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Terrorprozesse in Deutschland

Anne Allmeling16. Juni 2015

Der NSU-Prozess und Gerichtsverfahren gegen islamistische Terroristen haben in den vergangenen Jahren viel Aufmerksamkeit bekommen. Sie zählen zu einer ganzen Reihe von Terror-Prozessen in der Bundesrepublik.

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Fortsetzung NSU-Prozess 20.01.2015
Bild: picture-alliance/dpa/M. Müller

Er soll nach Syrien gereist sein, um sich dort am "Heiligen Krieg" zu beteiligen - jetzt wird einem in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Mann der Prozess gemacht. Ab diesem Dienstag muss sich der 28-Jährige wegen Vorbereitung einer "schweren staatsgefährdenden Gewalttat" in Frankfurt vor Gericht verantworten. In den vergangenen Jahrzehnten gab es in der Bundesrepublik eine ganze Reihe von spektakulären Terrorprozessen - gegen Angeklagte aus der rechts- wie aus der linksextremistischen Szene in Deutschland, aber auch gegen Verdächtige aus dem Ausland. Eine Auswahl.

NSU-Prozess

In München findet seit dem 6. Mai 2013 der NSU-Prozess statt. Der "Nationalsozialistische Untergrund" ist eine rechtsextreme terroristische Vereinigung in Deutschland, der Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe angehörten. Sie waren zusammen in der ostdeutschen Stadt Jena aufgewachsen. Die Zahl ihrer Unterstützer ist unklar. Böhnhardt und Mundlos hatten 2011 zusammen Selbstmord begangen. Zschäpe steht nun in München vor Gericht. Dem NSU werden unter anderem eine Mordserie an Migranten, Attentate und Raubüberfälle "aus einer fremden- und staatsfeindlichen Gesinnung heraus" zur Last gelegt.

Anschlag am Frankfurter Flughafen (Foto: dpa)
Islamistischer Terroranschlag auf dem Frankfurter Flughafen: Im Februar 2012 werden zwei US-Soldaten erschossenBild: picture alliance / dpa

Flughafen-Attentäter

Im Februar 2012 wurde der Attentäter Arid Uka zu lebenslanger Haft wegen Doppelmordes und dreifachen versuchten Mordes verurteilt - die höchste Strafe, die das deutsche Gesetz vorsieht. "Wir haben es mit dem ersten vollendeten islamistisch motivierten Terroranschlag auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu tun", sagte der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel bei der Verkündung des Urteils im Frankfurter Oberlandesgericht. Uka hatte im März 2011 zwei US-Soldaten am Frankfurter Flughafen erschossen. Sie warteten auf einen Bus, der sie zur Luftwaffenbasis Ramstein in der Pfalz bringen sollte. Von dort aus hätten die beiden Soldaten zum Kriegseinsatz nach Afghanistan fliegen sollen. Arid Uka wollte dem Richter zufolge Vergeltung für den andauernden Afghanistan-Einsatz. Der im Kosovo geborene Frankfurter handelte allein - fanatisiert durch Propaganda aus dem Internet.

Sauerland-Gruppe

Die sogenannte Sauerland-Gruppe war eine deutsche Zelle der Islamischen Jihad-Union (IJU), einer terroristischen Vereinigung im Grenzgebiet von Pakistan und Afghanistan. Der Ableger in Deutschland bestand aus vier deutschen und türkischen Männern, die vom Sauerland aus Attentate in Deutschland planten. Im September 2007 wurden sie verhaftet und wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung, Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags und Verabredung zum Mord angeklagt. Im März 2010 wurden die Männer vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Bild aus einer Überwachungskamera: Einer der beiden "Kofferbomber" schlendert ein Gleis im Kölner Hauptbahnhof entlang (Foto: AP)
Bild aus einer Überwachungskamera: Einer der beiden "Kofferbomber" schlendert ein Gleis im Kölner Hauptbahnhof entlangBild: AP

Kofferbomber

Als "Kofferbomber von Köln" wurden im Jahr 2006 zwei junge Männer bekannt, die jeweils einen Koffer mit einem Sprengsatz in einem Regionalzug deponierten. Aufgrund eines handwerklichen Fehlers, so heißt es in der Anklageschrift der Bundesanwaltschaft, explodieren die Bomben nicht. Die beiden Männer stammten aus dem Libanon und reisten direkt nach der Tat über Istanbul in ihre Heimat. Einer von ihnen wurde 2007 in Beirut zu zwölf Jahren Haft verurteilt; der andere, der zurück nach Deutschland gereist war, zu lebenslanger Haft. Vom Oberlandesgericht Düsseldorf wurde er 2008 wegen versuchten Mordes an einer unbestimmten Anzahl Menschen und versuchter Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion zu lebenslanger Haft verurteilt.

Hamburger Zelle

Mounir al-Motassadeq gehört zur so genannten Hamburger Zelle, die an den Terroranschlägen vom 11. September 2001 beteiligt war. Im weltweit ersten Prozess um die Terroranschläge war er als Helfer angeklagt und wurde zu 15 Jahren Haft verurteilt. Das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg bestätigte im Januar 2007 das Urteil wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der Beihilfe zum Mord in 246 Fällen.

Anschlag auf die Diskothek "La Belle" in West-Berlin 1986 (Foto: dpa)
Terror in West-Berlin: Bei einem Anschlag auf die Diskothek "La Belle" kommen 1986 drei Menschen ums LebenBild: picture alliance/dpa/C. Hoffmann

La Belle-Prozess

Die Diskothek "La Belle" in Berlin wurde 1986 zum Schauplatz eines Bombenanschlags, bei dem drei Menschen ums Leben kamen. Hinter dem Attentat wird der Kreis um den damaligen libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi vermutet. Im Jahr 1992 gab es eine erste juristische Anklage gegen Drahtzieher des Attentats. Der Prozess wurde im folgenden Jahr jedoch eingestellt. 1997 begann ein neuer Prozess. Im November 2001 wurden im Landgericht Berlin die Urteile verkündet: Die Hauptschuldige wurde wegen dreifachen Mordes sowie versuchten Mordes zu 14 Jahren Haft verurteilt. Sie hatte die Bombe gelegt - offenbar in dem Glauben, es handele sich bei dem Sprengkörper lediglich um eine Rauchbombe. Drei weitere Täter wurden wegen Beihilfe zum Mord ebenfalls zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Nach Überzeugung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei den Verurteilten aber nicht um die eigentlichen Haupttäter. Nach Auffassung der Richter hatten libysche Beamte den Anschlag geplant und den Sprengstoff nach Berlin geschafft.

Stammheim-Prozess

Im Mai 1975 begann der erste Prozess gegen die linksextreme Rote Armee Fraktion (RAF) vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart, der auch als "Stammheim-Prozess" bezeichnet wird. Ihm folgten später noch zahlreiche weitere Prozesse gegen die RAF. Im "Stammheim-Prozess" waren Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof, Holger Meins und Jan-Carl Raspe wegen mehrfachen Mordes und mehrerer Mordversuche während der "Mai-Offensive" der RAF 1972 angeklagt. Das Urteil wurde im April 1977 verkündet, wurde aber nicht rechtskräftig. Holger Meins war Anfang 1975 in Haft in einen Hungerstreik getreten und gestorben, Ulrike Meinhof beging 1976 Selbstmord. Im Oktober 1977 nahmen sich die drei übrigen Verurteilten ebenfalls in Haft das Leben.