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Die Cyber-Bettlerin

26. August 2002

"Haste mal 'nen Euro?" Diese Worte kennt jeder Passant aus der Fußgängerzone. Fürs Internet wurde der klassische Bettelsatz nun geändert, er lautet: Save Karyn.

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Zu oft gezückt: die KreditkarteBild: AP

Mit diesem Hilferuf zur Rettung ihrer selbst tritt unter der Webadresse www.savekaryn.com die junge Amerikanerin Karyn an, die hohe Schulden hat und diese mit Hilfe von selbstlosen Spendern gerne abbauen möchte. Karyn ist dreist, aber ehrlich: Sie berichtet nicht etwa von Ausgaben wegen einer angeblichen Notsituation, sondern gesteht ganz offen, dass sie vor allem deshalb kurz vor dem Bankrott steht, weil sie sich viel zu oft Designerschuhe kaufte.

Zu oft in teuren Boutiquen eingekauft

"Ich werde hier keine Schluchz-Geschichte erfinden, um Ihr Mitleid zu erregen", beteuert Karyn, die ihren Nachnamen nicht verraten will, weil ihr die hohe Schuldenlast doch ein wenig peinlich ist. Sie verrät nur wenige Details: Sie ist 26, arbeitet beim Fernsehen und kam vor einigen Jahren aus einem Kaff im mittleren Westen der USA nach New York. Dort entwickelte sie schnell eine Leidenschaft für den Einkauf in teuren Boutiquen, bis sie plötzlich diversen Kreditkarten-Firmen insgesamt 20.000 Dollar (20.500 Euro) schuldete.

Karyn hat schon fast 3000 Dollar erhalten

Mit ihrer Bitte um einen oder zwei Dollar konnte Karyn nach eigenen Angaben bereits hunderte von Spendern anlocken, überwiegend Amerikaner, aber auch Deutsche, Kanadier, Neuseeländer sowie mindestens zwei überhaupt nicht geizige Schotten. Sie schickten insgesamt fast 3000 Dollar - über ein Online-Zahlungssystem, aber auch auf dem traditionellen Postweg, in Umschlägen, in denen Dollarscheine und Schecks steckten. Viele Geldgeber belassen es nicht bei einem Kleinbetrag. Karyn erhielt bereits mehrere Einzelspenden in Höhe von 100 Dollar. Außerdem versteigert sie auf Auktions-Websites einige der edlen Kleidungsstücke, die ihren Schuldenberg so hoch werden ließen.

Hollywood interessiert sich für die Story

Zur finanziellen Rettung Karyns könnte auch ein Filmstudio beitragen. Denn nun interessiert sich sogar Hollywood für die bizarre Geschichte der Cyber-Bettlerin, vor allem seit sie böswillige Konkurrenz bekommen hat. Für besonders unterhaltsames Surfen im Internet sorgt inzwischen eine Website, deren Name www.dontsavekaryn.com ein deutliches Signal ist. Karyn soll nicht gerettet werden, denn sie übernimmt nun mal keine Verantwortung für ihr Leben, sagt ein Karyn-Hasser namens Ben. Zusammen mit seinem Freund Bob imitiert er bis ins Detail die Bettel-Website der einkaufslustigen New Yorkerin.

Die Konkurrenz schläft nicht

Bob und Ben wollen ebenfalls ihre Nachnamen nicht bekannt geben. Sie bitten um Spenden, aber nicht zur Abzahlung von Schulden. Stattdessen wollen sie das erbettelte Geld verprassen. Falls genug Dollar zusammen kommen, will das Parodisten-Duo in einer symbolischen Protestaktion ein Paar Designerschuhe kaufen und diese verbrennen. Dieses Spektakel soll dann mit Fotos dokumentiert werden. Bob und Ben behaupten, dass sie für ihr Projekt bereits Unterstützer gefunden haben. Allerdings hält sich die Hilfsbereitschaft der Besucher von www.dontsavekaryn.com in Grenzen. Denn bisher kamen gerade mal 100 Dollar zusammen. dpa/(pg)