Die Geschichte der Badekultur
Die Geschichte der Badekultur reicht bis in die Antike zurück. Von den Thermen Roms über die Badehäuser bis hin zum Massentourismus war es ein weiter Weg. Eine Zeitreise durch die Kultur des gepflegten Planschens.
Pack die Badehose ein!
… heißt es in einem bis heute beliebten Schlager aus den 1950er Jahren. Warmes Wasser, blauer Himmel und strahlender Sonnenschein locken jeden Sommer Millionen Menschen an Strände wie diesen an der Nordsee. Wer keinen Strand in der Nähe hat, badet in Schwimmbädern und Seen. Seit Jahrtausenden zieht es die Menschen ins Wasser – und jede Zeit hat ihre eigene Badekultur hervorgebracht.
Römische Bademeister
Schon die Römer waren Badefanatiker. In zahlreichen Thermen wie dieser Rekonstruktion ließen sie es sich gut gehen. In heißen, warmen und kalten Becken schwitzten und froren die Männer und Frauen – natürlich getrennt voneinander. Die Baderituale der Römer dienten allem voran der Hygiene. Darüber hinaus trafen sich die Römer hier jedoch auch zum Plaudern, Geschäfte machen und zur Entspannung.
Das Badehaus als Sündenhort
Nach dem Untergang Roms verfielen die Thermen. Wasserscheu waren aber auch die Menschen des Mittelalters keineswegs. In Badestuben wie dieser stiegen sie in die Wanne – obwohl die Kirche übermäßiges Baden als lasterhaft verurteilte. Wie in Rom war das Badehaus des Mittelalters ein sozialer Treffpunkt. Und bisweilen ein Sündenhort: Gelegentlich bandelten Männer und Frauen miteinander an.
Viel hilft viel!
Wasser ist nicht gleich Wasser. Mineralienreiche Heilquellen zogen seit dem 15. Jahrhundert wohlhabende Kranke an, die ihre Genesung beschleunigen wollten. "Viel hilft viel!" war die Devise, etliche Stunden mussten die Kurgäste in den Wannen verbringen. Reichlich Essen, viele Getränke und ausgiebige Feiern rundeten das Kurprogramm ab. Geistliche runzelten die Stirn bei so viel Ausgelassenheit.
Badespaß für Reiche
Bald zog es die Badelustigen aber aus den Badewannen ans Meer. Heiligendamm an der Ostsee zog als erstes deutsches Seebad seit 1793 Gäste aus aller Welt an. Sogar der russische Zar genoss hier das idyllische Treiben. Heiligendamm war ein teures Pflaster, die Reichen waren beim Baden unter sich. Das gemeine Volk schwamm im See oder Fluss.
Badekarren sorgen für Zucht und Ordnung
Die Küsten waren bald gesäumt von weiteren Seebädern. Es galt allerdings als unschicklich, wenn eine Frau in der Nähe von Männern baden ging. Eine Lösung bot der Badewagen. Per Pferdekraft schob man die Badegäste in diesen Wagen ins Meer. Dort konnte die Damenwelt dann ungesehen ins kühle Nass gleiten. Viele Städte richteten zudem Badeanstalten an ihren Flüssen ein.
Auf in die Sommerfrische
"Männliche Schönheiten im Herrnbad Ahlbeck" präsentiert dieses Foto von der Insel Usedom. Die Sommerfrische am Meer wurde Anfang des 20. Jahrhunderts für immer mehr Menschen erschwinglich. Frauen wird man vergebens suchen, die Damen hielten sich an einem Frauenstrand auf. Es sollte noch bis in die 1920er Jahre dauern, bis Ehepaare überall gemeinsam baden durften.
Das ganze Volk geht baden
Es dauerte nicht lange, bis das Baden ein Freizeitspaß für alle wurde. Um 1900 herum verfügten viele Städte über öffentliche Schwimmbäder, die sich fast jeder leisten konnte. Wer sich den Eintritt sparen wollte, konnte sich im Sommer auch in einen Badesee stürzen, wie hier am Berliner Wannsee. Baden war Volkssport. "Jedem Deutschen wöchentlich ein Bad! ", empfahl ein Hautarzt um 1870.
"Schwedisch-Baden"
Gegen alle "guten Sitten" verstießen die Anhänger der Freikörperkultur. Unbeschwerte Nacktheit gilt hier als Rückkehr zur Natur. Gegen das im Volksmund als "Schwedisch-Baden" verspottete Nacktbaden liefen Sittenwächter Sturm, seit um 1900 die ersten Nackedeis gesichtet wurden. Nacktsein sollte damals der angeblichen Verweichlichung entgegenwirken, viele FKKler waren im rechten Lager aktiv.
Urlaub am "Ungarischen Meer"
Die Deutschen in der DDR wollten ebenfalls die Badefreuden genießen – nicht nur an der heimischen Ostsee. In das westeuropäische Ausland mit seinen Badestränden durften sie im Gegensatz zu den Westdeutschen nicht reisen. Der Plattensee in Ungarn bot eine Alternative. Im Gepäck hatten die DDR-Bürger immer mitgebrachte Konserven. Sonst wäre der Badeurlaub unerschwinglich gewesen.
Kaum Platz fürs Handtuch
Baden ist heute ein Spaß für alle. An manchen Stränden ist es deshalb eng geworden. Einsame Küstenabschnitte gibt es aber immer noch – wenn sie nicht in den Medien als "Geheimtipp" vermarktet werden. Und schließlich lockt daheim auch das Freibad, das in der Urlaubssaison leer ist. So kann jeder den Teil der Badekultur pflegen, der ihm am meisten zusagt.