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"Die Einrichtung einer Flugverbotszone wäre nicht sinnvoll"

3. März 2011
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Daniel Scheschkewitz, Zentrale Programmredaktion (Foto: DW)
Daniel Scheschkewitz, Zentrale ProgrammredaktionBild: DW

Sicher ist das, was derzeit in Libyen passiert, nach allem, was wir wissen, ein brutaler Verstoß gegen die Menschenrechte. Aber ist es Völkermord? Ein Regime versucht mit allen erdenklichen Mitteln an der Macht zu bleiben und schreckt auch vor Mord und Totschlag nicht zurück. Dennoch bleibt es ein innerlibyscher Machtkampf.

Ein militärischer Eingriff - und nichts weniger wäre die Einrichtung und Durchsetzung einer Flugverbotszone - wäre ein gefährlicher Präzedenzfall, der die völkerrechtliche Souveränität von Staaten in Frage stellte. Einzelne bewaffnete Angriffe auf Zivilisten reichen zur Begründung einer Intervention nicht aus.

Die Lage in Libyen ist nicht mit dem Völkermord in Ruanda zu vergleichen. Viel zu leicht könnte eine Flugverbotszone als "imperialistischer" Eingriff des Westens zur Sicherung seiner Energievorkommen missdeutet werden. Dies wäre ein willkommenes Argument für El Kaida und andere Islamisten, die nur darauf warten, die gegenwärtigen Umbrüche in der arabischen Welt zu ihren Gunsten zu nutzen.

Davon abgesehen wäre eine Flugverbotszone nur mit erheblichem militärischem Aufwand durchzusetzen. US-Militärs haben zu Recht darauf hingewiesen, dass man vorher die libysche Flugabwehr ausschalten müsste, wenn man die NATO-Flugzeuge nicht den libyschen Boden-Luft-Raketen aussetzen will. Der Wüstenstaat umfasst darüber hinaus ein riesiges Territorium, über dem mehrere Hundert Flugzeuge tagtäglich patrouillieren müssten - eine militärische Operation von beträchtlichem Ausmaß, für die in den NATO-Mitgliedstaaten nach den Erfahrungen in Afghanistan derzeit die Bereitschaft fehlt.

Außerdem: Was wäre für die Anti-Gaddafi-Kräfte mit einer Flugverbotszone gewonnen? Die Kämpfe am Boden, die von den Milizen des Diktators geführt werden, könnten letztendlich nur von Bodentruppen beendet werden. Und die ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt niemand bereit zu entsenden - weder die USA noch die EU, geschweige denn die Arabische Liga oder die Afrikanische Union.

Es bleibt der internationalen Staatengemeinschaft nur, dass Gaddafi Regime langfristig durch Sanktionen und ein Waffenembargo zu isolieren und dem Schlächter von Tripolis zu signalisieren, dass seine Menschenrechtsverstöße nicht ohne strafrechtliche Folgen bleiben werden. Dies hat man mit bisher noch nicht dagewesenem Tempo und Geschlossenheit getan. Jetzt gilt es eine große humanitäre Hilfsaktion an den Grenzen Libyens zu organisieren. Den letzten Schritt zu seiner Befreiung aber muss das libysche Volk selber tun.

Autor: Daniel Scheschkewitz
Redaktion: Klaus Dahmann

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