das Ehepaar Kirchner auf DeutschlandbesuchBild: AP

"Wenn die Präsidentschaft von Christina Kirchner gut läuft, dann kann Nestor Kirchner weitermachen, wo sie aufhört", sagte Claudia Detsch. "Und wenn es schlecht läuft, dann verkauft Nestor Kirchner seine Amtsübernahme als Rettung zurück in glorreiche Regierungszeiten." Für Detsch steht fest, dass das Ehepaar Kirchner "gut darin ist, die Werbetrommel für sich zu rühren" – obwohl beide kaum Interviews geben.

Besonders Christina Kirchner versteht sich auf das Eigenmarketing. Mit ihren langen dunklen Haaren, der schlanken Figur und ihren extravaganten Designer-Outfits ist sie der Liebling vieler argentinischer Magazine. US-Präsident Bush nannte sie "die schönste Senatorin". Kein Wunder also, dass im In- und Ausland immer wieder der nahe liegende Vergleich mit der argentinischen Ikone Evita auftaucht. Und Christina Kirchner wies ihn zumindest im Wahlkampf für das Senatorenamt nicht zurück.

"Ebenso wie Evita sucht sie die Nähe zum Volk", sagt Claudia Detsch. Anstatt "primera dama" – erste Dame – nennt Christina Kirchner sich lieber "primera cuidana" – erste Bürgerin. Doch neuerdings betont die Präsidentschaftskandidatin lieber Parallelen zu Hillary Clinton, die sie schon in einem Newsweek-Interview im Jahr 2005 als großes Vorbild nannte. Das Ziel nach dem Ehemann an die Staatsspitze zu gelangen, wird Christina Kirchner wohl früher und einfacher erreichen.