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Die EU und die Ukraine

Alexander Kudascheff26. Januar 2005

Es war ein Triumph der Zivilgesellschaft: der späte Sieg des neuen ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko. Es war die Geburt einer neuen, einer demokratischen Ukraine. Und Europa?

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Am Anfang war es mit der Lage im Nahen Osten nach dem Tod Jassir Arafats befasst. Dann schickte man zwar den abgehetzten Javier Solana, aber außer ein paar Ratschlägen (Motto: "Wir dürfen die Russen nicht verärgern") hatte man wenig im diplomatischen Gepäck. Wenn, ja wenn nicht die Polen und die Litauer aktiv geworden wären. Zuerst Solidarnosc-Gründer, Ex-Präsident und Friedensnobelpreisträger Lech Walesa. Dann die beiden Präsidenten Kwasniewski und Adamkus, die am runden Tisch den Einfluss Europas sicherten - und den friedlichen Machtwechsel entscheidend förderten.

Alexander Kudascheff

Juschtschenko ante portas

Und jetzt? Da steht Juschtschenko vor den Toren der EU, der Gemeinschaft der 25, bald 27, 28 und mit der Türkei 29 Mitglieder. Er repräsentiert ein Land mit europäischer Kultur und Tradition. Er vertritt eine junge, friedlich geborene Demokratie. Und er will die Ukraine nach Europa, in die EU führen. Doch im offiziellen Brüssel? Schweigen, betretene Minen, Bedenken überall. Nichts von herzlichem Interesse, nichts von großzügiger Freude ist zu spüren.

Die junge Ukraine - sie ist kein Thema. In die EU? Plötzlich sprechen alle, die das im Falle der Türkei negieren, vom langen Reifeprozess der Ukraine. Sie sprechen von der mangelnden Aufnahmefähigkeit der EU. Sie sprechen davon, dass es neben der Mitgliedschaft auch andere Optionen für die EU geben müsse - und so hinter mancher verschlossener Tür wird ganz unverhohlen von privilegierter Partnerschaft gesprochen. Und ansonsten: Da sind sich die meisten, die allermeisten Europäer einig: Wir wollen den russischen Bär weder ärgern noch verärgern. Wir wollen das gute Verhältnis zu Putin nicht belasten - auch wenn das auf Kosten der Hoffnungen und Wünsche der Ukrainer geht. Dabei ist selbst dem zunehmend autokratisch regierenden Kremlchef klar: Die Ukraine wird sich in Richtung Europa bewegen. Und niemand wird das auf Dauer aufhalten können.

Dem Status quo verhaftet

Die Europäer aber bleiben bedeckt. Sie sind nicht in der Lage, sich großzügig zu zeigen. Sie sind unfähig, auch emotional auf die Revolution in orange zu reagieren. Sie bleiben dem Status quo verhaftet und lösen sich nur widerwillig und langsam davon. Damit unterminieren sie ihre eigene Grundidee: eine Gemeinschaft der Freiheit und der Demokratie zu sein, offen für alle, die die Bedingungen des Clubs erfüllen. Nun weiß jeder, dass die Ukraine zur Stunde wahrlich nicht reif ist, auch nur über Beitrittsverhandlungen nachzudenken. Aber die Perspektive sollte die EU dem östlichen Nachbarn nicht verweigern. Denn da gilt das "nicht-europäische" Wort: Der Weg ist das Ziel.