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Die Burg boomt - seit Jahrhunderten

8. Juli 2010

Fast jedes Kind hat mal mit einer aus Plastik gespielt: Burgen faszinieren seit Jahrhunderten große und kleine Jungs – ob Ludwig II. oder Disneyland-Fans. In einer Nürnberger Schau lässt sich jetzt Neues über sie lernen.

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Bischofsburg Kuresaare in Estland (Foto: Sorges)
Traum aller großen und kleinen Jungs: die BurgBild: J. Sorges

Er ist jung, tapfer und edel – ein Ritter ohne Furcht und Tadel. Aufgewachsen in einer nebeligen Sumpflandschaft Britanniens wird Prinz Eisenherz in Camelot, der Burg des legendären König Artus, in der Kampfeskunst und in höfischem Verhalten unterwiesen. Der Zeichner Hal Foster lässt die Titelfigur seiner Comic-Serie in einer fiktiven mittelalterlichen Szenerie auftreten, die von Turnieren und spannenden Auseinandersetzungen geprägt ist.

Idealisierte Burg-Darstellung (Foto: Germanisches Nationalmuseum)
Nicht erst die Romantik verherrlichte die mittelalterliche BurgBild: Kurpfälzisches Museum, Heidelberg

Jetzt ist der ritterliche Superheld auch in der Nürnberger Mammutschau "Mythos Burg" zu finden und besteht seine Abenteuer auf bedrucktem Papier in einer Vitrine. Die ausgestellte "Prinz Eisenherz"-Ausgabe ist aber nur eines von insgesamt 650 Exponaten, die im Germanischen Nationalmuseum demonstrieren, wie stark das mittelalterliche Leben die Phantasie der Menschen beschäftigt hat – und immer noch beschäftigt.

Die weltweit größte Präsentation zum Thema Burgen

Die in acht Kapitel unterteilte Ausstellung reicht von Bodenfliesen über Abbildungen und Miniaturmodelle diverser Burgtypen bis hin zu Brettspielen, Werbeplakaten und Filmen, die über Monitore flimmern. Harnische und Schilde, Schwerter, Kettenhemden und Helme, historische Kleidung, Tafelbilder, Bücher oder das kostbare Fragment einer "Parzival"-Handschrift: Auf 1200 Quadratmetern präsentiert das Germanische Nationalmuseum Nürnberg in seiner kurzweiligen Ausstellung – immerhin die weltweit größte zum Thema Burgen – nicht nur herausragende Schaustücke, sondern auch eine Fülle neuer Erkenntnisse.

Schloss Neuschwanstein (Foto: dpa)
Ludwig II. setzte seiner architektonischen Träumerei im Schloss Neuschwanstein ein DenkmalBild: picture alliance / dpa

Etwa, dass Burgen einst nicht nur befestigte Adelswohnsitze waren, sondern auch von Klöstern oder Städten genutzt und errichtet wurden, zum Beispiel zum Geld-Eintreiben. Glaubte man bislang, dass der Burgenbau mit der gesunkenen Macht des Königtums erst im 11. Jahrhundert im großen Stil einsetzte, weiß man nun, dass bereits im 7. Jahrhundert Festungsanlagen weit verbreitet waren: als Gesellschaftsburgen zum Schutz ganzer Dörfer. Dabei werden die Begriffe "Burg" und "Stadt" zeitweise sogar synonym verwendet, was sich auch darin zeigt, dass der Städter in seiner von Mauern umgebenen Ortschaft bald als "Bürger" bezeichnet wird.

Schloss Neuschwanstein und Micky Maus

Micky-Maus-Comic (Foto: Germanisches Nationalmuseum)
Auch hier darf die Burg nicht fehlenBild: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg

Woran aber liegt es, dass Menschen schon im Mittelalter von Burgen fasziniert waren? Nicht erst in der Romantik oder gar später, als Ludwig II. seiner architektonischen Träumerei im Schloss Neuschwanstein ein würdiges Denkmal setzte, das in der Folge die märchenhafte Vorlage zu mancher Micky-Maus-Geschichte wurde? Die exponierte Lage der Festungen auf Bergen, ihre imposante Gestalt und ihre Funktion als Zentren der Macht sind sicher Gründe dafür, dass diese Bauwerke mystifiziert und von Künstlern wie Peter Paul Rubens oder William Turner auf Bildern verewigt wurden.

Zwei 21 Meter lange Lithografien aus dem 19. Jahrhundert – Ansichten vom burgenreichen Rheinufer zwischen Mainz und Koblenz – Werke, die erstmals überhaupt öffentlich gezeigt werden, sind in der exzellenten Nürnberger Ausstellung weitere Belege für den Burgen-Mythos, der auch bei Harry Potter seinen Niederschlag gefunden hat.

Autor: Thomas Senne
Redaktion: Manfred Götzke