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Die gefährlichsten Gewässer der Welt

Patrick Tippelt, Bangkok2. Januar 2006

Piraten sind noch lange nicht ausgestorben. Sie plagen die Straβe von Malacca. Jetzt überwachen die Anrainerstaaten die geplagte Meerenge – aber nur, weil man Amerika fürchtet. Und Thailand macht gern mit.

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Moderne Piraterie hat wenig zu tun mit den Bildern, die man aus Filmen kennt. Die wenigsten von ihnen erinnern an den galanten Errol Flynn oder an Johnny Depp in "Fluch der Karibik". Die Piraten von heute entern Schiffe mit Maschinengewehren und Macheten, sind aus auf Mord und ertragreiche Beute. Menschenleben zählen wenig. Die Piraten sind die Plage aller Seemänner, die die Straβe von Malacca durchfahren.

Logistischer Albtraum

Die einzige Verbindung zwischen der thailändischen Andamansee und dem Südchinesischen Meer ist mit die meist befahrene der Welt. Jährlich passieren rund 50.000 Schiffe die Meerenge zwischen Malaysia und Indonesien. 800 Kilometer lang, an der engsten Stelle nur 2,8 Kilometer breit, ist sie das logistische Nadelöhr Asiens. Mehr als 30 Prozent des Welthandels zur See und ein Viertel verschifften Öls passieren sie. Kein Wunder, dass Angreifer en masse auf den kleinen Inseln Malaysias und Indonesiens auf Beute lauern.

Krisenmanagement für den Schiffskoch

127 Piratenattacken wurden 2004 hier registriert – alle drei Tage einer. Seeräuberei ist beinahe alltäglich. Reeder bilden ihre Mannschaften in Krisenmanagement aus. Dank der Ölpreise, die immer weiter in die Höhe schnellen, erhöhen sich automatisch die Kosten – und der Wert – der Frachten. Was für die Freibeuter die Piraterei natürlich umso verlockender macht.

Bisher fanden sich die Patrouillenboote der Anrainerstaaten oft an Feuerkraft unterlegen und von den Seeräubern ausmanövriert. Denn nicht nur primitive Tropenpiraten machen ihnen zu schaffen; oft kämpfen sie gegen internationale Syndikate, die systematisch Attacken planen und entführte Schiffe in Häfen fahren, wo deren Auftraggeber schon auf die Beute warten. Zinn, Aluminium und Öl stehen zur Zeit hoch im Kurs.

Onkel Rumsfelds Angebot

Irgendwie nahm man all dies bisher hin. Doch dies hat sich nun geändert, dank der globalen Terrorismuswellen und Donald Rumsfeld, dem US-amerikanischen Verteidigungsminister. Der hatte nämlich im Juni 2005 Indonesien, Malaysia und Thailand groβzügig Hilfe angeboten. Gern hätte er seine eigenen Anti-Terror-Truppen in die Meerenge geschickt. Ihm ging es da weniger um Piraten, viel eher um böse Muslime, die Selbstmordattentate verüben könnten. Oder ein mit Sprengstoff vollgestopftes Motorboot gegen Öltanker fahren lassen. Oder einen Supertanker als eine Riesenbombe missbrauchen. Oder einfach die Meerenge schlieβen, indem sie ein Schiff versenkten (die Straβe ist mancherorts nur 25 Meter tief). Dies würde sich sofort auf die globale Wirtschaft auswirken.

Gegenattacke!

Indonesien und Malaysia – die zwei muslimischen Riesen in der Region – hatten Rumsfeld Angebot rasch dankend abgelehnt. Ihnen ging es um Gebietshoheit. Die beiden Länder paktierten dann mit Singapur und Thailand, und ab diesem Monat überwacht ein Flottenverband die Straβe von Malacca. Patrouillenboote sichern die Meerenge ab gegen Piraten, Waffen- und Drogenschmuggler und eventuelle Terrorattacken.

Und warum gerade Thailand, dass eigentlich nichts mit der Meerenge am Hut hat? Das Land handelt fast seinen gesamten Import-Export per Schiff ab. Aber vor allem fürchtet es, dass malaysische Gesinnungsbrüder Waffen in den muslimischen Süden Thailands verschiffen. Das macht die Kosten für ein paar bewaffnete Wachboote doch glatt wieder wett.