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Veraltete Konzepte

18. April 2009

Die G8-Agrarminister treffen sich zu ihrem ersten eigenständigen Agrar-Gipfel in der italienischen Treviso-Provinz. Um den Hunger in der Welt zu bekämpfen, sind die G8 das falsche Forum, kommentiert Helle Jeppesen.

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Themenbild Kommentar
Bild: DW

Wenn sich die G8 treffen, um über die Bekämpfung des weltweiten Hungers zu diskutieren, ist das an sich ein Paradox. Besteht doch die G8 aus den USA, Kanada, Russland, Japan, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien - allesamt Länder, deren Landwirtschaft auf Großbetrieben und Staatssubventionen aufgebaut ist. Da hilft es wenig, dass die G5 - bestehend aus Indien, China, Mexiko, Brasilien und Südafrika - quasi als Zaungäste zum Treffen der G8-Agrarminister am Sonntag (19.04.2009) und Montag eingeladen sind, wenn es darum geht, Empfehlungen für die globale Agrarpolitik für den nächsten G20-Gipfel zu erarbeiten.

Man muss sich erst einmal die ganzen Gs auf der Zunge zergehen lassen, um zu begreifen, was sich in Cison di Valmarino in der italienischen Treviso-Provinz abspielt. Mit dem vorab bestellten Bericht "The Global Challenge to Reduce Food Emergency" sind bereits vor dem Agrar-Gipfel die Grundzüge des Ergebnisses festgelegt. Denn das Dokument, das die G8-Minister als Vorbereitungsbericht bestellten, kennt nur die alte, aber schon längst nicht mehr bewährte Methode der Krisenbewältigung: Bis 2050 muss die Landwirtschaftsproduktion verdoppelt werden. Die Produktionsverdoppelung bezieht sich allerdings auf die Verkaufs- und Produktionsstrategien, die sich bisher zwar äußerst profitabel für die G8-Länder erwiesen haben, jedoch noch keinen Hungernden Essen auf den Tisch gebracht haben.

Bedrohung für Kleinbetriebe

Helle Jeppesen (Foto: AP)
Helle JeppesenBild: DW/Helle Jeppesen

Mit den Produktionsanreizen für die eigene Landwirtschaft werden abermals Kleinbetriebe kaputtgemacht – weltweit. In den G8-Ländern sind die meisten Kleinbetriebe bereits den Agrarfabriken zum Opfer gefallen. Die Überschussproduktion wird dann als Billigware in die Dritte-Welt-Länder exportiert, wo sich die Kleinbauern nicht wehren können und wo die eigene Landwirtschaft mit Subventionswaren der Reichen kaputt gemacht wird.

Diese Form von Landwirtschaft ist genau das, was die Welt nicht braucht, stellte der Weltagrarbericht vor einem Jahr fest. Auch das UN-Umweltprogramm UNEP plädiert für eine nachhaltige Landwirtschaft als einzige Rettung, wenn wir die wachsende Weltbevölkerung ernähren wollen - ohne die Umwelt zu zerstören und ohne den Klimawandel voranzutreiben. Bereits heute gehören die Agrarfabriken zu den größten Wasserverschwendern und Umweltsündern: Ein Fünftel des weltweiten CO2-Ausstoßes geht auf das Konto der Waldvernichtung für Agrarflächen.

Nachhaltige Landwirtschaft nötig

Doch eine nachhaltige Landwirtschaft erfordert einen Strukturwandel, wo Wissen und Saatgut nicht von multinationalen Konzernen patentiert werden, wo im Einklang mit der Natur produziert wird und nicht gegen sie wie in den Agrarfabriken, die so eifrig von den G8-Ländern subventioniert werden. Nachhaltigkeit heißt auch, dass die Umweltbilanz mitberücksichtigt werden muss, wenn lokal gezüchtete Produkte global vermarktet werden. Und Nachhaltigkeit heißt, dass nicht zwischen 30 und 40 Prozent der weltweiten Erträge schlicht und ergreifend in den Müll landen, wie es heute der Fall ist.

Einfach mehr produzieren, wie es die G8-Runde vorschlägt, wird den Hunger nicht bekämpfen. Nahrungsmittel als Spekulationsobjekte mit Aussicht auf Profitmaximierung können nicht die Antwort auf die globale Lebensmittelkrise sein. Die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft, FAO, schätzt, dass 30 Milliarden US-Dollar jährlich nötig wären, um die globale Agrarkrise zu überwinden und eine nachhaltige Landwirtschaft zu fördern. Für die Finanzkrise bewegen wir uns bereits im Trilliarden-Bereich – und FAO wird auch weiterhin vergeblich um die Geldmittel bitten, die allein für die Beseitigung des akuten Hungers nötig sind.

Autor: Helle Jeppesen

Redaktion: Dirk Eckert