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Zypern zittert

Manuel Özcerkes, z.Zt. Nikosia22. März 2013

Die Situation für Zypern wird immer bedrohlicher. Ein halbherziger Rettungsplan der Regierung, eine verärgerte Eurogruppe und dazu noch die Botschaft aus Moskau: Wir helfen nicht. Die Zyprer sind verzweifelt.

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Menschen stehen vor einem Bankautomaten (Foto: AP)
Zypern BankenkriseBild: picture-alliance/AP

Noch in der Nacht sind die Schlangen vor den Geldautomaten zu sehen. Ganze Familien haben sich angestellt. Angst macht sich breit, dass die Banken zahlungsunfähig werden. Seit Stunden versuchen Tausende Zyprer, so viel Geld wie möglich vom Konto zu holen. Ich bin mit einem griechischen Kollegen auf der Insel, um für die DW über die Krise in Zypern zu berichten. Mein Kollege Miltiades Arsenopolous kennt die Griechenlandkrise als Berichterstatter für die DW. Aber das, was sich uns hier zeigt, hat selbst er noch nicht erlebt: Zypern bewegt sich mit hoher Geschwindigkeit auf eine Pleite zu. Ein Absturz mit Ansage, denn wenn sich nicht in wenigen Tagen jemand findet, der den Banken Milliarden an Euro zur Verfügung stellt, dann sind sie bankrott: die Banken, die Menschen und das Land.

Zypern: Land im Ausnahmezustand

Was passiert am Dienstag?

Schon am Vormittag haben sich lange Schlangen vor den Geldautomaten gebildet. Die Ersparnisse der Menschen auf Zypern stehen auf dem Spiel. So wie die einer Anwältin, die sich gerade 1300 Euro am Geldautomaten besorgt hat. "Wenn am Dienstag die Banken öffnen, dann hol' ich mir den Rest. Ich hab' viel verdient und viel gespart. Das will ich nicht verlieren", sagt sie. Ich würde wahrscheinlich genauso handeln, wenn ich ein Konto bei einer der zyprischen Banken hätte. Am Abend dann verschärft sich die Krise spürbar für die Menschen. Jeder darf nur noch 350 Euro am Automaten abheben. Wenn das Bankensystem wie derzeit in Zypern nicht funktioniert, dann spüren die Menschen die Krise hautnah.

Kein Geld, keine Geschäfte

Und das gilt auch für die Unternehmen. Was macht ein Betrieb, wenn er keinen Zugriff auf sein Geld hat? Überweisungen sind nicht mehr möglich seit ein paar Tagen. Antonis Matheon weiß, was das für einen Unternehmer bedeutet. Er kauft und verkauft Lebensmittel aus Asien. Seit dem vergangenen Wochenende verdirbt eine Bestellung aus Thailand im Hafen. Weil er sie nicht bezahlen kann, wird sie auch nicht ausgeliefert. "Wahrscheinlich habe ich in der nächsten Woche nichts mehr zu verkaufen", sagt er und fragt: "Was passiert mit uns gerade?" Er sitzt seit ein paar Tagen in der zyprischen Frühlingssonne und spielt mit anderen Geschäftsleuten Backgammon. Geschäfte kann er und können die anderen Händler im Moment sowieso nicht machen.

"Europa lässt uns im Stich"

Die Männer sind entsetzt über das, was gerade passiert. Europa lässt die kleine Insel im Mittelmeer in Stich, so sehen sie das. Zu unbedeutend, zu klein, um gerettet zu werden. Alle haben die Invasion der Türken 1974 auf der Insel erlebt. "Schon damals hat Europa uns nicht geholfen", sagt Matheon. Seitdem ist der Norden der Insel von der türkischen Republik besetzt. "Jetzt lässt uns Europa ein zweites Mal in Stich. Wir sind ein kleines Land. Das dürfte doch kein Problem sein, uns zu helfen", sagt er. Das sehen die meisten Regierungschefs der Europäischen Union anders. Für sie ist Zypern ein Problem. Das Land könnte in den nächsten Tagen der erste Staat der Europäischen Union sein, der bankrott geht, wenn die Regierung der Insel nicht schnell eine Lösung findet.