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Arabische Liga will Autonomie zeigen

15. Januar 2012

Die Beobachter-Mission der Arabischen Liga sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt. Im Gespräch mit DW-WORLD.DE erklärt Syrien-Experte André Bank, warum die Mission dennoch fortgesetzt wird.

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André Bank, Syrien-Experte am GIGA-Institut für Nahost-Studien in Hamburg (Foto: GIGA)
André Bank, Syrien-Experte am GIGA-Institut für Nahost-Studien in HamburgBild: GIGA

DW-WORLD.DE: Die Arabische Liga ist für ihre Syrien-Mission von allen Seiten kritisiert worden. Hilfe von Experten der Vereinten Nationen hat sie aber abgelehnt. Warum?

André Bank: Sie möchte in erster Linie Autonomie zeigen und unterstreichen, dass sie zum ersten Mal in ihrer jüngeren Geschichte so eine Beobachter-Mission durchführen kann. In der Vergangenheit war sie ja im Grunde ein Diskussionsforum. Es ist aber nicht so, dass überhaupt keine Hilfe von der UN in Anspruch genommen wird. Letzte Woche gab es einen Besuch des katarischen Premierministers bei UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Da wurde angedeutet, dass diese Beobachter-Mission technische Probleme hat und dass die UN möglicherweise aushelfen kann. Wie das genau aussieht und was das genau bedeutet, wissen wir nicht, aber es ist auf jeden Fall so, dass die Arabische Liga in dieser Mission eine eigenständige Position behalten möchte.

Der Mission ist es bislang nicht gelungen, die Gewalt einzudämmen. Warum?

Eine Vorbedingung für eine Mission war ja, dass syrische Regierungstruppen sich aus den zentralen Städten, in denen gekämpft wird - Homs, Daraa und andere - zurückziehen. Das ist in der Tat nicht passiert. Aber abgesehen von dieser Frage, ist es auch so, dass diese Mission eigentlich viel zu klein ist, um wirklich das Ende der Gewalt einzuleiten. Selbst wenn die gesamten 500 Diplomaten dieser Mission jetzt einreisen könnten, wie es ja ursprünglich in dem Friendensplan mit Syrien Ende November verhandelt wurde, selbst dann ist es unrealistisch, dass diese Beobachter-Mission das wirklich leisten kann.

Wird die Mission zu Recht kritisiert?

Die Mission kann man insofern kritisieren, als dass die Arabische Liga auf jeden Fall versucht hat, sie über einen forcierten Konsens durchzusetzen. Ich denke, dass andere Institutionen wie die EU oder die UN das mit einem solchen sehr weichen Mandat möglicherweise gar nicht durchgesetzt hätten, aber ein härteres Mandat wäre politisch auch nicht machbar gewesen. Hier gab es ja einen langen Verhandlungsprozess zwischen der Arabischen Liga und der syrischen Regierung. In vielerlei Hinsicht ist das ein sehr schwacher Kompromiss und das entspricht jetzt diesem Ergebnis der Mission.

Man sollte die Mission aber auch nicht generell verteufeln und alles daran kritisieren. Es ist ja so, dass einzelne der Beobachter innerhalb der Mission durchaus auch kritische Elemente berichten. Der Leiter der Mission, der Sudanese Al-Dabi, ist sicherlich ein Politikum. Aber ohne einen Vertreter aus einem Syrien wohlgesonnenen Land - und der Sudan ist ein solches - hätten die Syrer die Beobachter gar nicht akzeptiert. In vielerlei Hinsicht ist das auch ein politischer Deal, und man sollte auch von vornherein das, was diese Beobachter leisten, nicht überbewerten, denn die Regierungspolitik spricht klar für eine Kontinuität der Repression. Gleichzeitig ist es auch zu einer zunehmenden Bewaffnung und zu einer zunehmenden Gewaltaktionen von Seiten der syrischen Opposition gekommen.

Warum wird die Mission fortgesetzt, wenn jetzt schon absehbar ist, dass sie ihre Ziele nicht erreichen kann?

Die Mission wird deshalb fortgesetzt, weil die Arabische Liga einen nicht noch größeren Gesichtsverlust erleiden möchte. Hinter dieser Entscheidung stehen ja gewichtige Interessen; die Liga wird angeführt und dominiert von Katar und Saudi-Arabien, und ich würde sagen, dass die Arabische Liga, wie sie sich jetzt konstituiert, interessanterweise erstmalig zu einem weitgehenden Konsens gefunden hat. Es gab Enthaltungen von Sudan, Libanon und dem Irak, aber ein Großteil der arabischen Staaten hat dieser Mission zugestimmt. Und es ist für die weitere institutionelle Politik der Arabischen Liga wichtig, dass diese Mission nicht gänzlich scheitert und vor Ende dieser vier Wochen abgebrochen wird.

André Bank ist Research Fellow am GIGA Institut für Nahost-Studien in Hamburg.

Das Interview führte Anne Allmeling.
Redaktion: Sonila Sand